Tag 31, 20. Juni 2022
Fosnavåg(N) – Ålesund (N), 20 nm
Das ist ein Morgen! Sonnenschein! Es ist 8:30 Uhr und warm draußen wie im Sommer. Und ich will mich duschen am Heck des Schiffes. Doch da sehe ich, da oben, über mir ist der Frühstückssaal des Hotels. Ich sehe die Leute dort frühstücken. Da möchte ich denen meinen schönen Körper nicht präsentieren. Also entscheide ich mich für Waschlappen unter Deck. Und es folgt ein langsames Frühstück. Ich schaue mir die Wetterkarte, die Tide und die Welle über all meine Apps an. Heute ist nicht viel los, nur Sonne.
9:15 Uhr lege ich in Fosnavåg ab. Ich verabschiede mich noch von den Norwegern, die bei Seegang immer die Luken auflassen. Vielleicht sehen wir uns wieder, die sind auch nach Norden unterwegs.
Die Segel setze ich vor dem Hafen – flache See, Sonnenschein und 5 ktn Wind und ich nehme mir Zeit.
Es gibt zwei Möglichkeiten aus dem Schärenlabyrinth zu kommen, gleich rechts ab, aber da gibt die Brücke nur 17 Meter Durchfahrtshöhe her, oder geradeaus und um die nächste Insel, da hat die Brücke 24 Meter. Letzteres ist mir lieber, die All Right 2 hat 16 Meter überm Wasser plus die Antenne.
Ich segle uns vorwärts, kreuze mehrmals und dann geht es nach Nord um die Ecke. Hier habe ich achterlichen Wind und es geht so mit 4 ktn voran. 11:00 Uhr ist die Brücke unterquert.
Und nach der Brücke ist nur noch wenig Wind… 5ktn. Ich bereite alles für den Blister vor. Als ich fertig bin ist der Wind völlig weg. Ich baue alles wieder zurück und mit Motor geht es eine halbe Stunde dann.
Und 13:30 Uhr ist mir das Glück wieder hold. Achterlicher Wind und schon machen wir 5 ktn Fahrt ohne Motor, nur mit Großsegel. Das geht so bis wir querab der Mitte der Insel Godøy sind. Hier kommt die Fock mit an den Wind. Jetzt sind schon 6… 7 ktn angesagt, der Wind nimmt zu. Zweimal muss ich schiften um den Leuchtturm am Ende der Insel zu kommen. Dann geht es mit direktem Kurs Richtung Ålesund.
14:15 Uhr sind die Segel eingeholt und 14:30 Uhr liegt das Schiff am Ponton längsseits. Pos 62°28‘425N, 6°09‘320 O. Das war’s!
Meinen Anleger trinke ich und unterhalte mich mit zwei jungen Leuten, die gerade eine 30 Fuß Yacht gekauft haben, 40 Jahre alt, aber ein schönes Schiff.
Auch in diesem Hafen keine Dusche, und ich habe schon 3 Tage nicht geduscht. Jetzt reicht es, ich nutze nach 10 Jahren das erste Mal wieder unsere Dusche unter Deck.
Stadtrundgang ist die nächste Aktion. Ich steige auf den Fjellstua, 450 Stufen und das wird belohnt mit einer super Aussicht auf die noch schneebedeckten Berge, die Norwegische See und die Stadt Ålesund. Ich filme die Aussicht und schicke unzählige WhatsApp Messages mit diesen Bildern. Ich bin begeistert und das Wetter spielt mit. Oben lasse ich mich noch von einer Russin fotografieren, die ist perplex wie sie von mir auf Russisch angesprochen wird.
Ich steige die Stufen runter, der Hunger treibt. Ich kehre ein im Restaurant XL Dinner. Das Essen ist sehr gut aber der Preis ist XXL. Zumindest hat es sehr gut geschmeckt, ich hatte Leute um mich und konnte von meinem Platz auf den Hafen und die Stadt und die All Right 2 schauen.
Tag 32, 21. Juni 2022
Ålesund (N) – Bud (N), 36 nm
Nachts wache ich zweimal auf. Ganz schöner Schwell im Hafen. Es ist 2:00 Uhr morgens und hell. Ich bringe noch eine Spring an und hoffe das es hilft. Ich bin dann wieder eingeschlafen.
7:00 Uhr beende ich die Nacht, draußen feiner Nieselregen und kaum Sicht durch die tiefhängenden Wolken. Grau in Grau. Gut, das ich gestern auf dem Berg war und schönste Sicht hatte.
Nach einem kleinen appetitlosen Frühstück, offenbar bin ich noch satt vom Essen im Restaurant lege ich ab. Das Boot hinter mir ist noch da, die Österreicher am Nachbarsteg müssen schon sehr zeitig abgelegt haben. Na, es ist Zeit für mich.
Vor dem Hafen habe ich gut Wind, 12 ktn aus SW. Die Segel sind schnell gesetzt, wieder Groß und Fock. Die Genoa habe ich auf meiner ganzen Reise noch nicht genutzt. Das Schiff lief mit der Selbstwendefock schnell genug und sicher kam ich auch höher an den Wind.
Es geht mit geradem Kurs und Halbwind auf eine Brücke zu, die ich 8:30 Uhr durchquere. Kurz vor der Brücke rolle ich die Fock ein, der Wind kommt gerade von hinten. Vor der Brücke kommt mir erst ein Frachter entgegen und kurz danach, direkt darunter eine Schnellfähre.
Weiter geht es mit achterlichen Wind und 5…6 ktn Fahrt ü.G. bei strömenden Regen. Das Wetter ist zum Kotzen. Kaum Sicht und Regen, Regen, Regen. Vor mir habe ich noch etwa 20 Meilen.
Von Wind aus Achtern geht der Wind gegen 10:00 Uhr auf Halbwind, wir machen schnelle Fahrt. Dann dreht er weiter und wir fahren am Wind und später sogar hoch am Wind mit Fock versteht sich. Das schnelle Segeln bei nicht zu viel Welle kompensiert ein wenig das Scheißwetter.
Gegen 12:00 Uhr erschlafft der Wind und ich unterstütze mit Maschine eine Stunde lang, dann ist der Wind wieder zurück und auch mehr Regen. So geht es in fast geradem Kurs bis zu meinem heutigen Ziel, Bud, ein Fischerhafen mit einem langen Gästeponton. 14:50 Uhr ist das Schiff festgemacht. Im Hafen ist kein Wind, aber immer noch Sprühregen, ganz feiner. Pos 62°54‘32N 6°54`32 O.
Ich habe Hunger, mache mir schnell Spaghetti mit viel Wurst und Tomate und von dem dazu getrunkenen Rotwein werde ich müde. Ich schlafe bis 18:00 Uhr.
Vor mir hat eine Segelyacht mit US Flagge angelegt. Ich unterhalte mich mit den Eignern. Die haben das Boot, eine Alu Konstruktion, in Frankreich bauen lassen. Das Boot lag dann hier in Europa, wegen Corona kamen die nicht ran. Die Leute sind jetzt aus Schottland vom Caledonian Canal gekommen.
Der Regen ist vorbei und ich bewege mich dann doch noch in den Ort und ärgere mich, dass ich den Nachmittag verschlafen habe. Hier gibt es eine ehemalige Deutsch Küstenbatterie und ein Museum, das Ergan Kystfort. Na wenigstens kann ich mir die Stellungen und Bunker von außen ansehen. Es wird sicher auf dem Weg nach Norden noch einiges dergleichen zu sehen sein.
Von oben auf dem Berg, wo sich die Küstenbatterie befindet habe ich eine gute Rundumsicht. Ich sehe die Berge im Landesinneren, den Schärengarten an der Küste und das Hurtigrutenschiff welches in RichtungÅlesund einläuft.
Der Ort ist hübsch, richtig skandinavisch. Auf einem Gebäude die Gerüste an denen Fisch, Dorsch getrocknet wird oder wurde. So etwas ist mir noch in Erinnerung von unserer Reise 1993 mit dem Wohnmobil zum Nordkap.
Tag 33, 22. Juni 2022
Bud (N) – Kristiansund (N), 32 nm
Wenn man in Ruhe schlafen oder ausschlafen will, so kommt es anders. Die Leinen rucken im Rhythmus mit dem Schwell, der in den Hafen hineinkommt. Nicht viel Schwell, aber man wartet im Schlaf immer auf den nächsten Ruck. Und das, obwohl Vorspring und Spring nach Achtern, mehr geht nicht. Der ganze Anlieger schwingt hoch und runter. Und ich scheine zu schlafen, habe aber die Luken im Vorschiff auf Lüftung. Und dann diese Amerikaner, das Schiff vor mir. Die Idioten wecken mich 4:30 Uhr mit dusseligem Gequatsche und Lachen. Die machen sich zum Ablegen fertig. Deren Maschine läuft gefühlt 20 Minuten, bevor die nun endlich ablegen. Amerikaner müssen eben rücksichtslos zeigen, dass sie eine imperiale Macht sind. Russen sind da rücksichtsvoller, obwohl der Scholz, unser Kanzler (nicht meiner), den Russen imperiale Interessen unterstellt. Ich hasse Amerikaner, nicht nur wegen ihrer Anlegemanöver… Idioten halt.
Die Amis sind weg und ich schlafe und höre den Wecke nicht. Erst 8:00 Uhr wache ich auf. Na, ich rege mich nicht auf und frühstücke, heute mit gekochtem Ei.
9:10 Uhr lege ich ab. Habe viele Zuschauer, ein Bus mit Touristen wurde gerade entladen.
Groß und Fock sind vor dem Hafenbecken schnell am Wind, mit Westkurs laufen wir durch die Schären auf die Norwegische See. 2…3 Meter Welle steht an. Ganz sanft und langgestreckt, nicht wie auf der Ostsee. Das läuft erst mal mit Halbwild.
9:40 Uhr, aus den Schären heraus, geht es auf Nordkurs. Der Wind jetzt aus SW, achterlicher Wind. Ich rolle die Fock ein und es geht Platt vorm Wind mit Großsegel. Die Welle schiebt und der Wind hat 15…18 ktn und die All Right 2 fährt 6 ktn ü.G.
Dann wird der Wind immer stärker. Ich lese 20…22 ktn ab. Zeit für Reff 1 und ich reffe.
Gegen 12:00 Uhr wechsle ich die Seekarte im Plotter. Der Autopilot war an. Und wo die alte Karte aus dem Slot raus ist, schaltet sich der Autopilot aus und ehe ich mich versehe war die Patenthalse komplett. Bullshit. Dadurch, dass Reff 1 drin war knallt die obere Ecke mit der ersten Latte in die Oberwant. Das hat die Latte nicht verkraftet. Die kann ich abschreiben. Gott sei Dank, das Segel ist ok. Ich bringe das Schiff wieder auf Kurs.
12:00 Uhr nimmt der Wind ab, ich reffe aus. Noch fahren wir 5 ktn +. Aber der Wind verabschiedet sich gegen 13:00 Uhr dann vollends. Da hilft nur noch Maschine. Auch rollt das Schiff und das Segel steht nicht mehr stabil, also hole ich das Großsegel runter.
Bis in den Hafen nach Kristiansund dann unter Maschine, hier lege ich am Gästeponton an. Gut das es die Pontons gibt, denn bei 2 Meter Tide macht sich ein Schiff von unserer Größe schlecht fest.
Die All Right 2 liegt auf Pos 63°06‘666 N, 7°43‘993 O. Ich habe also den 63. Breitengrad überschritten. Noch 3° bis zum Polarkreis!
Ich trinke meinen Anleger. Einen Segelmacher kann ich im Internet nicht finden. Ich mache mich an eine provisorische Reparatur der Segellatte. Es gelingt mehr oder weniger gut. Ich habe sie geschient und bandagiert. Mal sehen wie das hält.
Kristiansund enttäuscht mich ein bisschen, zu modern. Ålesund war viel schöner! Eigentlich wollte ich zwei Nächte hierbleiben, aber ich glaube, ich segle morgen gleich weiter.
Trotzdem mache ich einen Stadtrundgang. Interessant, Kristiansund ist viergeteilt durch das Wasser! Vier Stadtteile und dazwischen ein Kreuz aus Fjorden, ein idealer Naturhafen.
Ich laufe nur in einem Stadtteil rum und beende mit einem kurzen Pub Besuch auf ein Bier. Es kostet „nur“ 90 NOK, immerhin. Habe ich wenigstens meine heutige Rentenerhöhung gefeiert… Moni hat mir telefonisch diese tolle Nachricht überbracht… also druckt weiter Geld!
Tag 34, 23. Juni 2022
Kristiansund (N) – Mjosunet (N), 28 nm
Früh trommelt der Regen auf das Schiff, es ist 6:00 Uhr. Ich nehme das zum Anlass, liegen zu bleiben. Nächster Weckruf 7:00 Uhr. Es regnet immer noch, aber ich raffe mich auf. Ich möchte den vorhergesagten achterlichen Wind nutzen um dem nächsten Breitengrad ohne Maschine näher zu kommen.
Als ich 8:45 Uhr ablege, sehe ich Veränderung im Hafen, ein Kreuzfahrtschiff unter Portugiesischer Flagge hat unweit am Kai festgemacht. In seinem Windschatten setze ich das Großsegel. Und ab geht es, raumschots die nordöstliche Ausfahrt aus dem Naturhafen von Kristiansund. Die All Right 2 geht gleich mit 7 ktn ab. Werde ich draußen auf offener See wohl reffen müssen.
Und es tritt so ein, raus aus dem Schutz des Naturhafens erwarten mich 22ktn Wind. Reff 1 und das schnell! 9:30 Uhr ist es und immer noch Regen. Jetzt habe ich einen Halbwindkurs, nur mit gerefften Großsegel. Ich überlasse das Steuern dem Autopiloten und verziehe mich in den Niedergang… scheiß Wetter.
11:00 Uhr habe ich 14 Meilen versegelt. Ich bin jetzt in einem Sund, südlich der Insel Smoela und hier habe ich weniger Welle und der Wind ist auch auf 17/18 ktn runtergegangen. Der Wind kommt wieder von hinten und treibt mich zusammen mit der Strömung von immerhin 1,5 ktn mit 6,5…7,5 ktn ü.G. voran. Es geht schneller voran als ich dachte, werde wohl mein Tagesziel schon 14:00 Uhr herum erreichen.
Ab 11:30 Uhr nimmt der Wind dann nochmals ab und die Welle auch. Es reicht immer noch um mit Reff 1 immerhin 5…6 ktn Fahrt ü.G. zu machen. Ich sitze im Niedergang, verstecke mich vor dem Regen und esse Bananen.
13:00 Uhr „biege ich nach rechts ab“ in einen Seitenfjord, der zum Mjosundet führt. Ein Stück klappt es noch mit den Segeln, ich reffe aus, aber kurz danach ist der Wind weg, der Regen aber auch. Der Himmel reist auf bis ich dann pünktlich 14:00 Uhr längsseits angelegt habe.
Pos 63°13‘591 N, 8°30‘240 O.
Ich rufe Moni über WhatsApp an und lasse mich beraten was ich mir zu Essen machen soll. Der Nachteil am Alleinsegeln, es ist kein betreutes Segeln. Also mache ich mir auf Empfehlung meiner Frau Szegediner Gulasch mit Kartoffeln. Dazu reiche ich mir eine Büchse Bier und Linie Aquavit. Ich schaffe nur die Hälfte vom Essen, den Rest gibt es dann morgen.
Es folgt ein ausgedehnter Spätnachmittagsschlaf bis 19:00 Uhr.
Als ich rausschaue aus dem Schiff, sehe ich, das gegenüber am Schwimmsteg eine Bavaria 37 Cruiser, ein Schwesterschiff unter Norwegischer Flagge angelegt hat. Mit den Leuten komme ich ins Gespräch. Sie ist noch praktizierende Ärztin mit 68 und er ist pensionierter Bauingenieur und 75 Jahre alt. Die wundern sich, dass ich so jung schon Rentner bin. Ich erfahre, dass das Renteneintrittsalter in Norwegen inzwischen auch auf 67 hochgesetzt wurde. Ansonsten reden wir über die Bavaria. Deren ist 2005 gebaut, unsere 2006. Allerdings haben die die Yacht von einem Vorbesitzer gekauft und haben die Maschine nach 5000 Betriebsstunden wechseln müssen. Ich hoffe unser Jockel lebt länger.
Durch den langen „Mittagsschlaf“ bin ich am Abend nicht müde, trinke Rotwein, telefoniere und sehe das es draußen nicht dunkel wird. 1:00 Uhr am 24.06.2022, an Mitsommer gehe ich dann doch schlafen.
Tag 35, 24. Juni 2022
Mjosunet (N), Hafentag, keine Meilen
Heute ist Mitsommer in Norwegen! Und ich habe schönstes Wetter. Die Sonne scheint, blauer Himmel und fas Windstille.
Vor dem Schiff auf dem Schwimmsteg ist ein Picknickplatz mit Bank und Tisch. Es gibt Spiegeleier zum Frühstück und das auf dem Picknickplatz mit herrlicher Aussicht.
Hier sind 4 Angler aus Cottbus, mit denen unterhalte ich mich. Die fahren jedes Jahr nach Norwegen für eine Woche und holen sich die erlaubten 17 kg Filet pro Person.
Ich rufe bei KVH wegen meiner Satelittenanlage an. Die Astra 1 Abdeckung reicht hier oben nicht mehr aus, einzig den Skew Winkel könnte ich noch auf 3° bringen, aber dazu muss ich den Dom aufschrauben und abnehmen, dazu habe ich keine Lust. Es geht auch ohne Fernsehen, obwohl ich die Mainstreamnachichten doch sooo seeehr vermisse.
Eigentlich wollte ich heute Wäsche waschen. Hier gibt es zwar eine Waschmaschine, aber keinen Trockner, also lasse ich das. Auch die Dusche im Marinagebäude ist runtergekommen und so Dusche ich mich am Heck des Schiffes.
Vielmehr ruhe ich mich aus, sonne mich und bin faul. Stimmt nicht ganz, ich studiere die Seekarte und mein Norwegen Buch und stecke die weitere Reiserute nach Norden ab. Bis Bodø werde ich noch neun Mal haltmachen. Ich habe also Reserve bis Moni am 7.Juli einfliegt.
Eigentlich wollte ich heute mit den Norwegern Mitsommer feiern, aber hier in dem Dorf ist nichts los und wie ich von Norwegern gehört habe ist das hier nicht so wie in Schweden. Na dann trinke ich mein eigenes Bier!
Tag 36, 25. Juni 2022
Mjosunet (N) – Grisvågøya (N), 26 nm
8:20 Uhr lege ich ab. Es ist Bilderbuchwetter. Sonne, warm, ich stehe in Shorts und T-Shirt am Ruder. Während ich gestern alleine am Steg lag, haben in der Nacht noch ein Kutter und ein Segler festgemacht. Da muss ich schon geschlafen haben.
In der schönen Bucht von Mjosunet setze ich gleich Groß und kurz danach die Fock. Es gibt gut Wind, 11…14 ktn und offenbar auch Strömung von hinten, ich komme mit Halbwind gut vorwärts. Ab und zu ist dann der Wind mal wieder weg, dann schiebe ich mit Maschine.
10:00 Uhr bin ich aus dem Mjosunet Sund raus und gehe auf Nordkurs, backbord die Insel Hitra, Steuerbord das Festland. Es ist glatte See, keine Wellen.
10:15 Uhr wird die Fahrt langsamer, weil der Wind einschläft. Ich bereite alles für den Blister an Backbord vor. Als ich fertig bin ist der Wind wieder da. Das Schiff läuft mit Fock und Groß auf Halbwind wieder über 5 ktn. Den Blister kann ich mir sparen. 11:00 Uhr habe ich schon 11 Meilen geschafft.
11:20 Uhr ist wieder wenig Wind, 7…8 Ktn raumschots. Ich berge das Großsegel und setze den Blister an Bb. Der Wind schiebt mich langsam Richtung Festland. Bald muß ich das Segel schiften. Ich bereite an Steuerbord die Leinen vor.
Und dann, so gegen 12:00 Uhr geht der Wind von 7…8 Ktn in Minutenschelle auf 15…18 ktn hoch. Ich starte die Maschine und versuche den Blister zu bergen. Zuviel Druck drauf, Ich bekomme den Bergeschlauch nicht runter. Ich gebe Schotleine, es gelingt nicht. Das Schiff wird immer schneller. Dann lasse ich den Spifall nach. Ich bekomme den scheiß Bergeschlauch nicht runter. Der Autopilot steuert das Schiff. Ich versuche in den Wind zu schießen, um den Druck aus dem Segel zu bekommen. Das Schiff legt sich durch den Winddruck auf die Seite. Ich komme dem felsigen Ufer immer näher. Und dann passiert es, ich bekomme das Segel runter indem ich den Spifall lose gebe, dabei rauscht der mir durch die Hände, verdammt und das Schothorn geht mit Schotleine ins Wasser und ich sehe wie es bei der noch schnellen Fahrt Richtung Heck vom Schiff kommt und nun tritt der Worst Case ein, das Schothorn mit Schotleine kommt in die Schraube, bei laufender Maschine. Ich springe hinters Ruder und will auskuppeln, aber zu spät.
Ich habe keinen Motorantrieb mehr und kein Segel oben und der Wind treibt mich auf die Felsen am Ufer. Ich rolle die Fock aus und mache das einzig Richtige, Ich segle mich und das Schiff vom Ufer weg.
Ein Motorbootfahrer, der vom Angeln kommt sieht meine Schwierigkeiten und kommt näher. Ich rufe ihm die Frage zu, wo eine geeignete Bucht zum Ankern ist. Er weist mir den Weg und begleitet mich. Ein zweites größeres Motorboot schließt sich als Begleitung an.
12:50 Uhr fällt der Anker, Pos 63°38‘327 N 8°60’00 E. Die Schothornseite des Blisters hängt im Wasser unterm Heck. So eine Scheiße. Der Motorbootfahrer mit dem größeren Boot kommt längsseits und sichert mich als ich tauche. Die Sache ist hoffnungslos. 12 °C Wassertemperatur und ich sehe das das Ende des Segels offenbar mehrmals um den Propeller gewickelt ist.
Der Mann telefoniert mit der SAR in Kristiansund und die werden einen SAR Kreuzer mit Tochterboot und Taucher schicken. Es ist 13:00 Uhr.
14:50 Uhr trifft der SAR Kreuzer „Erik Bye“ ein. Schon sehe ich wie sich das Tochterboot lost und mit zwei Mann auf mich zukommt. Die machen längsseits an der All Right 2 fest. Der Taucher beginnt den Tauchgang 15:04 Uhr, wie ich aus den Fotos ersehe und hat die Schraube dann endlich 15:50 Uhr frei. Der Motor lässt sich starten, aber Vorwärts- und Rückwärtsgang kuppeln nicht ein.
Erst mal lasse ich mich dann Auf dem Rettungskreuzer verarzten, beide Hände durch das Ausrauschen des Spifalls haben riesige Brandblasen und teilweise ist die Oberhaut runtergefetzt.
Der Kapitän klärt inzwischen zu welcher Werft die mich schleppen können.
16:24 Uhr bin ich auf dem Haken des Rettungskreuzers. Die schleppen mich mit 9 ktn ü.G., übelst. 17:42 Uhr haben die mich dann am Schwimmsteg der Werft Grisvågøya Båt/Motor AS angelegt.
Pos 63°19‘794 N, 8°26‘005 O.
Mit dem Kapitän Jørgen Nygard mache ich noch die Formalitäten und ich übergebe der Besatzung noch ein Pack Bierbüchsen zu Dank. 17:50 Uhr fährt der SAR Kreuzer Richtung Kristansund ab.
Ich telefoniere noch mit dem Werkstattbesitzer, die werden am Montag 8:00 Uhr Schadensanalyse machen und reparieren.
Am Abend unterhalte ich mich noch mit Polen und Tschechen. Die sind hier zum Angeln, zwei arbeiten aber in der Werkstatt. Der eine, Stanislav aus Polen schaut sich das Problem auf der All Right 2 gleich an. Er kuppelt den Gang direkt am Getriebe ein, das funktioniert vorwärts wie Rückwärts. Die weitere Analyse ergibt, dass der Bowdenzug für die Schaltung am Gas-und Schalthebel ausgebrochen ist.
Wenn es das wirklich ist, bin ich mit einem blauen Auge davongekommen.
Darauf trinken wir einen, der Pole, der Tscheche und ich.
Tag 37, 26. Juni 2022
Grisvågøya (N), keine Meilen, ich liege in der Werft
Ich schlafe bis 8:30 Uhr, habe gestern Abend noch Tabletten gegen die Schmerzen in der Hand genommen. Es ist ein schöner Sommertag, den ich nun leider am Schwimmsteg der Werft verbringe. Mal sehen wie lange ich das aushalten muss.
Als erstes verbinde ich meine Hände neu. Die Betaisona Salbe scheint zu helfen.
Ich räume das Schiff auf, finde Landstrom und begutachte den Schaden am Crewspin… Blister. Den kann ich wohl für diese Reise vergessen. Zu Hause wird der Segelmacher den wohl wiederherrichten.
Weiter schreibe ich eine Schadensanzeige an die Schiffsversicherung, ansonsten mache ich nichts.