Tag 120, 9. September 2024, Kiel (D) – Großenbroder Fährhafen (D), 43 nm
Die letzte Woche meiner großen Reise ist angebrochen. Und die beginnt mit Regen. Es war so heiß die letzten Tage. Da sind der Regen und die Abkühlung gut.
Ich beginne den Tag mit Wecken 6:00 Uhr. Das Frühstücksritual ist wie jeden Tag, Frühstücksei, Toast… Einzig, das Wasser für den Kaffee muss ich auf Gas kochen. Der elektrische Wasserkocher hat seinen Geist aufgegeben. Aber jetzt am Ende der Reise brauche ich auch kein CampingGaz mehr sparen.
Vor dem Losfahren baue ich noch das Bimini als Regenschutz auf. 7:30 Uhr lege ich ab. Es ist diesig und schlechte Sicht. Mit Maschinenkraft fahre ich bis Höhe Laboe. Hier setze ich 8:40 Uhr Großsegel und Fock.
Der Wind ist günstig, kommt mit 10…12 ktn aus Nordwest. Der Motor ist aus und das Schiff zieht an unter Segeln. Und der Regen hat aufgehört. Aber es ist merklich kälter. Ich ziehe mich erst mal warm an, lange Unterhosen, Pullover und darüber Nasszeug.
Ich halte zu auf die westlichen gelben Tonnen des Schießgebietes Und prompt funken mich die „Leichtmatrosen“ unserer berühmten und tapfereren Bundesmarine auf CH 16 an: Sailing Vessel All Right Two, das zweimal. Ich antworte und die bitten auf CH 11 fortzusetzen. Und hier auf CH 11 deren übliche Ansprache: das Schießgebiet ist für alle Wasserfahrzeuge von 9:00 Uhr bis 17:00 Uhr gesperrt und ich solle mich außerhalb der Betonnung halte, dh“ Gelbe Tonnen an Steuerbord. Ich bestätige und kann mir nicht verkneifen noch zu sagen „aber wo Steuerbord ist, müsst ihr mir noch erklären“ und verabschiede mich. Solche Ansprachen höre ich nun jedes Mal wenn ich aus Richtung Kiel komme oder dorthin fahre. Den ganzen Tag höre ich keinen Schuss im Schießgebiet, welches ich dann endlich 13:30 Uhr umfahren habe. Offenbar ist denen die Munition ausgegangen, alles an die Ukraine und nach Israel verschifft!
Auf jeden Fall hatte ich Glück mit dem Wind aus Nordwest, brauchte nicht kreuzen Richtung Fehmarn Sund. Das hatte ich dann auch schon in der Vergangenheit!
Immer mehr bläst der Wind von hinten und wird immer stärker, 18…20 ktn. Das Focksegel rolle ich ein und schiebe mit 6…7 ktn vor dem Wind Richtung der Brücke über den Fehmarn Sund.
15:20 Uhr, kurz vor der Brücke starte ich den Motor, fahre das Schiff gegen den Wind und berge das Großsegel.
Ich fahre ein in den alten Großenbroder Fährhafen. Im inneren Hafen sind nur Boxen frei, die für mich zu schmal sind. Mist, ich fahre zurück in den Außenhafen und hier finde ich auf der Westseite eine Box, die einigermaßen passt. Gott sei Dank!, exakt gegen den Wind. Ich lege an bei 19ktn Gegenwind, vorwärts und dampfe in die Achterleinen, Stück für Stück, bis ich mit dem Bug am Steg bin und die Vorleinen festmachen kann. Es ist 16:20 Uhr… doch schon so spät… hatte zwischendurch schon daran gedacht gleich bis Warnemünde zu segeln.
Ich bin fest auf Pos 54°23‘662 N, 11°07‘061 O.
Ich bin ganz schön kaputt. Ein Bier und ein Schnaps und es wird nicht besser. Ich mache mir eine Büchse Krautrolladen und Kartoffeln warm und esse. Ich werde immer müder. Ich schaffe noch die Lügennachrichten der Tagesschau um 19:00 Uhr und dann gehe ich in die Koje.
Draußen pfeift der Wind abartig!
Tag 121, 10. September 2024, Großenbroder Fährhafen (D), Hafentag, keine Meilen
Die Nacht pfeift der Wind ununterbrochen. Bis 1:00 Uhr höre ich das nicht, aber dann muss ich pinkeln und danach höre ich trotz Schlaf den Wind und das Rucken der Festmacherleinen.
Ich wache 6:00 Uhr auf, sehe mir den Windfinder an und entscheide mich im alten Fährhafen von Großenbrode liegen zu bleiben. Für heute ist durchgehen 6 bft angesagt. Obwohl backstags, das wäre kein Problem und ein schneller Kurs bis Warnemünde, aber warum soll ich mir Stress machen.
Also schlafe ich wieder ein und mache mir dann 9:00 Uhr mein übliches Frühstück. Und der Rest des Tages ist Chillen angesagt…
Zum Hafenmeister gehe ich und bezahle für zwei Nächte. Der Spaziergang dorthin ist eine Abwechslung. Die junge Hafenmeisterin erzählt mir, dass die Probebohrungen für den Tunnel neben der Fehmarn Brücke stattgefunden haben, aber es wird wohl noch viele Jahre dauern, bis der Tunnel nach Fehmarn und weiter nach Dänemark gebohrt ist.
Ich unterhalte mich noch mit Urlaubern aus Berlin, die haben in Großenbrode ein Hausboot gemietet.
Viel mehr gibt es nicht zu berichten, außer, im Laufe des Tages wird der Wind immer stärker. Meine Entscheidung zu bleiben war bestimmt nicht ganz falsch.
Und auch dieser Tag vergeht…
Tag 122, 11. September 2024, Großenbroder Fährhafen (D) – Warnemünde (D), 37 nm
Wie vorhergesagt ist der Morgen verregnet. Es ist diesig. Ich mache mich fertig für das Ablegen. Das üblicher Ritual, Frühstück, Navigationsgeräte einschalten, Satellitentracker einschalten, Steckschoten verpacken, Großfall anschlagen, Spifall festmachen und heute auch gleich die Fender verstauen…
7:45 Uhr geht es los. Es ist ein bisschen tricky. Ich bin eigentlich eingeklemmt zwischen zwei anderen Schiffen und die Dalben stehen auch auf 3,75 Meter, ich bin 3,80 Meter dick. Also Vorleinen los und die Lee-Achterleine. Dann Rückwärtsgang auf langsam und an der verbleibenden Achterleine zum Luv-Dalben ziehen und jetzt auf den Freibord und den einen Dalben drücken so gut ich kann. Und langsam kommt das Schiff frei, ich bin raus!
Ich fahre raus aus dem Hafen und das ist eng hier im alten Fährhafen von Großenbrode. Vor der Ausfahrt ist ein Flach, gekennzeichnet mit einer roten Boje, das kann ich rechts und links umfahren. Ich fahre linksherum, wie ich reingekommen bin. Und prompt fahre ich mich erst mal im Schlick fest. Der Wasserstand ist sehr niedrig, sicherlich ist das der Grund, die Seekarte zeigt eigentlich 2 Meter Tiefe. Na, ich komme schnell wieder frei und fahre Richtung Fehmarnsund-Fahrwasser nach Osten.
Raus aus dem Fahrwasser auf der Ostsee setze ich das Großsegel. Erst mal ist wenig Wind und ich lasse die Maschine noch eine Stunde mitlaufen. Dann ist der Regen vorbei und der Wind kommt und ich segle bei glatter See. Der Autopilot übernimmt meinen Job. Es ist 8:25 Uhr.
9:00 Uhr höre ich auf Kanal CH16 das mein Schiff gerufen wird. Ich antworte und man bittet mich auf CH 06 zu gehen. Ich gehe auf CH 06. Es meldet sich die Segelyacht „French Connexion“. Der Skipper fragt, ob ich auch Richtung Rostock segle. Ich bestätige. Er sagt mir, er hat Probleme mit seinem Motor gehabt und es ist gut jemanden in der Nähe zu wissen… Was soll’s, jetzt bin ich Kindermädchen auch wenn ich denen nicht wirklich helfen kann. Ich denke, wenn solche Probleme vor einem Hafen sind, ruft man Bremen Rescue und die vermitteln das nächste SAR Boot. Sachen erlebt man auf dem Meer…
Ich segle und der Wind nimmt weiter zu, je näher ich an Warnemünde komme. Der Wind kommt immer mehr von achtern. Die Fock rolle ich 11:20 Uhr ein, brauche ich nicht mehr, die ist im Schatten vom Großsegel.
12:30 Uhr geht der Wind immer über 20 ktn… Ich baue in das Gr0ß Reff 1 ein. Jetzt geht es ein unmerklich langsamer, aber das Schiff lässt sich besser auf Kurs halten. Die Welle wird immer höher. Es ist eine satte Fünf (5bft).
Im Reede Gebiet vor Warnemünde denke ich hat die Welle 1,5…2 Meter von achtern. Die schiebt ganz schön.
14:00 Uhr, eine Meile vor der Hafeneinfahrt berge ich das Großsegel. 14:30 Uhr lege ich an im alten Strom, längsseits. Pos 54°10‘883N, 12°05‘265 O.
Im Hafen schwitze ich, die Sonne scheint und ich muss mich der warmen Sachen entledigen. Dann trinke ich meinen Anleger.
Dann suche ich den Hafenmeister. Vor zwei Jahren war ich hier das letzte Mal. Der ist umgezogen. Der Hafen ist zu einer schönen Marina ausgebaut.
Dann wandere ich zum „Wenzel“, ein böhmisches Restaurant. Heute ist Böhmischer Abend mit Knödeln, Sauerkraut und Schwein und Bier und Sliwowitz.
Tag 123, 12. September 2024, Warnemünde (D) – Barhöft (D), 39 nm
Ich bin schon 6:00 Uhr wach. Dennoch, ich nehme mir viel Zeit, oder besser ich bewege mich mit einem Wirkungsgrad, der gegen Null geht.
9:00 Uhr lege ich bei schönstem Sonnenschein ab. Das Schiff ist außen voll Niederschlag. Es muss kalt gewesen sein die Nacht über und es ist auch jetzt trotz der Sonne noch frisch. Ich habe lange Hosen an und auch sonst bin ich warm angezogen.
9:10 Uhr bin ich raus aus der Einfahrtsmole von Warnemünde und setze Groß und Fock. Aber es ist wenig Wind. Ich unterstütze mit Maschine.
Entlang geht es der Dars Küste, mehrmals stoppe ich die Maschine und segle richtig. Aber es geht nicht wirklich vorwärts.
10:30 Uhr reicht es mir. Ich überwinde mich und schlage den Code Zero an. Wind habe ich 8…10 ktn. Na es funktioniert. Zumindest eine Stunde. 11:30 Uhr rolle ich den Code Zero wieder ein und fahre mit Groß und Maschinenkraft bis Darser Ort, Westtonne.
Hier oben bläst der Wind ein bisschen anders. Ich rolle den Code Zero wieder aus und die Fahrt geht mit 4,5…5 ktn Richtung Hiddensee, nach Osten.
An Steuerbord querab sehe ich die Baustelle der neuen Marina. Die sollte eigentlich schon fertig sein. Aber wie alles in Deutschland wird es später.
15:00 Uhr stelle ich die Segelversuche endgültig ein. Es sind noch 16 Meilen bis Barhöft. Dort habe ich mich mit Moni und Ecki verabredet. Ich muss mindestens 5 ktn fahren um 18:00 Uhr dort zu sein. Wir wollen gemeinsam Abendbrot im Restaurant essen.
17:15 Uhr bin ich im Gellen Fahrwasser. Und 18:00 fahre ich in den Hafen von Barhöft ein. Moni hatte mir schon über Telefon angesagt, das an den Pontons mit den Fingern Platz ist und so lege ich rückwärts zwischen den Fingern an. Pos 54°26‘062 N, 13°01‘976 O.
Moni und Ecki begrüßen mich herzlich. Als Anleger und zur Begrüßung gibt es diesmal kein Bier und keinen Schnaps, sondern eine Flasche Sekt. Und schnell bewegen wir uns zum Restaurant „Portofilo“. Wir haben den Tisch für 19:00 Uhr bestellt.
Tag 124, 13. September 2024, Barhöft (D) – Gustow (D), 20 nm
Heute ist der letzte Tag meiner großen Reise! Und ich segle noch mal gemeinsam mit Moni. 9:00 Uhr legen wir ab. Viel Wind ist erst mal nicht, dennoch wir setzen das Großsegel.
Richtung Stralsund werden wir dann richtig schnell. Der Wind kommt von achtern.
11:00 Uhr sind wir in Stralsund. Wir legen noch mal in der Stadtmarina an. Es sind noch fast anderthalb Stunden bis zum Brückenzug. Es gibt ein kleines Mittagessen.
12:30 Uhr macht die Brücke mit Verspätung auf, der Grund sind wohl die beiden verspäteten Züge.
Durch die Brücke durch, dann die Überraschung. Thomas und Ecke warten auf der Motoryacht „Time Bandit“ auf uns und begrüßen uns mit Sirene. Ich ziehe alle Gastlandflaggen hoch, der Länder und Inseln die ich/wir angesteuert haben.
Mit Volldampf geht es in den Heimathafen. Hier die nächste Überraschung. Meine Box ist gesperrt, blockiert mit einer schwimmenden Lobsterfalle, gebastelt von Ecki auf Basis der Idee von Hape, ausgebracht von Mario und Ecki. Eine wirkliche Freude für mich. Und endlich, nachdem Ecki und Mario den Leinensalat entwirrt haben fahre n wir ein in die Heimatbox.
Eine herzliche Begrüßung folgt und dazu gibt es ein paar Getränke. Den nächsten Anleger trinken wir dann bei Henry in der Kneipe.
Tag 125, 14. September 2024, Gustow (D), Begrüßungsfeier, keine Meilen mehr
Heute ist kein Segeltag mehr. Das Schiff liegt sicher im Hafen. Heute ist Party. Ab 16:00 Uhr gibt es dann Kaffee, Pflaumenkuchen, Bier vom Faß, Schnaps, Wein und andere Getränke, Räucheraal, Räuchermakrele, Thüringer Bratwürste, und kleine Schweinesteaks.
Und ich, der Skipper berichte über meine Reiseroute und das eine oder andere Erlebnis.
Bleibt mir nur noch zu danken, allen denen die an der Party teilgenommen haben. Dank auch der Moni, die das Essen vorbereitet und den ganzen Abend serviert hat. Danke auch an Henry für die Bereitstellung des Biers und der Zapfanlage… Bedanken möchte ich mich für das Schöne Bild welches mir zum Andenken an meine Reise überreicht wurde. Danke auch für die originelle Idee mit der Lobsterfalle, welche meine Box im Hafen blockiert hat. Und ich bedanke mich für die vielen Begrüßungsgeschenke!
Summary
Abreise 13. Mai 2024, Rückkehr 13. September 2024
124 Tage weg von zu Hause. 76 Segeltage, 48 Hafentage für Ausflüge und zum Ausruhen.
2852 Seemeilen, davon 568 nm mit meinem Sohn Robert und 367 nm mit Moni. 27 nm mit Tochter Frauke und Enkelin Greta, Enkel Alfred. Einhand 1890 nm.
Binnenfahrten: Caledonian Canal 57 nm, Staande Mastroute 62 nm, NOK 60 nm
Bereiste Länder: Dänemark, Schweden, Norwegen, Großbritannien, Irland, Frankreich, Belgien, Niederlande
Motorstunden 328h, bezogen auf die 76 Segeltage: 4 h/Tag