Tag 8, 20.Mai 2024, Skagen (DK), Hafentag, keine Meilen
Ich muss mich mal einen Tag ausruhen. Die letzte Woche war anstrengend… Ich versuche auszuschlafen, soweit das klappt. Draußen klappert aber was und dann bin ich doch 8:00Uhr hellwach. Ich entscheide mich fürs Lesen.
Später mache ich ein paar Sachreibarbeiten an meinem Blog. Am frühen Nachmittag gehe ich dann spazieren durch Skagen. Es sind viele Leute unterwegs. Im Hafen stehen mehr Wohnmobile als Schiffe an den Stegen.
Skagen ist schön, bin nun bestimmt schon das fünfte Mal hier. Der einzige Nachteil, es stinkt nach Fisch. Normalerweise fährt man mit dem Fahrrad an die äußerste Spitze im Norden, wo sich Kattegat und Skagerrak treffen. Aber das lasse ich diesmal sein, spaziere einfach herum und trinke ein Dänisches Bier.
Mit dem Wetter habe ich bisher Glück, immer Sonne und auch eine angenehme Temperatur. Nach Wettervorhersage soll es auch so bleiben.
Am späten Nachmittag koche ich mir Spaghetti und davon reichlich. Eine Portion ist für meine morgige Überfahrt nach Norwegen.
Heute gehe ich wieder zeitig schlafen. Ich will morgen Früh schon 5:00 Uhr ablegen.
Tag 9, 21.Mai 2024, Skagen (DK)- Ardal (N), 81 nm
Ich wache schon vor dem Weckerklingeln auf. Es ist 4:00 Uhr. Ich bemühe mich ruhig zu bleiben und frühstücke langsam. Vor jeder längeren Überfahrt bin ich aufgeregt. Das ist immer noch die Prüfungsangst vor dem Abitur… Üblicher Ablauf heute wie immer: erst Abwasch machen, dann Schiff vorbereiten. Da fällt mir ein, ich muss noch die Norwegenkarte in den Plotter stecken und mache das. Der war aber schon eingeschaltet und ich verliere den Datenmaster… habe immerhin zwei Plotter an Bord. Nach zwei drei Neustarts ist alles in Ordnung.
5:30 Uhr dann Leinen los. Der Wind kommt von schräg von vorn. Kein Problem. Ruder nach Steuerbord, leichte Fahrt vorwärts und mit dem Bugstrahlruder nach Backbord. Weg von der Pier, dann Ruder auf nach Backbord. Mein Lieblingsablegemanöver wenn ich längsseits liege, da schiebt sich das Schiff quasi parallel von der Pier weg.
5:45 Uhr bin ich raus aus dem Hafen, Fender und Festmacherleinen sind verstaut. Der Hafen hat ein riesiges Vorbecken und man muss dem Hafenlabyrinth erst mal entkommen. Nun bin ich raus aus dem Hafen und das war dumm, hätte im Vorbecken das Großsegel hochziehen sollen. Nun muss ich das außerhalb bei 1,5 Meter Kattegatwelle machen… Aber das geht trotzdem zügig mit dem E-Wincher. Und nun gleich noch die Fock ausgerollt und dann geht es hoch ran an den Wind Richtung Skagenreff.
Ich habe ganz schöne Welle hier noch auf der Kattegatseite. Ich schneide die Welle schräg und fahre 8 ktn ü.G. Ich habe Strom aus dem Kattegat kommend. Der schiebt mich in das Skagerrak.
6:10 Uhr bin ich an der äußeren Spitze des Skagenreffs. Jetzt ändere ich den Kurs von 25° auf 300°, Richtung Arendal. Es geht von Hoch am Wind auf Raum. Shit, es wird immer mehr platt vor dem Wind. Die Fock kann ich einrollen, ist meist im Schatten von Großsegel und „schlappert“ herum oder die steht nicht, wenn ich Schmetterling fahre. Ich segle erst mal weiter nur mit Großsegel. Die Welle ist im Skagerrak viel weniger als im Kattegat. Ich habe zu tun das Schiff über 5 ktn zu halten. Ich hatte mir mehr Bums (Kanzlersprech) vom Wind erhofft, vielleicht Doppelbums.
7:00 Uhr habe ich die ersten 300 Meilen auf der Logge. Bis Bergen sind es noch 400 Meilen, locker zu schaffen, bis mein Sohn dort am 9.Juni ankommt. Habe also keinen Stress.
An Backbord wird die Nordspitze Dänemarks immer kleiner. 9:30 Uhr habe ich schon 20 Meilen versegelt und sehe kein Land mehr. Aber dafür herrscht reger Schiffsverkehr aus Westen kommend Richtung Kattegat. Ich fahre 5,5 ktn ü.G. bei 14 ktn achterlichem Wind.
10:45 Uhr wird der Kartenplotter wieder langsam beim Bedienen. Das übliche Problem. 5h sind um… Shit, aber re-seting hilft. Das Problem habe ich nun schon 3 Jahre. Irgendwann werde ich wohl von dem E95 auf Axiom umsteigen müssen. Thoma’s Service konnte mir in der Sache jedenfalls nicht helfen, obwohl ich immer gut und pünktlich gelöhnt habe.
Die Fähre „Superspeed2“ kreuzt meinen Weg mit 22ktn Fahrt von Larvik (N) kommend, unterwegs nach Hirtshals (DK). Eine Abwechslung!
Bis zur Mittagszeit, 13:00 Uhr bläst der Wind ziemlich konstant mit 14 ktn und immer von hinten. Habe nun schon 40 Meilen versegelt. Ich rechne, wann ich bei gleichbleibendem Wind und Windrichtung wohl ankomme. Es wird wohl noch 7… 8 Stunden dauern.
Aber nach 13:00 Uhr dreht der Wind weiter von Ost auf NO. Jetzt geht es auf Halbwindkurs. Ich rolle die Fock aus und das Schiff wird merklich schneller. 14:30 Uhr habe ich schon 50 Meilen versegelt und fahre jetzt über 7ktn ü.G. Na das ist doch was! Das macht mehr Spaß als das Geschaukel platt vor dem Wind.
15:00 Uhr kann ich die norwegische Küste ausmachen. Schiffsverkehr ist hier wenig. Einen Segler sehe ich im AIS und ein paar Fischer und einen Frachter.
15:45 Uhr habe ich auf der Tageslogge 60 Meilen und 17:15 Uhr bereits 70 Meilen. Mein Ziel kommt nun schneller näher als noch mittags gedacht. So schnell ändert sich die Lage auf See.
19:00 Uhr im Fjord, welches nach Arendal führt berge ich die Segel. Ich halte auf den Stadthafen „Pollen“ zu. Ich gehe längsseits an die Pier. Pos 58°27‘521N 008°46‘192 O.
Wieder mal gibt es hier eine neue App „Havneapp“ zum Bezahlen des Hafens. Und ich habe meine Schwierigkeiten damit. Alles in Norwegisch. Geht nicht auf Englisch umzustellen. Die Norweger sind alle weg von den Bezahlautomaten und wollen es immer mit ihren Apps.
Die Spaghetti, die ich vom Vortage für die Überfahrt vorgesehen hatte, habe ich wegen der schnellen Fahrt am Nachmittag vergessen und esse die jetzt, dazu nehme ich einem großen Schluck Rotwein.
Vor mir liegt eine 50 Fuß Yacht, Janneau unter Kanadischer Flagge. „West Wind 3“ aus Quebec. Wir kommen ins Gespräch. Die beiden Gil und Marie sind tatsächlich voriges Jahr im Juli auf direktem Weg vom St. Lorenzstrom nach Südirland, Cork gesegelt. Sie erzählen von ihrer Reise. Sie wollen weiter Richtung deutscher Küste und dann durch den Nordostseekanal Richtung Niederlande, Belgien nach Frankreich. Für den weiteren Weg und die Deutsche Küste gebe ich ihnen Ratschläge. Vielleicht fahren sie auch um Rügen herum. Und ich habe auch von meinen Reisen berichtet und von meinem aktuellen Plan. War ein schönes Gespräch für beide Parteien in Englisch als Fremdsprache – sie sind beide Franco-Ontarier. Ich habe trotz der Anstrengung meines Segeltages die Zeit vergessen…
Tag 10, 22.Mai 2024, Ardal (N)- Kristiansand (N), 39 nm
Von 22:00 Uhr bis 8:00 Uhr war ich wohl tot. Ich habe zumindest so geschlafen. Nach dem Aufstehen gehe ich ohne Frühstück in die Stadt. Ich muss Brot kaufen. Ich habe immer noch Schwierigkeiten mit der Hafen App. Die Deckshand eines norwegischen Schiffes hilft mir.
Den Vormittag überlege ich wie weiter. Arendal habe ich schnell ein bisschen beschnuppert während meines morgendlichen Einkaufes.
Also Arendal ist schön. Hat 40.000 Einwohner und es gibt noch einige schöne Holzhäuser von Kaufleuten der vergangenen Zeit. Und Arendal hat ein imposantes 4-Stöckiges Rådhus.
Ich lese weiter nach: Arendal ist die südlichste Norwegische Stadt. Im 19. Jahrhundert noch war es wohl eine der bedeutendsten Skandinavischen Hafen- und Handelsstädte. Im 18 und 19. Jahrhundert gab es hier einen signifikanten Schiffbau. Davon ist heute nichts mehr zu sehen.
Aber hier zu bleiben bis morgen und den straffen Ostwind nicht nutzen… Ich weiß nicht. Ich entscheide mich fürs Weitersegeln bis Kristiansand.
Bevor ich 12:40 Uhr endlich ablege habe ich noch ein bisschen mit den Kanadiern gequatscht. Die haben Probleme mit ihren englisch-genormten Gasflaschen in Skandinavien und dann sicher auch weiter in Deutschland, Niederlande und Frankreich. Da kann ich nicht helfen. Wollen wohl ihre Gasanlage in Deutschland auf CampingGaz umstellen. Und der Skipper Gil und seine Frau Marie meinen wir sollten in Verbindung bleiben. Vielleicht treffen wir uns, wenn ich UK umrundet habe und deren Schiff auf dem Weg Richtung Belgien, Frankreich ist. Wer weiß, wer weiß… You never know… Ich gebe ihnen meine Webseite und sie wollen mir einen Kommentar mit ihren Daten schicken.
Also lege ich 12:40 Uhr ab. Gleich danach ziehe ich das Großsegel hoch. Wind kommt weiter aus Ost. Auch ohne Fock bin ich schon fast bei 6 Ktn Fahrt ü.G.
Je mehr ich aus dem Arendal-Fjord rauskomme, umso schneller werde ich und der Ruderdruck wächst. Ich baue gleich ein Reff in das Großsegel. Das hätte ich mir denken können und gleich mit Reff 1 beginnen sollen. Immerhin wusste ich, dass mich 20 ktn+ Wind erwartet. Ich bin eben unbelehrbar, mit meiner Frau an Bord wäre das nicht passiert!
13:20 Uhr setze ich Kurs ab auf 195…200° ab. Ich fahre schon über 8 Ktn ü.G. Was für ein Wahnsinn! Das Großsegel fahre ich auf Steuerbordbug. Ich muss höllisch aufpassen, dass ich nicht ungewollt halse. Die Welle von hinten ist imposant. Ich schätze 2,5…3 Meter. Man darf sich gar nicht umdrehen. Immer wieder surft das Schiff mit der Welle.
14:30 Uhr reicht es dann, einmal ist der Baum schon auf Backbord umgeschlagen. Gut das ich die Baumbremse „trackRite“ habe. Da rutscht der Baum langsam rüber… trotzdem, es reicht, Ich verkleinere das Großsegel, Reff2 ist angesagt. Und siehe da, weniger Kraftaufwand am Ruder und die Geschwindigkeit immer noch zwischen 6,5 und 8 ktn ü.G. Der Wind hat jetzt Spitzen bis 27 ktn und ist immer zwischen 20 und 25 ktn.
16:45 Uhr ist Kurswechsel durch die Schären Richtung Kristiansand angesagt. Kurs jetzt 250°. Jetzt habe ich den Wind mehr von Steuerbord. Das Schiff ist weiter schnell. Ich muss aufpassen, es geht mit einem Affenzahn durch die Schären.
Beim Leuchtturmhaus auf der kleinen Insel Grønningen muss ich den Kurs weiter nach Nord ändern, 340° jetzt. Das ist jetzt fast ein hoch am Wind Kurs, nur mit Groß und 2 Reffs. Ich fahre immer noch zwischen 5,5 und 6,5 ktn.
Exakt 18:00 Uhr habe ich an Steuerbord die Insel Dvergsøya. Hier suche ich deren Windschatten und berge das Großsegel. Weiter geht es mit Maschinenkraft Richtung Kristiansand. Es ist Zeit für die Vorbereitungen für das Anlegemanöverer. Ich bereite mich für alle Eventualitäten vor. Längsseits oder in Anlegefinger. Meine Idealvariante wäre längsseits gegen den Wind an der Tankstelle. Da habe ich auf meiner Reise 2022 schon mal gelegen. Aber durch das Fernglas sehe ich: schon besetzt.
Also muss ich bei 25 ktn Wind quer zum Anlegefinger zwischen die Finger fahren. Zuschauer sammeln sich schon. Normal würde ich rückwärts einlaufen, aber die Gefahr, dass ich vertreibe ist mir zu groß. Und ich habe recht. Bei der ersten Anfahrt vorwärts bin ich zu langsam… verkackt, das ganze nochmal und diesmal mit viel Gas. Es läuft super. Ich lasse mich nach Einlaufen sanft auf den Lee-Finger treiben. Und von den Zuschauern helfen gleich 3, wie sich herausstellt Deutsche aus Hamburg die hier abwettern.
Das war ein Ritt am Nachmittag, 39 Meilen in 5 Stunden, immerhin ein Durschnitt von fast 8 Ktn ü.G! Ich muss mich dafür mit Bier und Wodka belohnen. Jetzt bin ich aber auch fertig.
Da fällt mir einen Spruch ein, den ich an der Wand eines früheren Kollegen gelesen habe: „Ein Schiff ist am sichersten im Hafen, aber dafür ist es nicht gebaut!“
Tag 11, 23.Mai 2024, Kristiansand (N), Hafentag, keine Meilen
Ich gebe mir Mühe lange zu schlafen bzw. nach dem Aufwachen noch in der Koje zu bleiben. Der Wind bläst immer noch abartig und mit scheinbar unveränderter Geschwindigkeit wie Gestern. Irgendwann nach 9:00 Uhr mache ich mir dann endlich Frühstück. Strom borge ich mir vom Nachbarboot für den Toaster und den Wasserkocher. Ich muss schließlich Gas sparen für meine lange Reise.
Warum hatte ich keinen Landstrom? Konnte gestern nach Ankunft den Hafen nicht bezahlen. Ich musste wieder eine neue App laden, diesmal „MARINA BOOKING“. Aber es funktionierte nicht. Die haben hier zwar auch einen Bezahlautomaten aber der arbeitet wie die App und funktioniert nicht. Selbst mit Hilfe eines Norwegischen Seglers. Zum Verrücktwerden dieser Internetscheiß.
Also mache ich heute Vormittag den Gang zum Hafenmeister, den gibt’s hier auch, der ist parallel Eisverkäufer und bei dem kann ich ganz normal mit Kreditkarte bezahlen. Es geht doch! Und ich bezahle für zwei Nächte. Ich bleibe also bis morgen.
Was macht der Segler? Ich reinige das Schiff außen wie innen, denn der Segler liebt sein Schiff!
Um Mittag herum, kurz nachdem ich mit der Außenreinigung fertig bin, beginnt es abartig zu regnen. Es ist ein Gewitter. Die Sicht außen geht gegen null. Ich habe es trocken unten im Schiff.
Nach zwei Stunden ist der Spuk vorbei. Ich mache mich fertig zum Landgang. Von 15:00 Uhr bis gegen 19:00 Uhr wandere ich auf den Spuren meines letzten Besuches im Jahr 2022. Ich gehe Richtung der alten Kaianlagen. Ein tolles Theater steht hier. Von hier sehe ich ein riesiges Kreuzfahrtschiff. Es ist die „Iona“, Heimathafen Southhampton. Ich recherchiere. Das Schiff ist das größte Schiff, je auf der deutschen Meyerwerft gebaut, Jungfernfahrt 2020, Kosten 900.000.000 US$. 1700 Mann Besatzung.
Später bin ich essen in einem Restaurant. Ich bemerke den wenigen Betrieb. Der Kellner sagt mir, das war vor zwei Stunden noch anders. Inzwischen hat das Kreuzfahrtschiff abgelegt.
Bei meiner Wanderung durch die Stadt, Downtown, fallen die Kitsch- und Souvenirläden auf die mit Duty-free-Preisen werben. Alles ist auf die Kreuzfahrtindustrie ausgerichtet.
Ich gehe zum zentralen Platz. Da sind die Domkirche und die schöne alte Feuerwache. Sehr schön von außen, die Kirche ist verschlossen.
Ich verweile eine Weile vor dem Denkmal von Haakon dem VII, dem König von Norwegen der wegen der Deutschen Invasion im 2. Weltkrieg nach England emigrierte. Auf dem Sockel des Denkmals steht „ALT FOR NORGE“. Der Google Übersetzer sagt mir es heißt „Alles für Norwegen“. Also in Deutschland darf man so etwas nicht sagen…
Ich beende meinen Rundgang durch die Stadt in der Christiansholm Festung. Sie wurde 1667-72 errichtet und hatte einst 62 Kanonen. Am Eingang lese ich Schilder welcher Norwegische König und Kronprinz wann die Festung besucht hat.
Ich kehre zurück auf die ALL RIGHT 2. Dann fängt es wieder an zu regnen. Ich schaue die Nachrichten und ziehe mir den Zürich Krimi rein. Den kannte ich aber schon.
Tag 12, 24.Mai 2024, Kristiansand (N)- Bucht vor Mantal (N), 47 nm
Bis 8:00 schlafe ich. Bin ein alter Mann und schon manchmal ganz schön müde. Aber das Segeln ist auch nicht immer Zuckerlecken.
Na, 9:15 Uhr bin ich dann soweit und lege ab. Einfach bei so wenig Wind, ganz anders als das Anlegen vorgestern bei 25 Ktn.
9:25 Uhr ziehe ich das Großsegel hoch und rolle die Fock aus. Und ich mache 5-6 Ktn ü.G. Und ich muss nach Nordwesten. Also kreuzen gegen den Wind.
Südwestlich von Kristiansand gibt es eine Durchfahrt zwischen vorgelagerter Insel und Festland. Da gehe ich durch. Aber ich muss kreuzen. Kein Problem mit der Selbstwendefock. 6 Wenden fahre ich um aus dem Fjord in das offene Meer zu gelangen.
Draußen auf dem Meer ändere ich den Kurs, gehe auf 200°. Muss nach Westen kreuzen. Von hier bis zur Insel Skjernøya fahre ich 16 Wenden.
14:15 Uhr dann der Kurswechsel nach Nordwest 320° Richtung Mandal. Ich steuere gezielt auf eine Bucht zu in der 2022 schon mal geankert habe. An Steuerbor sehe ich eine riesige Bohrplattform mit ihren Stelzen. Ich erinnere mich, an der wurde schon vor zwei Jahren gebaut. Offenbar wird die dann, wenn sie fertig ist rausgefahren auf das Meer und dort werden die Beine abgesenkt und dann gebohrt nach Erdgas… keine Ahnung wie das funktioniert.
Beim Einfahrt in „meine“ Bucht ist noch ganz schön Knatter, 15 ktn Wind. Ich berge das Großsegel und bereite den Anker für das Ankern vor. 16:15 Uhr fällt der Anker auf 9 Meter Tiefe. Ich gebe 25 Meter Kette. Der Anker hält aber das Schiff schwoit ganz schön. Ich hieve den Anker noch mal hoch und fahre näher hinter einen Felsen am Ufer. Hier lasse ich dann Anker auf 6 Meter Tiefe fallen und gebe nicht so viel Kette. Der Anker hält und das Schiff schwoit nicht mehr so stark.
Es ist wunderschönes Sommerwetter. Ich baue den Gasgrill an die Reling und brate mir ein leckeres Steak, Entrecote. Dazu gibt es Salzkartoffeln mit Mischgemüse und natürlich Rotwein.
Nach dem Essen nehme ich noch ein Bad zur Abkühlung im Meer, 15°C. Da muss ich danach warm auf der Heckplattform duschen.
Abends rechne ich noch mal, durch das Kreuzen habe ich für den direkten Kurs von 27 Meilen insgesamt 47 nm versegelt!
Tag 13, 25.Mai 2024, Bucht vor Mantal (N) – Korshavn (N), 19 nm
Ich schaue aus dem Niedergang. Die See ist glatt, kaum Wind, es ist 9:00 Uhr. Der wind hat um 180° gedreht, kommt jetzt wieder aus Ost.
Heute will ich nicht weit. Also nehme ich mir Zeit für das Frühstück. Aber in der Zwischenzeit steigert sich der Wind. Das Schiff hängt straff an der Ankerkette.
10:15 Uhr, dann Anker auf! Der Anker hat sich ganz schön eingegraben in den Schlick auf 6 Meter Tiefe. Das erste Mal ankern mit dem neuen ROCNA 20 Anker. Ich denke die Anschaffung hat sich gelohnt.
10:30 Uhr ist das Ankergeschirr gesichert und ich ziehe das Großsegel hoch. Gelernt von Gestern baue ich gleich ein Reff ein. Ich kann mir ja Zeit lassen für die ungefähr 20 Meilen. Zwischen den Schären habe ich schon 16 ktn Wind. Es geht zügig voran.
10:40 Uhr verlasse ich die Schären, umfahre eine letzte Rote Tonne und setze geraden Kurs auf 270° ab. Den werde ich für die nächsten 15 Meilen segeln. Nur mit Großsegel, Reff1, an Steuerbordbug geht es immer so mit 6 ktn voran.
12:15 Uhr habe ich auf Steuerbord querab die Insel Utvåre mit dem kleinen Leuchtturm. 12:20 Uhr überholt mich an Backbord der Frachter „Dina“. Er zieht mit 9 ktn ziemlich nahe an mir vorbei.
13:10 Uhr bin ich an der Spitze der Landzunge Lindesnes. Lindesnes ist ein riesiger Fels mit einem Leuchtturm obenauf. Hier muss ich einen Kurswechsel auf 320° machen. Ich halse nach Steuerbord. Das Segel geht auf Backbordbug.
Während dieses Manöver nähert sich ein SAR Kreuzer. Die halten mit Affenzahn auf mich zu. Ein Seenotretter klettert aus der Kanzel, klinkt seine Sicherung ein und will mir was zurufen. Ich zeige dem meine Handfunke und schon bin ich in Kontakt mit dem SAR Kreuzer, erst CH16, dann CH06. Und die fragen mich auf meinem Weg ein Boot mit 3 Leuten an Bord gesehen habe. Die haben wohl eine Distress-Meldung abgesetzt, aber ohne genaue Koordinaten. Ich: negativ, habe von Mandal kommend niemanden gesehen. Die SAR Retter bedanken sich und funken nochmal den Frachter „Dina“ an und dann fahren sie auf einen anderen Segler zu.
Ich berge das Segel 13:30 Uhr und mache mich und das Schiff fertig für das Anlegemanöver. Ich will längsseits backbord an die Holz Pier. Ich kenne den Dorfanleger von Korshavn aus dem Jahre 2022. Hoffentlich ist Platz.
14:00 Uhr habe ich gegen den Wind angelegt. Es ist Platz für mich und Landstrom auch. Und es ist Zeit für ein Anlegerbier. Der Ort ist niedlich, ein Fjord geht direkt mitten hindurch, bzw. der Ort ist rechts und links davon gebaut.
Erst mal bewege ich mich gar nicht. Später koche ich Pellkartoffeln und mache daraus Bratkartoffeln, dazu gibt es Sauerfleisch und eine große Schüssel Gurkensalat.
Die Sonne scheint, es ist warm und ich mache noch einen Spaziergang durch den Ort. Ich treffe Angler aus Litauen, Kaunas. Der eine lebt in Norwegen, die anderen sind zu Besuch. Und wir unterhalten uns auf Russisch. Beim Weggehen merke ich, das die Männer auch untereinander weiter Russisch reden. Und ich wandere weiter. Hier treffe ich einen Vater mit seinem Sohn beim Angeln vom Steg. Ich spreche ihn auf Deutsch an. Er antwortet Deutsch mit Akzent und sagt mir er versteht nicht alles und sei aus der Ukraine. Ich wechsele die Sprache. Wir unterhalten uns weiter Russisch. Und als ich weggehe spricht der Vater mit seinem Sohn weiter Russisch, die Sprache der Feinde?
Ich Gehe zurück zum Schiff. Es ist schon spät. Ich lese in der Plicht und warte auf den Sonnenuntergang mit einem Glas Roten. Der Sonnenuntergang kommt gegen 22:00 Uhr.
Tag 14, 26.Mai 2024, Korshavn (N), Hafentag, keine Meilen
Heute sind 14 Tage meiner großen Reise geschafft. Ich lege einen Ruhetag ein. Will ausschlafen, aber 8:00 Uhr ist die Nacht vorbei.
Es gab mal in Deutschland einen Verteidigungsminister, Rudolf Scharping, 1998-2002. Der machte alles ganz laaaaangsaaam… das mache ich heute auch!
Also frühstücke ich und kaue langsamer als sonst. Sitze in de Plicht und warte auf die Sonne. Kommt aber nicht. Heute ist es bewölkt.
Ich schreibe ein bisschen an meinem Blog.
Am Nachmittag wandere ich in Korshavn herum. In der Dorfkneipe nehme ich ein Bier. Ich unterhalte mich wieder mit dem einen und anderen. Viel sind hier Urlauber auch aus Deutschland.
Zum Abendessen gibt es noch mal Sauerfleisch. Ich muss immer zweimal dasselbe essen. Die Konserven, die ich mithabe sind immer für zwei Personen. Aber die zweite Person, mein Son kommt erst am 9.Juni an Bord.
Machst du gut
Bernd
Freut mich, dass es dir gefällt und interessant ist