Tag 106, 26. August 2024, Amsterdam (NL) – Enhkhuizen (NL), 31 nm
11:00 Uhr lege ich in der Amsterdam Marina ab. Ich habe mir Zeit gelassen, weil am Morgen noch ganz schön Knatter war. Ich habe keine Lust bei viel Wind die notwendigen Schleusenfahrten zu machen. Ich bin alleine an Bord und muss die Schleusen alleine meistern.
Meine Fahrt führt mich noch mal ziemlich durch das Zentrum von Amsterdam, d.h. es bleibt an Steuerbord. Ich komme an der Central Station, Hauptbahnhof, vorbei. Es ist ganz schöner Verkehr, Fähren, Großschifffahrt und Sightseeing Boote und natürlich Segler und Motorboote.
11:55 Uhr bin ich an der Oranje Schleuse. Das ist das Nadelöhr zum Markermeer. 12:25 Uhr bin ich durch, durch die Schleuse. Aber ich muss noch auf den Brückenzug warten und mache mich deshalb am Anleger gleich hinter der Schleuse fest. Dann kommt plötzlich Grün und die Klappbrücke geht auf. Ich mache mich schnell los und fahre mit viel Gas zur Brücke, als ich ankomme schließt die schon wieder. Shit! Diesmal mache ich mich gleich vor der Brücke an dem Festmacher fest. Nächste Öffnung soll in 20 Minuten sein, erkundige ich über Funk. Dann, das Brückensignal steht schon auf Vorbereitung, Bleibt oben auf der Brücke ein Auto mit Motorschaden liegen. Es muss abgeschleppt werden. Die Polizei sperrt ab, beobachte ich. Es ist zum verrückt werden. Erst 13:20 Uhr ist das Auto abgeschleppt, die Brücke öffnet und ich fahre durch in das Markermeer.
13:30 Uhr habe ich die Segel gesetzt und der Motor ist aus. Ich segle auf dem Markermeer in der betonnten Hauptschifffahrtslinie. Es geht zügig vorwärts. Ich habe raumen Wind und die Welle von hinten.
17:35 Uhr berge ich die Segel und rufe die Schleuse Enkhuizen an. Es gibt zwei Schleusen hier und die Frau sagt mir ich solle die ohne Brücke nehmen. 18:15 Uhr fahre ich ohne Warten in die Schleuse ein.
Nach der Schleuse frage ich über Funk, CH12, wegen eines Liegeplatzes an. Ich bekomme Platz im inneren Stadthafen. Das ist viel besser als in der Marina. Ich Fahre durch eine Zugbrücke und lege mitten in der Altstadt längsseits an. Die Hafenmeisterin, die die Zugbrücke bedient hat, hilft mir beim Anlegen. Sie ist Deutsche und freut sich mit mir ein paar Worte wechseln zu können.
Pos 52°42‘076 N, 5°17‘576 O
Ich liege direkt unterhalb eines hübschen Restaurants. Schnell trinke ich meinen Anleger und wandere dann ohne Verzug in das Restaurant. Ich habe Hunger und den stille ich mit einem leckeren Tunasteak.
Tag 107, 27. August 2024, Enhkhuizen (NL) – Lemmer (NL), 18 nm
Ich werde schon zeitig wach, 7:00 Uhr. Der Grund ist das Glockenspiel des nahen Glockenturmes. Alle halbe Stunde Glockenspiel und jede Stunde der Glockenschlag für die volle Stunde, heißt 7 Schläge für 7:00 Uhr. Ich sehe es der Stadt Enkhuizen nach, die alte Stadt ist sooo schön!
Ich nutze den Vormittag für einen Stadtspaziergang. Es ist richtiges Sommerwetter. Eine wunderschöne Stadt. Ich wandle durch die Gassen und Straßen. Eine Menge Ziehbrücken über die Grachten. Richtig maritim. Rundherum eine Art Stadtmauer. Ich schaue auch in die Marina. Ich liege ja im Stadthafen, das sind zwei unterschiedliche Schuhe. Viele Schiffe in der Marina haben einen Deutschen Heimathafen…. Meist Köln oder ähnliches. Die Westregion Deutschlands ist nicht weit vom Ijsselmeer. In der Marina gibt es einen Laden für Seglerbedarf. Ich bekomme einen Wasseratlas Friesland zu kaufen. Wichtig, um mich auf der Stehenden Mastroute zurechtzufinden. Holland hat so viele Wasserstraßen, da ist schwer durchzusehen.
Ich gehe zurück zum Stadthafen und trinke zu Mittag noch ein Bier der Woche in dem Restaurant von Gestern Abend. Lecker!
12:00 Uhr rufe ich über CH 12 den Hafenmeister. Der öffnet mir die Brücke vom Stadthafen und ich komme hinaus auf das Ijsselmeer. Im Vorhafen ziehe ich das Großsegel hoch, 12:20 Uhr ist es.
Ein wenig Wind habe ich, 5ktn, halber Wind. Mit Fock und Groß mache ich 2…3 ktn ü.G. Was soll‘s, ich habe Zeit, vor mir nur knappe 20 Meilen bis Lemmer.
Die Sonne ballert unbarmherzig. Der Wind wird immer weniger. 13:00 Uhr muss die Maschine mithelfen. 14:00 Uhr ist der Wind dann ganz weg, 2 ktn, ich berge die Segel und fahre bei glattem Wasser über das Ijsselmeer. Schade, aber da kann man nichts machen.
16:10 Uhr mache ich am Sportbootanleger vor der Princess-Margarete-Schleuse fest und warte. Inzwischen kommt noch ein Motorboot und zwei Flußschiffer. Große schiffe, wie passen die in die Schleuse und darf ich dann noch mit rein? Der Skipper vom Motorboot sagt mir, alles wird gut, da passt noch mehr rein!
16:40 Uhr geht das Schleusentor auf und zwei Flußschiffe kommen raus und dahinter Segler und Motorboote. Umgekehrt fahren wir jetzt rein, erst die Berufsschifffahrt und dann ich und das Motorboot. 16:50 Uhr ist die Schleusung vorbei, es geht um 10…20 cm Höhenunterschied, mehr war es bestimmt nicht.
Aus der Schleuse raus geht es kurz danach vom Hauptkanal ab nach rechts, Richtung Lemmer.
Ich rufe den Hafenmeister an…. Der Automat (KI) sagt mir, ich muss erst anlegen vor dem Hafenmeisterbüro und dann bekomme ich einen Platz zugewiesen… und das findet nicht beim Hafenmeister statt. Der ist nicht da, ich muss ins nahegelegene Hotel. Mir geht dieses Verfahren auf die Nerven. Ich schwitze ob der Affenhitze und dann noch das. Na, ich bekomme meinen Platz.
Pos 52°51‘083 N, 5°41‘230 O
Ich fahre rückwärts zwischen die Dalben, aber es ist ein Liegeplatz direkt am Ufer und dann geht es nicht mehr rückwärts, nur 1,30 m Tief. Ich stecke mit dem Ruderblatt fest im Schlick. Ich drehe das Schiff um und beschwere mich telefonisch in der Rezeption. Ich darf das Schiff an einen anderen Platz verholen.
Ich bin kaputt von der Wärme, solche Temperaturen hatte ich die ganze Reise nicht. Etwas zu Essen machen, keine Lust, ich mache mir ein Glas Würstchen auf, trinke zwei kleine Bierbüchsen.
Am Abend nehme ich noch eine Konsultation bei Ben, einen Holländer, den ich von unserer Gotland Tour kenne. Ich lasse mir den Weg über Land zur Nordsee erklären: die stehende Mastroute.
Ich schaue mir noch mal die Wind- und Wetterentwicklung für die nächsten Tage an. Der Wind auf der Nordsee wird in vier Tagen auf Ost drehen. Das wäre schrecklich für mich, weil ich nach Helgoland will. Ich hoffe ich schaffe es vorher durch die Kanäle bis hoch zum Meer und kann vor dem Winddreher noch rüber nach Helgoland.
Tag 108, 28. August 2024, Lemmer (NL) – Leeuwarden (NL), 36 nm
9:00 Uhr mache ich in Lemmer die Leinen los. Ein bisschen mache ich mir selbst Druck, sieht so aus das ich nach Hause möchte. Und es ist auch der Wunsch früh bei noch frischem Wind über Land zu fahren.
Es geht entlang dem Prinses Margrietkanaal. Dann folgt das Grote Brekken, ein See. Weiter geht es durch das Coevordermeer. Bei den Holländern ist wohl jeder See ein Meer! Und im nächsten Meer, im Sneeker Meer biege ich nach links ab. Ich fahre hinein nach Sneek. Früher waren wir schon mal in Sneek, mit dem Motorboot mit der ganzen Familie. Ich möchte das Watertor wiedersehen.
12:00 Uhr exakt mache ich in einer kleinen Gracht fest. Wenig Platz aber ich entscheide mich einzuparken, rückwärts in die Parklücke auf längsseits. Das ist direkt vor einem Straßenkaffee. Ich frage einen Mann ob vorn genug Platz se, der sagt ja und ich ziehe den Bug mit dem Bugstrahlruder zum Ufer und dann geht es Knack. Mit meinem Buganker breche ich den Flaggenstock des Holländers vor mir. Shit Happend! Ich angle den Flaggenstock samt Holländischer Flagge aus dem Wasser und kläre das Malheur mit dem Bootseigner mit einer kleinen Euro-Cash-Zahlung.
Jetzt beginne ich meine 1,5 Stunden Stadtwanderung. Ich finde das Watertor und fotografiere. Und ich gönne mir ein Bier und einen Bissen zu Essen. Sneek ist eine wunderschöne Stadt und besuchenswert. Vielleicht sollte man nicht in der Ferienzeit hinfahren, zu viele Schiffe und Touristen.
13:45 Uhr lege ich wieder ab, möchte noch bis Leewarden kommen.
Ich fahre zurück nach Osten in das Sneeker Meer. Von hier geht es Richtung Grouw. Das ist auch ein schönes Örtchen. Aber ich mache nicht Halt. Weiter geht es auf dem Prinses Margrietkanaal nach Norden.
Und ich bekomme einen Anruf von Ben, einem Segler, den ich mit seiner Frau vor Jahren auf Gotland kennengelernt habe. Er beobachtet mich über Vesselfinder und sagt mir, die Autobahnbrücke vor mir öffnet seit 9 Jahren nicht mehr für Segelboote. Ich muss unbedingt nach Warten abbiegen und eine andere Route fahren. Ich bin dankbar und mache das. In diesem Diep habe ich nur 0,9 Meter Wasser unterm Kiel, manchmal weniger. Im Kanal betrug die Wassertiefe über 3 Meter, das ist jetzt eine Umstellung.
Die erste Brücke in Wartena öffnet umgehend, aber danach sitze ich in der Falle, es ist 16:25 Uhr. Da kommt noch eine Zugbrücke und die öffnet erst 17:15 Uhr. Und ich habe keine Möglichkeit festzumachen. Rechts und links weniger als 1,60 Meter. Eine Stunde fahre ich vorwärts und lasse mich rückwärts vom Strom treiben. Und das mache ich ungezählte Male. Endlich macht die Brücke auf und es geht weiter. Und dann bin ich südlich von Leewarden. Es geht über ein Aquädukt, ich überquere die Autobahn.
Interessant ist, dass es hier Hinweisschilder für die Staande Mastroute gibt. Ich folge der Beschilderung. Nach weiteren Brücken und Eisenbahndrehbrücken erreiche 20:00 Uhr endlich das Zentrum von Leeuwarden. Ich mache am Stadtpark fest und bin fertig.
Pos 53°12‘114 N, 5°47‘216 O
Mit dem Waschlappen wasche ich mir noch schnell den Schweiß des Tages runter und gehe in ein nahegelegenes Restaurant. Auf dem Weg dahin schaue ich mich noch ein bisschen um. Auch eine schöne Stadt. Friesland hat offenbar nur schöne alte Städte.
Tag 109, 29. August 2024, Leeuwarden (NL) –Lauwersoog (NL), 25 nm
Viel habe ich nicht gesehen von Leeuwarden, ich will weiter. Mit dem Einkauf von Proviant hat es gestern nicht geklappt. Der Hunger war groß und ich habe schneller das Restaurant gefunden als einen Supermarkt. Da war ich natürlich nur essen und als ich damit fertig war, waren die Geschäfte zu.
Also lege ich 9:00 Uhr ab. Die nahe Brücke hat gerade geöffnet und ich bin schnell durch und habe auch kaum Wartezeit vor der nächsten. Das Signal steht schon auf Rot/Grün: fertigmachen heißt das. Viele der Brücken sind ferngesteuert. Manchmal rufe ich die über VHF an. Die Kanäle (CH) sind angeschrieben. Manchmal sehen die dich über Kamera und öffnen. Es gibt übrigens auch eine App für die Route aber die läuft nur auf Android, ich habe ein I-phone.
Ich komme schnell vorwärts auf dem Dokkumer Dip. Es ist eine schöne Landschaft. Mit meiner Frau spreche ich telefonisch und wir haben schon festgelegt die Staande Mastroute in Gegenrichtung und langsam zu wiederholen, in der Zukunft. Die verbleibenden Brücken bis Dokkum öffnen alle schnell und ohne Verzug. An zwei Brücken ist noch Brückenmaut fällig, einmal 3,50€ für zwei Brücken im Holländerholzschuh an der Angel. Einmal war es für eine Brücke 5€.
Gegen 12:00 Uhr erreiche ich Dokkum. Ich fahre durch einen Kanal um zwei Windmühlen, schön anzusehen. Hinter der Brücke nach der zweiten Mühle sehe ich die Segelyacht West Wind III. Es sind die Kanadier aus Quebec, die ich auf meinem Hinweg nach Norwegen in Arendahl kennengelernt habe, Gui & Marie. Ich mache am gleichen Steg fest, aber die sind nicht an Bord. Ich bin ein wenig enttäuscht.
Ich gehe in Dokkum in die Stadt. Wunderschön ist das Städtchen. Das Glockenspiel auf dem Stadthaus läutet ununterbrochen. Ich esse Etwas in einem Straßenkaffee. Aber so richtig schmeckt das nicht. Generell habe ich den Eindruck, dass die Holländer eine eigenartige Küche haben. Aber das Bier ist gut und das ist die Hauptsache!
Eine lange Wanderung zum LIDL mache ich noch. Ich muss mich verproviantieren! Dann gehe ich schwer bepackt zurück zum Schiff. Es ist fast 14:00 Uhr. Und die Segelyacht „West Wind III“ bunkert Wasser an einem anderen Platz und so treffe ich noch die Marie und den Gui. Wir unterhalten uns noch eine halbe Stunde, verabschieden uns herzlich, dann segeln die Richtung Leeuwarden und ich in die andere Richtung nach Lauwersoog. Es ist 14:30 Uhr.
15:50 habe ich die Wilhelm Lore Schleuse passiert. Es war kaum Schleusenhub. Weiter geht es durch das letzte Stück Dokkumer Dip, dann bin ich im Lauwersmeer. Das ist noch mal wie ein Binnensee.
17:15 Uhr fahre ich in die Schleuse die das Lauwersmeer von dem Wattenmeer, der Nordsee trennt.
Ja, die Nordsee hat mich wieder, ich lege in einer kleinen Marina in Lauwersoog am Ponton in Fingern an. Pos 53°24‘494 N, 6°12‘037 O
Ich habe jetzt quasi eine Poolposition um morgen in aller Frühe ohne Schleusung in die Nordsee zu kommen. Meine Abfahrt für morgen habe ich für 6:00 Uhr geplant. Da ist fast Hochwasser und kaum noch Gegenstrom.
Ich trinke noch ein Bier oder zwei, unterhalte mich mit einem Schweizer, der Hier mit einer 50-Fuss Linsen liegt und mit einem Engländer der mit einem kleinen Segelboot Einhand unterwegs ist.
Tag 110, 30. August 2024, Lauwersoog (NL) – Helgoland (D), 88 nm
Heute liegt eine lange Strecke vor mir. Den Wecker habe ich auf 4:45 Uhr gestellt, wach bin ich schon 4:30 Uhr. Draußen ist es noch stockdunkel. Also nehme ich mir Zeit. Hochwasser ist für 6:45 Uhr vorhergesagt. Also früher als 6:00 Uhr brauche ich nicht ablegen. Und ich brauche die Zeit. Ich drehe mich ziemlich ohne Wirkungsgrad.
6:10 Uhr, es dämmert und ich lege ab.
Im Fahrwasser habe ich immer noch etwas Gegenstrom, einen Knoten etwa. Eigentlich bin ich eine Stunde zu zeitig. Aber ich muss weit segeln und da ist besser eher zu starten, mit ein klein wenig Gegenstrom.
7:00 Uhr ist es richtig hell, ich schalte die Positionslichter aus und setze das Großsegel. Die Maschine läuft weiter.
9:45 Uhr bin ich aus dem Wattenmeer raus und rolle den Code Zero aus. Ich fahre jetzt ohne Maschine mit 5 Ktn ü.G. Der Wind ist nur 8 ktn stark. Bis 10:30 geht es einigermaßen gut voran.
Eine Stunde läuft das gut so. Dann wird der Wind weniger. Die Vorhersage stimmt genau. Den Code Zero rolle ich wieder ein und fahre weiter mit Maschinenkraft und Großsegel. Und die Sonne scheint.
Gegen 12:00 Uhr bin ich am Windpark von EWE vorbei, die Friesischen Inseln sehe ich kaum noch. Inzwischen starte ich die Maschine und helfe ein bisschen nach. Das Fahren mit Maschine macht müde und Hunger habe ich inzwischen auch. Ich bereite mir leckere sächsische Flecke aus der Büchse zu, verfeinert mit Kartoffelstücken, saurer Gurke und Kapern. Die Müdigkeit geht aber vom Essen auch nicht weg. Ich nicke immer wieder ein, der Autopilot steuert das Schiff.
14:00 Uhr fahre ich in ein Verkehrstrennungsgebiet ein. Ich fahre im spitzen Winkel drüber und halte meinen geraden Kurs Richtung Helgoland. Zwei Stunden brauche ich bis in die neutrale Zone bis ich die West/Ost Richtung überfahren habe. Es ist Schiffsverkehr aber die kommen mit großen Abstand. Weitere Stunden brauche ich für die Überquerung der Gegenrichtung.
16:50 Uhr rolle ich den Code Zero wieder aus. Der Wind ist jetzt wieder bei 8 ktn, steigend. Das Schiff zieht an. Ich habe nur noch 30 Meilen bis Helgoland. Der Countdown für meine Rückkehr nach Deutschland läuft.
Die Welle wird merklich stärker. Der Wind kommt immer wieder an 12 Knoten ran. Ich habe mir eine Benchmark gesetzt für das Einrollen des Code Zero, 13 ktn. Bis 19:10 Uhr bin ich immer knapp unter 13 Knoten Wind. In Spitze fahre ich 7,5 ktn, habe aber jetzt auch einen halben Knoten Strom von achtern.
Und es kommt anders, es ist nicht der Wind, der mich zwingt den Code Zero zu bergen, nein es ist ein Funkspruch. Ich werde von einem Sicherheitsboot aufgefordert meinen Kurs zu ändern. Hier ist eine Schiffsbergung im Gange. Und der neue Kurs geht nicht mehr mit dem Leichtwindsegel. Zum Kotzen, es war so schön dahinzufliegen. Anyway, ich fahre nur mit dem Groß eine Wende, gehe nach West und dann später wieder nach Nord, Richtung Helgoland. Es ist 19:20 Uhr, noch 15 Meilen.
Ich starte jetzt die Maschine, um schnell voran zu kommen. Mein Ziel ist bei einigermaßen Licht in den Hafen zu kommen. An Backbord geht 20:23 Uhr die Sonne unter.
21:10 Uhr ist es schon arschdunkel. Genau das wollte ich vermeiden. Die Anfahrt auf Helgoland im Dunkeln ist nicht angenehm. Es wird ein Instrumentenblindflug.
Im Hafen, wie nicht anders zu erwarten Zweier- und Dreier-Päckchen. Und in der Mitte Bojen, die schlecht auszumachen sind. Ich entscheide mich für ein Zweier-Päckchen, wo noch Licht im Schiff brennt. Ich mache den Anlauf und lasse das Bugstrahlruder mehrmals laut anlaufen. Und da kommt auch schon einer von der Besatzung raus und sagt mir ich kann anlegen, aber die wollen schon 4:00 Uhr morgen früh ablegen… so ein Mist, ich drehe ab. Und da kommt Bewegung in das Nachbarpäckchen. Die sind gerade dabei sich wegen der Ablege-Reihenfolge umzusortieren. Und ich, der, der morgen auf Helgoland bleibt darf mich einreihen und lege direkt am Ponton an. Dann helfe ich dem nächsten Schiff beim Wiederanlegen.
Und jetzt habe ich mir meinen Anleger verdient. Ich bin ganz schön geschafft nach 17 Stunden.
Pos 54°10‘577 N, 7°53‘778 O
Tag 111, 31. August 2024, Helgoland (D), Hafentag, keine Meilen
Nach 110 Tagen bin ich nun wieder in Deutschem Hoheitsgebiet. Nichts ist anders als vorher.
Erst mal schlafe ich bis 9:00 Uhr, obwohl ich liege im Päckchen und die anderen Schiffsnachbarn trampeln einzeln wegen jedem Morgenschiss und jedem mal Pinkeln und Zähneputzen über mein Vorschiff zu irgendeinem Sanitärpunkt. Na ich halte das aus.
Ich beginne den Tag mit einem guten Frühstück und backe mir Brötchen auf. Dann schreibe ich ein wenig an meinem Blog.
Wichtig, ich gehe einkaufen, Schnaps und Zigarren. Überall steht Duty Free, aber das ist alles Beschiss. Ich kenne die Preise im normalen Laden und sosehr unterscheiden sich die Duty Free Preise hier nicht von den normalen Preisen. Dennoch ein bisschen Whiskey und Rum mit Preisvorteil finde ich. Die Zigarren sind alle überteuert, da bestelle ich lieber weiter bei Cigar-World.
Zurück am Schiff legt das letzte Schiff meines Päckchens noch ab. Jetzt bin ich frei und fahre in den anderen Hafen, den Nordosthafen, zum Tanken. Knapp 100 Liter mit Kanistern kaufe ich für 1,18€/Liter! Schade, dass ich nicht mehr Kanister und Tankvolumen habe.
Das Schiff geht zurück auf seine Ausgangsposition im Südhafen. Ich gehe jetzt wandern auf Helgoland. Die erste Enttäuschung habe ich im Hotel Rickmers. Ich hatte gehofft hier Austern essen zu können. Aber es gibt keine. Na ich trinke eine Tasse Kaffee und esse ein Stück Kuchen. Mit Moni telefoniere ich. Sie sagt es gibt hier noch andere gute Gaststätten. Ich gehe in das Helgoländer Fährhaus. Aber die Speisekarte gibt nicht viel her und so bestelle ich Schnitzel mit Bratkartoffeln. Aber der Koch dieses Restaurants muss noch viel lernen. Na der Hunger treibt es rein.
Ich wandere in den Oberort von Helgoland. Ich kenne alles schon, wir waren ja schon einige Male nach Helgoland gesegelt. Aber wenn ich schon hier bin muss ich mindestens mal zur „langen Anna“, dem einzelnstehenden roten Felsenfinger. Und auf dem Weg dorthin komme ich an den Brutstätten der Trottellume vorbei.
Und auf dem Rückweg komme ich an einer hübschen Kneipe vorbei, der COHIBAR, das heißt ich komme eben nicht vorbei. Empfehlenswert für Raucher und speziell für Zigarrenraucher. Hier darf man drinnen rauchen und die Deko ist einzigartig.
Zurück auf dem Schiff ist meine Bierlieferung vom Schiffsausrüster angeliefert, vier Palletten Bierbüchsen, Gummitiere, Schokolade und Rum… Alles was der Segler braucht.
Tag 112, 1. September 2024, Helgoland (D) – Cuxhaven (D), 45 nm
Gestern habe ich mich spät noch mit den Schiffsnachbarn im Päckchen geeinigt, dass ich heute 6:30 Uhr ablegen werde. Ich stehe 5:30 Uhr auf. Die Nacht war anstrengend. Ein Scheiss-Schwell lief ein, in den Hafen, bei dem Wind aus Ost. Das Ponton mit den Schiffen im Päckchen geht hoch und runter in der Welle. Gut geschlafen haben ist anders!
Na ich mache mir mein übliches Frühstück: Kaffee, zwei Toastbrote mit Käse, Wurst und Marmelade und drei Eier. Ein Ei weichgekocht für sofort und zwei hartgekochte für unterwegs nach Cuxhaven.
6:40 Uhr sind haben meine Päckchenachbarn abgelegt und gehen in Warteposition für das Wiederanlegen. Ich selbst lege dann auch ab. Nur die Achterleine war auf Kurz am Ponton fest. Ich dampfe rein und schiebe mit dem Bugstrahlruder weg vom Ponton und löse die Achterleine. Und da passiert der Worstcase dieses Ablegemanövers. Die Achterleine verschlingt sich mit einem halben, leinenenselbstgemachten halben Schlag auf der pontonseitigen Klampe. Shit Happens! Ich fahre langsam wieder an den Ponton und bemühe mich den Knoten, den ich mit 2 ktn Fahrt und 8 Tonnen festgezogen habe zu lösen. Es dauert eine Weile aber ich bin erfolgreich. Dann endlich gelingt mir das Ablegemanöver.
Ich fahre in die Mitte des Hafens und verpacke die Fender und die Festmacherleinen und ziehe das Großsegel hoch, gleich mit Reff 1.
Und dann geht es raus auf die Nordsee. Ich rolle die Fock aus, auch leicht gerefft. Es ist ganz schön Knatter und Welle, 18 Ktn Wind und aus OSO. Nicht gut für mich diese Windrichtung. Nach Bremerhaven würde ich auf geraden Kurs, hoch am Wind, kommen. Aber ich möchte nach Cuxhaven.
Also ist Kreuzen gegen den Wind angesagt. Abends zähle ich, 14 Wenden bin ich gefahren, bis ich auf geraden Kurs Richtung Fahrwasser Süderelbe segeln kann.
10:45 Uhr bin ich am Fahrwasser und fahre dann ohne Segel mit Maschinenkraft parallel zum Fahrwasser auf der grünen Tonnenlinie gegen den Wind mit zwei Knoten Strom von achtern. Immerhin, ich mache in der Welle 5 ktn ü.G. durch den Strom von achtern.
13:15 Uhr komme ich an die Stelle in der Süderelbe, wo die Norderelbe runterkommt. Ich denke ich hätte doch die Norderelbe runterfahren sollen, dann wäre ich auch die 5…6 Meilen bis hierher gesegelt. Na, jetzt wo der Kurs weiter südlicher geht setze ich die Segel auch noch mal und segle die letzten 5 Meilen bis Cuxhaven um die Wette mit der Großschifffahrt. Gegen die bin ich aber der Verlierer. Ich fahre 6 ktn ü.G., die fahren 15 ktn.
14:00 Uhr berge ich die Segel und bereite das Schiff für das Anlegen vor. Ich überlege, folge ich der Empfehlung von Ben und gehe in die Marina im Amerika Hafen, oder fahre ich in die Cuxhaven Marina ein. Ich entscheide mich für letzteres und lege 14:15 Uhr an. Zwei Schiffsnachbarn helfen mir und nehmen die Leinen ab. Pos 53°52‘504 N, 8°42‘328 O.
Ich bin fertig, aus den 25 Meilen von Helgoland nach Cuxhaven sind durch das Kreuzen 45 Meilen geworden. Ich kann eben nicht genug bekommen.
Die Restkraft reicht für ein Bier und einen Whiskey und ich lege mich hin. Ich schlafe bis 19:00 Uhr, erst dann mache ich mir ein leichtes Abendbrot und lasse den Abend ausklingen und höre mir die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen an.