Tag 43, 08. Juli 2023, Lohals (DK) – Insel Verjø (DK), 26 nm
Wecken im Hafen ist kein Problem, wenn Deutsche Segler im Hafen liegen. Die legen immer schon früh zeitig ab, 6:00 Uhr… 7:00 Uhr. Und es ist keine senile Bettflucht. Nein, es ist in Dänemark deren Angst, im nächsten Hafen keinen Platz zu bekommen. Da klingelt eben früh nicht der Wecker, sondern man hört die Schraubengeräusche und die Bugstrahlruder. Was soll‘s, sind wir eben auch wach!
Es ist wieder richtiger Sommer. Als wir die Köpfe aus dem Schiff stecken, ballert die Sonne schon. Wir frühstücken in der Plicht. Dann geht Moni noch einkaufen, in den 1,2 km entfernten Bruggsen. Bruggsen, das ist der Dorfladen oder COOP. Ich schreibe noch ein bisschen an meinem Blog und bereite das Schiff zum Ablegen vor.
10:15 Uhr machen wir die Leinen los. Draußen vor dem Hafen ist die See flach, aber es bläst eine kleine Briese. Großsegel und Code Zero sind schnell gesetzt und es geht entlang an Langeland nordwärts. Wir müssen um die Spitze von Langeland rum, nach Osten, über den Großen Belt. Unterwegs beobachten wir immer wieder Schweinswale. Die begleiten uns und treten immer paarweise auf.
11:20 Uhr haben wir genug Höhe an der Spitze von Langeland und wenden nach Osten. Es geht langsam mit nur 2 ktn ü.G. voran. Ich hole nochmal die Angel heraus und mache einen Pilger dran. Als wir im Großen Belt sind haben wir plötzlich 2 ktn Strom von Süd und der Pilger hakt am Grund und reist ab. Das Angeln stelle ich dann lieber erst mal ein.
Wir überqueren den Großen Belt, von Süden kommt ein großer Frachter mit 12 ktn. Wir müssen ein Ausweichmanöver fahren, dazu muss unser Schiff vom Wind abfallen und dann halte ich immer auf das Heck des Frachters zu. Unser Schiff wird dabei schnell, aber wir verlieren an Höhe.
Wir segeln nach Osten, wegen des Stromes im Belt geht es nur langsam. Unterhalb der Insel Omø schalten wir dann mal den Motor zu. Es ist zu langsam.
Bis 14:30 Uhr fahren wir mit Maschinenkraft und Großsegel. Dann ist der Wind wieder ausreichend um zu segeln. Wir wissen noch nicht genau, wo wir hinwollen: die Insel Femø oder die Insel Vejrø davor. Wir beobachten wieder Schweinswale und entscheiden uns für die Insel Vejrø.
Die Insel fahren wir vom Süden an. Bei der Südumfahrung machen wir nochmal richtig Fahrt, satte 5,5 ktn, das hatten wir den ganzen Tag nicht.
17:05 Uhr haben wir angelegt, zwischen Dalben auf Pos 55°02‘064 N, 11°22‘503 O. Beim Bezahlen des Liegeplatzes sehe ich einen Besseren Anlegeplatz. Wir verlegen das Schiff noch Mal schnell, jetzt Pos 55°02‘096 N, 11°22‘463 O.
Die Insel ist eine kleine, aber sehr schön. Wir entscheiden uns morgen hier zu bleiben und die Insel zu erkunden. Wind ist ohnehin keiner.
Am Ufer, im Hafenbereich sitzen die Dänen an Tischen und grillen über offenem Feuer. Ich baue den Gasgrill an der Reling unseres Schiffes an und wir brutzeln fette Beefburger.
Tag 44, 09. Juli 2023, Insel Verjø (DK), Inseltag, keine Meilen
Es geht kein Morgen ohne Bugstrahlruder. Es ist gegen 6:00 Uhr, der Nachbar ein Deutscher legt ab. Und er braucht gefühlt lange, um aus der Box zu kommen. Aber ich schlafe wieder ein. Und wir bleiben bis 9:00 Uhr in der Koje.
Da wir heute hier auf der kleinen Insel bleiben, sitzen wir lange beim Frühstück und beraten wie nun weiter. Wir haben den Wind für die nächsten Tage studiert. Heute hätten wir Gegenwind auf dem Weg zur offenen See. Morgen sieht es sehr gut aus um nach Osten zu kommen. Am Morgen Nord, dann auf Nordwest drehend. Wir wollen zwischen Møn und Falster raus in die Mittlere Ostsee, um die Überfahrt nach Barhöft zu absolviern. Das wären 35 Meilen bis zum Ausgang. Machen wir in Stubbekjøbing halt und fahren am Dienstag weiter, hätten wir Dienstag kaum Wind und das Bisschen auf der Nase. Gut ist also morgen, der Montag, da hätten wir rüber bis Barhöft raumen Wind. Also ist es das Beste, morgen zeitig abzulegen und dann die 75 Meilen bis Barhöft in einem Ritt zu machen. Das ist der Plan!
Heute umwandern mir aber erst mal die Insel Vejrø. Wir stehen auf dem Steg und sehen, wie eine Frau mit Hund auf die steinige Mole geht, um ihr Schiff zu fotografieren. Auf der Mole brüten die Seeschwalben. Die scheucht sie alle auf. Kampflustig greifen die Seeschwalben die Frau an, sie verteidigen ihre Brut! Ich rufe der Frau zu, auf Deutsch und Englisch, dass das Scheiße ist was sie macht. Sie verlässt die Mole und kommt auf den Steg und greift mich und Moni kampflustig an. Es ist eine Deutsche. Ihr Angriff ist nicht so filigran, wie der der Seeschwalben. Dafür ist sie zu schwer. Dann eilt ihr Mann hinzu. Er bietet mir gleich Dresche an. Hochintelligenter Menschen wir erleben durften. Unseren Disput beendet die Frau damit, dass ich mich in meine DDR zurückscheren solle. Soviel zum Ost-West-Verhältnis!
Wir verziehen uns nach dem Motto, der klügere gibt nach! Und wir beginnen unsere Inselwanderung. Wir wandern entgegen dem Uhrzeigersinn. Es geht erst nach Norden am Ufer entlang. Links sehen wir den Kleinen Leuchtturm in den Büschen. Weiter auf dem Weg an der Nordküste beobachten wir Vögel, Seeschwalben, Uferseeschwalben, Enten und Schwäne mit ihren Jungen. Eine Ente sitzt vor uns am Ufer und bewegt sich kaum. Scheint verletzt und krank zu sein. Wird wohl nicht mehr lange machen. Überhaupt liegen viele Reste von verendeten Vögeln herum, meist Flügel an denen für die Räuber nichts mehr dran ist.
In der Mitte des Nordufers gehen wir erst mal baden. Keine Menschenseele ist hier unterwegs. Wir brauchen keine Badeklamotten. Das Wasser ist erfrischend bei der Sonne.
An der Westspitze ist ein Feldflugplatz. Wir beobachten eine Maschine, die landet und ein Ultraleichtflugzeug, das startet. Beide Flugzeuge haben deutsche Kennung.
Die Insel ist eine Privatinsel und wird landwirtschaftlich bewirtschaftet, alles Öko hier! Wir besuchen zwei riesige Gewächshäuser. Sehen aus, wie eine Orangerie. Wir dürfen hinein und uns umschauen. Hier wächst alles, sowohl exotische Pflanzen als auch Gurken, Tomaten, Fenchel…
Wir wandern zurück Richtung Hafen. Hier auf dem Weg gibt es ein Super Restaurant. Preise stehen nicht am Eingang. Es soll teuer und exklusiv sein. Aber das geht uns nichts an, wir haben noch etwas zum Grillen.
Am Hafen genehmigen wir uns im Bistro ein IPA für mich und einen Aperol Spritz für die Moni. Es war eine schöne Wanderung und mein Körper verlangt nach Ruhe. Ich halte einen zweistündigen Mittagsschlaf und komme gegen 16:00 Uhr wieder zu mir. Moni schaut Hafenkino und berichtet mir nach meinem Erwachen darüber.
Den Rest des Tages verbringen wir mit Baden, Grillen, Essen und Trinken.
Tag 45, 10. Juli 2023, Insel Verjø (DK) – Barhöft (D), 74 nm
Heute klingelt der Wecker wieder mal. Es geht Richtung Heimat und der Weg ist weit. Ungefähr 75 Meilen auf direktem Weg haben wir ausgemessen. Also stehen wir 5:00 Uhr auf. Kein Problem, denn eigentlich sind wir beide schon viel eher wach.
Für den Morgen war um diese Zeit wenig Wind vorhergesagt. Aber es kommt immer anders. Es sind 13ktn Wind im Hafen. 5:30 Uhr bemühen wir uns die Leinen loszumachen. Doch es erweist sich nicht ganz einfach, der Wind kommt von Backbord und die viereckigen Dalben sind weit weg vom Schiff und machen es uns schwierig die Luv – Heckleine abzubekommen. Mit vereinten Kräften gelingt es schließlich den Palstek aufzubekommen und dann schnell Rückwärts gegen den Wind zu fahren. Den gesamten Boxengang bis zur Hafenausfahrt muss ich rückwärtsfahren. Erst hie kann ich es wagen zu wenden.
Erst mal haben wir eine Stunde lang den Wind voll auf der Nase. Wir keulen mit Maschinenkraft vorwärts. Gegen 7:00 Uhr setzen wir das Großsegel. Es unterstützt die Maschine. Erst gegen 8:00 Uhr gelingt es uns wieder zu segeln. Jetzt stimmt der Wind und wir segeln hoch am Wind.
Kurz vor der Brückenbaustelle zwischen Falster und Fünen ist es zu Ende mit dem Segeln. Der Wind kommt wieder auf die Nase. 9:00 Uhr passieren wir die Baustelle und kurz danach die Autobrücke über die die E 47 nach Kopenhagen führt.
Weiter geht es mit Maschinenkraft, die Segel sind geborgen. 10:15 Uhr lassen wir Stubbekjøbing an Steuerbord. Ein paar Segler kommen uns entgegen. Die segeln bei raumen Wind, aber haben alle die Maschine mitlaufen, weil es denen offenbar zu langsam geht.
11:30 Uhr erreichen wir die offene See. Wir setzen Groß und Fock. Der Wind kommt zwar aus der richtigen Richtung, aber ist zu schlapp. Wir lassen die Maschine mitlaufen. „Dänisch kreuzen“ nennt man das im Seglerjargon.
Dann fängt es an zu regnen. Und es schüttet. Ich habe inzwischen Nasszeug und Gummistiefel an. Mit dem Regen verschwindet auch der Wind. Shit! Es kommt alles anders als geplant. Eigentlich sollten wir Halbwind bis raumen Wind haben. Der Wind ist aber schlapp und wird immer schlapper. Irgendwann reicht es und wir holen die Segel ein. Um nicht im Regen zu stehen, steuern wir mit Autopilot.
Moni kocht was zu Essen und wir beobachten die Fahrt über den zweiten Plotter am Navitisch.
Von 13:00 Uhr bis 14:00 Uhr kreuzen wir das Verkehrstrennungsgebiet. Es sind viele Frachtschiffe unterwegs, eine Fähre der TT Lines, die „Peter Pan“ kreuzt unseren Weg. Der Regen hört auf, aber es gibt keinen Wind, bzw. das Bischen Wind kommt jetzt von vorn. Alles Shit!
15:20 Uhr passieren wir die äußerste östliche Spitze eines Windparks. Wir fahren weiter auf geraden Kurs mit Maschinekraft Richtung Hiddensee. 17:50 Uhr biegen wir eine Meile südlich vom Gellen Leuchtfeuer vor Hiddensee in das Fahrwasser nach Barhöft. 18:10 Uhr sind wir um den Geller Haken, die Südspitze von Hiddensee.
18:40 Uhr legen wir in Barhöft an, unsere Position 54°26‘040 N, 13°01‘922 O. Der Hafenmeister will gerade Feierabend machen und kommt deshalb gleich an unser Schiff.
Und wir schaffen es in das Hafenrestaurant. Voriges Jahr, als ich aus Norwegen zurückkam, hieß es noch „Waterkant“. Jetzt heißt es „Portofino“. Es ist jetzt ein Italiener. Es hat geschmeckt, aber Waterkant war besser.
Heute sind wir kaputt von der langen Überfahrt und wir sind schon zeitig in der Koje.
Tag 46, 11. Juli 2023, Barhöft (D) – Unser Heimathafen Gustow (D), 13 nm
Nach dem gestrigen Ritt durch Regen scheint uns der schönste Sommer wieder eingeholt zu haben. Noch in der Koje überlegen wir und rechnen: wenn wir jetzt um 8:00 Uhr frühstücken und um 9:00 Uhr den kleinen Hafen in Barhöft verlassen, dann erreichen wir die Ziegelgrabenbrücke in Stralsund rechtzeitig. Wir könnten dann 12:20 Uhr durch die Klappbrücke.
Und so machen wir das. 9:00 Uhr haben wir abgelegt. Es ist wenig Wind, wie vorausgesagt. Fast gegen den Wind fahren wir mit Maschinenkraft die „Vierendehlrinne“ nach Südwest. Wir fahren langsam, haben das Großsegel vorsorglich hochgezogen. Gegen 10:00 Uhr sind wir an der grünen Tonne. Hier geht es nach Süden, Richtung Stralsund.
Wir haben genug Zeit und rollen den Code Zerro noch mal aus. Es geht hoch ran an den schlappen Wind, aber sehr langsam. Bis zur Hafeneinfahrt Stralsund fahren wir 3 Wenden und sind punkt 12:00 Uhr da.
Schön sieht sie aus, die Silhouette von Stralsund. Einzig das Ozeaneum, diese hochkant stehende Klo Rolle, passt nicht zwischen das alte Backsteingemäuer der Hansestadt. Wir treiben vor uns hin im Hafenbereich bis die Brücke 12:20 Uhr öffnet. Wir erinnern uns, vor Jahren noch gab es direkt vor der Brücke einen alten Mann vor seinem Holzhäuschen. Der spielte immer Musik zur Brückendurchfahrt. Der alte Mann ist weg, das Häuschen steht noch.
12:30 Uhr sind wir duch die Brücke und rollen zum letzten Mal auf dieser Reise den Code Zero aus und lassen uns vom Wind fast bis zum Gustower Wiek ziehen. Dan bereiten wir das Anlegemanöver vor und sind 13:50 Uhr im Heimathafen auf unserem Platz fest.