Tag 19, Montag, 18. August 2025, Riga (LT) – Skulte (LT), 30 nm
3:30 Uhr werde ich wach, bin gestern zeitig schlafen gegangen. Aber es ist wie immer, bevor ich wieder auf Reise gehe. Ich werde mindestens eine halbe Stunde vor dem Weckerklingeln wach. Draußen ist es noch dunkel. Ich lasse mir Zeit beim Frühstücken.
5:35 Uhr lege ich ab, es ist jetzt hell aber kühl, fast herbstlich. Habe auf dem Schiff auch viele Herbstblätter liegen, die der Wind im Hafen Andrejosta in Riga auf mein Schiff geweht hat. Die Fender und Festmacherleinen sind verstaut. Ich fahre die Düna/Daugawa flussabwärts. Heute habe ich einen halben Knoten Strom von hinten. Ca. 7 Meilen geht es bis zur Rigaer Bucht. Je näher ich an den Ausgang in die Bucht komme, umso höher wird die Welle, die von der Bucht einläuft.
Der schiebende Strom der Daugawa gehört der Vergangenheit an. Ich fahre kurz nach 7:00 Uhr durch die Molenköpfe der Hafeneinfahrt. Junge, Junge, was für eine Welle, dass Schiff springt auf und nieder. Immer wieder stoppt das Schiff in der Welle auf, wenn es mit der Nase in die nächste Welle rammt. 7:20 Uhr bin ich durch, draußen in der Rigaer Bucht und setze das Großsegel. Die Genua rolle ich nur auf Fockgröße aus. Der Wind ist günstig. Wenn der so durchhält komme ich bei 30°…40° an den Wind und bis in das 40 Meilen entfernte Salacgriva. Da soll eine ganz gute Marina sein.
Ich habe ganz schöne Welle schräg von vorn und meinen Kurs von um die 15° kann ich eine ganze Weile halten und komme so mit 5…6 ktn ü.G. voran. 8:10 habe ich etwa 5 Meilen versegelt, seit meiner Ausfahrt aus dem Fluss.
Aber seit 9:00 Uhr dreht der Wind immer mehr, höher komme ich nicht ran und falle dadurch mit meinem Kurs immer weiter nach Osten ab. Ich müsste eine Wende fahren, um Höhe zu gewinnen. Aber kreuzen mit der Genua? Jetzt könnte ich meine Selbstwendefock gebrauchen… aber es ist immer das falsche Segel angeschlagen. Also fahre ich einen Bogen nach Osten und muss mein Tagesziel ändern. Ich werde den nächsten Hafen, Skulte, anlaufen. Ich falle immer weiter ab und werde immer schneller, zwischenzeitlich 7 ktn und mehr ü.G.
Ich sehe dunkle Wolken. Es fängt an zu regnen, Autopilot an und ich ziehe mir erst mal Nasszeug an. Die Wolken können zwei Sachen bewirken, entweder der Wind geht hoch oder runter. Und jetzt wird der Wind immer weniger, es ist 10:00 Uhr. 10:40 Uhr berge ich die Segel und fahre die verbleibenden 4 Meilen bis zur Hafeneinfahrt des Holzhafens Skulte.
11:30 Uhr lege ich an. Der Hafenmeister will helfen beim Anlegen. Ich rufe ihm zu die Spring vom Anlegefinger zu greifen und fest belegen auf der Klampe am Finger. Aber er nimmt die Achterleine und zerrt die irgendwie durch den Heckkorb… na professionell ist anders. Bei mir kommt der Ekelalfred durch. Aber nachdem ich alles korrigiert habe und ordentlich rückwärts festliege trinke ich mit dem Hafenmeister ein Versöhnungsbier.
Der Hafen hat einlaufenden Schwell und das Schwimmponton geht hoch und runter. Die Leinen rucken. Ich baue Ruckdämpfer ein. Na mal sehen, wie die Nacht wird.
Ich wandere in den kleinen Ort. Nichts los hier. Ich kaufe Toastbrot und Müllbeutel. Na wenigstens bin ich mal ein bisschen gelaufen, das Wetter ist ja inzwischen auch viel besser.
Inzwischen ist ein anderes Segelboot eingelaufen. Es ist der Patrick aus Irland mit der kleinen Segelyacht „Täpike“. Er lag im Rigaer Hafen vor mir und wir hatten uns schon bekannt gemacht. Er hat den Hafen in Riga nach mir verlassen und berichtet mir wie sein Schiff sich in der Flußmündungswelle festgefahren hat. Sein Schiff ist kürzer und hat eine viel schwächere Maschine.
Und ich entscheide mich am Nachmittag das Vorsegel zu wechseln. Es ist wenig Wind im Hafen, ich rolle die Genua aus und lasse die erst mal eine Stunde im leichten Wind stehen und trocknen. Den Patrick bitte ich mir beim Zusammenlegen der Genua zu helfen. Das Focksegel ist schnell angeschlagen. Dann sitze ich noch bei einem Bier mit dem Patrick auf meinem Schiff. Er ist aus Irland, Donegal und fährt normalerweise auf einem Irischen Fischtrawler vor der Afrikanischen Küste. Aber er macht eine Auszeit in Estland. Er hat hier seine Lebensgefährtin.



Tag 20, Dienstag, 19. August 2025, Skulte (LT) – Insel Kihnu (EST), 53 nm
Die Nacht ging eigentlich. Ich schlafe ziemlich durch. Ich bin aber doch schon 4:00 Uhr wach, das Rucken der Festmacher ist stärker geworden. Ich nutze die Situation, den der frühe Wurm…Ich frühstücke wie üblich, ein Ei und zwei Toastscheiben, meinen Magenfeintee und zwei Tassen Kaffee.
5:40 Uhr ist es hell und ich lege ab. Im Hafenbecken verstaue ich noch Fender und Festmacherleinen. 5:45 Uhr will ich rausfahren aus dem Hafen, aber da Läuft der Holzfrachter „Novalis“ ein und versperrt die Ausfahrt. Er fängt an zu drehen im Hafenvorbecken und da komme ich mit Vollgas kurz hinter seinem Heck durch.
Es ist anfangs nicht so viel Welle, der Wind um die 10 ktn. Ich setze Groß und Fock. Und gehe in den Wind. Wie hoch komme ich ran an den Wind, der kommt aus NW. Eigentlich habe ich mit der Insel Ruhnu als Ziel geliebäugelt, aber das lässt der Wind nicht zu. Dahin kreuzen möchte ich nicht. Also setze ich einen Nordkurs ab und visiere die Insel Kihnu, 50 Meilen entfernt an. Und es geht los.
Es geht an der Ostküste der Rigaer Bucht, fast parallel entlang. 6:10 Uhr beobachte ich den Sonnenaufgang am Ufer. Es geht ziemlich zügig voran. 9:20 Uhr habe ich 20 Meilen versegelt. Ich habe fast halben Wind. Es ist ein angenehmes Segeln. Ab und zu lasse ich mich vom Autopiloten ersetzen, aber die Welle kommt ziemlich aus West, immer fast von der Seite. Da rollt das Schiff und der Autopilot hat dann ständig zu korrigieren. Handbetrieb ist angesagt.
10:15 Uhr habe ich die halbe Strecke des Tages zurückgelegt. 11:05 Uhr – 30 Meilen, 12:50 Uhr – 40 Meilen. 14:45 Uhr sind 49 Meilen versegelt. Ich bin kurz vor der Insel Kihnu. Ich berge die Segel.
Ich sehe eine Fähre, die vom Festland die Insel ansteuert. Ich bereite das Schiff zum Anlegen vor. Ponton mit Fingern erwarten mich. Ich schaue mir so etwas vorher immer in Google maps, Sattelit, an. Ich werde Rückwärts rangehen. Ich muss mich beeilen, will vor der Fähre im Hafen angelegt haben. Also gebe ich Gas.
15:30 Uhr habe ich angelegt. War wie ein Heimspiel, habe mich vom Wind zwischen die Finger treiben lassen. Der Hafen ist fast leer. Die Saison geht zu ende. Die Hafenmeisterin erscheint am Steg, um zu helfen, aber ich bin schon fertig. Mit gebrochenen Deutsch versucht sie mir zu erklären wie weiter. Sie sagt, sie muss sich erst um die Fähre kümmern und dann soll ich 16:30 Uhr zu ihr ins Büro kommen. Ich wiederhole die Uhrzeit auf Russisch und sie ist sichtlich erleichtert, den Russisch sprechen ist für sie ein Heimspiel, Deutsch und Englisch dagegen mehr als stolperig.
Und ich unterhalte mich lange mit der Hafenmeisterin. Sie erzählt mir über die Insel und sie erzählt mir, dass die Einwohner auf der Insel noch die historischen Trachten tragen, die sie im Winter selbst nähen. Sie gibt mir Empfehlungen was ich mir morgen ansehen sollte. Und wir unterhalten uns über Politik und ich höre heraus, dass sie auch ihre Zweifel an dem westgemachten Russenhass hat. Sie erzählt mir ihr Vater ist Este, ihre Mutter Lettin und sie nutzen auch die russische Sprache zur Verständigung.
Dann bezahle ich. Und eine Übernachtung kostet 35€ und der Landstrom nochmals 5€. Dusche und WIFI kostenlos, aber Sauna 35€/Stunde. Ganz schön teuer. Auf die Sauna verzichte ich… Na es wird alles immer teurer. Aber die Marina ist First-Class. Ich bezahle für zwei Tage.







Tag 21, Mittwoch, 20. August 2025, Insel Kihnu (EST), Hafentag, keine Meilen
Heute, wie an jedem Hafentag, ist Ausschlafen angesagt. Na bis 8:00 Uhr halte ich durch. Nach dem Frühstück mache ich erst mal ein bisschen Statistik. Bisher bin ich 678 Meilen unterwegs! Ich denke in Tallin, spätestens in Helsinki, werde ich die erste Tausend vollmachen. Es war bisher eine schöne Segeltour. Mein längstes Etmal war von Gotland nach Lettland, 89 nm. Die kürzeste Tagesstrecke war nur 17 Meilen kurz. Der Tagesdurchschnitt war an den 15 Fahrttagen 45 Meilen. 15 Fahrttage heißt 6 Hafentage zur Erholung, Erkundung und für Museumsbesuche. Soweit die Statistik.
Heute ist Erkundung der Insel Kihnu und Museumsbesuch angesagt. Ich nehme mein Klappfahrrad gegen Mittag und radle los. Die Insel Kihnu interessiert mich. Mein Hafen liegt im Nordosten der Insel. Mit dem Fahrrad radle ich zur Nördlichen Mitte der Insel. Dort ist auf der kleinen Landkarte eine Gaststätte verzeichnet. Natürlich mache ich Halt. Ich trinke immer gerne ein lokales Bier. Es ist Mittag und einen kleinen Hunger habe ich auch. Ich bestelle Fischbulletten mit Spaltkartoffeln und frischem Salat und dazu das lokale Bier…zusammen für 13€. Es war lecker und preiswert.
Weiter radle ich gen Süden. Nächster Halt das Kihnu Museum und gegenüber eine Kirche. Leider ist die Kirche geschlossen, ich fotografiere sie von außen. Nach dem Kreuz auf dem Turm mit dem unten „durchgestrichenen“ Kreuz sollte sie Orthodox sein. Und dann finde ich es raus: Zu Zeiten der Schwedischen Herrschaft waren die Einwohner evangelisch, später dann zu Zeiten der russischen Herrschaft sind die Bewohner 1840 dann zum Russisch-Orthodoxen Glauben übergetreten.
Ich gehe in das Museum. Hier lerne ich das die Insel die Insel der Frauen sei. Die Männer sind Fischer gewesen oder vielleicht noch und immer draußen auf See, die Frauen halten die Häuser in Ordnung, kümmern sich um Landwirtschaft und die Kinder.
Also im Museum wird das Leben auf der Insel gezeigt. Alles ist zusammengetragen, Kleidung, Trachten; Alte Schulpulte, Schulbücher und Klassenbücher; Landwirtschaftsausrüstung; Webstühle; eine Abteilung zeigt Fischereiausrüstung. Auch der Seefahrt ist eine Ecke gewidmet. Und es scheint einen lokalen Maler gegeben zu haben und seine Gemälde werden gezeigt. Eines ist besonders markant, es zeigt ein Brustbild des US-Präsidenten Kennedy vor dem Kapitol.
Und im Museum kann ich endlich Briefmarken kaufen. In Riga hatte ich keine bekommen. Ich möchte meinen Enkeln schreiben.
Weiter radle ich zur Südspitze der Insel. Ich möchte den Kihnu Leuchtturm, auf Estnisch Kihnu Tuletorn, sehen. Nach einer halben Stunde bin ich da und bin erst mal enttäuscht. Alles umzäunt. Aber ich wandere herum und der Eingang für Besucher ist auf der Südseite. Und ich kann den Leuchtturm besteigen. Herrlicher Ausblick von hier oben, 28 Meter ist er hoch. Runter zu zähle ich die Stufen, 122. Der Leuchtturm ist aus Eisengussteilen in England gefertigt und 1863 errichtet. Der Turm ist in einem 1A-Zustand. Über den Leuchtturm schreibe ich noch eine extra Geschichte mit etwas mehr Informationen. Das habe ich auch 2018 über den Leuchtturm auf der estnischen Insel Ruhnu gemacht.
Ich radle zurück auf der östlichen Straße nach Norden Richtung Hafen. Unterwegs sehe ich hübsche Häuser, viele in Top-Zustand und restauriert und schön gestrichen, richtig skandinavisch. Der Rückweg führt durch Laubwald und ausgedehnte Flächen von Wachholder. Auf dem Weg nach Süden, in der Mitte der Insel waren es Kiefern und später Birken.
Und ich beobachte die Autopopulation. Neben den üblichen Westautos fahren hier noch Lada, Samara, Saparoshez und Niva, Reste der Sowjetunion.
15:30 Uhr bin ich zurück am Schiff. Ich denke 12…15 km war ich unterwegs. Die Bewegung hat mir gutgetan.
Im Hafen ist inzwischen ein weiterer Segler. Es ist die SY „Täpike“. Ich unterhalte mich mit dem Patrick. Er hat zwei Tage bis zur Insel gebraucht.



















Tag 22, Donnerstag, 21. August 2025, Insel Kihnu (EST) – Heltermaa, Insel Hiumaa (EST), 58 nm
Ich lege 8:15 Uhr ab. Es ist schön, die Sonne scheint aber es weht kein Wind. Im Moment stört mich das noch nicht, ich muss etwa 5 Meilen einem betonnten Fahrwasser nach Osten folgen. Steuerbord und Backbord ist es flach. Gegen 9:00 Uhr bin ich im freien Wasser. Ich setze Großsegel und Fock, aber wozu? Es weht kein Wind…1 ktn, da geht kein Segeln. Ich nutze die Maschine und lasse die Segel stehen. Wer weiß, vielleicht kommt noch Wind.
10:10 Uhr notiere ich im Logbuch: 10 Meilen verfahren und weiter kein Wind.
11:40 Uhr kommt eine Briese auf. Ich stoppe die Maschine aber bei dem bisschen Wind komme ich auf 3 ktn ü.G. Nach einer Weile endet meine Geduld und ich starte den Motor wieder. Und ich notiere 12:20 Uhr: 20 Meilen geloggt, 13:41 Uhr sind es 30 Meilen.
Plötzlich, 15:00 Uhr dann Wind aus 90°. Super, Motor aus und nach 47 Meilen mit Maschinenkraft endlich segeln mit 5ktn Fahrt ü.G. Aber der Spaß dauert nur eine halbe Stunde. Dann kommen dunkle Regenwolken an. Die bedeuten üblicherweise mehr Wind oder wenig Wind. In meinem Falle ist der Wind fast weg. Jetzt reicht es, ich berge die Segel und das im rechten Moment, es fängt an zu regnen, schütten ist besser. Ich baue noch schnell das Bimini auf um trocken zu bleiben. Den Autopiloten schalte ich an und ziehe mir Nasszeug an.
Zwischendurch hört der Regen Kurz auf. Ich habe 50 Meilen Maschinefahrt hinter mir und nutze die Regenpause und bringe Fender aus und bereite die Festmacherleinen vor. Und nachdem ich damit fertig bin setzt wieder Starkregen ein. Aber es ist jetzt nicht mehr weit bis zum Hafen Heltermaa auf der zweitgrößten estnischen Insel Hiumaa.
Über ein betonntes Fahrwasser erreiche ich den Hafen und lege 18:40 Uhr an. Der Regen hat aufgehört und ich trinke meinen obligatorischen Anleger.
Ich bezahle die Hafengebühr, wieder 40€, aber es ist Landstrom, Sanitär und Sauna eingeschlossen.
Und nach einem kleinen Imbiss an Bord gehe ich in die Sauna. Wunderbar, das hat mir bisher gefehlt. Das letzte Mal Sauna war in Kalmar in Schweden.
Gegenüber am Steg, Heck an Heck liegt eine finnische Motoryacht aus Helsinki. Mit den Leuten unterhalte ich mich eine ganze Weile. Der Mann erzählt mir, dass er mit der Motoryacht früher auch in St.Petersburg in Russland war und er auch den Saime Kanal befahren hat. Alles Vergangenheit. Alle Grenzen sind zu von Finnland nach Russland… schlimm.
Es fängt wieder an zu regnen. Ich setze mich in den Niedergang und schaue dem Regen bei einer Zigarre und einem Drink zu.




Tag 23, Freitag, 22. August 2025, Heltermaa, Insel Hiumaa (EST) – Haapsalu (EST), 17 nm
Ich schlafe heute bis 8:00 Uhr. Ich nehme mir Zeit beim Frühstücken. Ich habe heute eine kleine Strecke vor mir und Wind ist ja auch wieder keiner, aber dafür scheint die Sonne und es ist schon am Morgen ganz warm.
10:15 Uhr lege ich ab. Es geht in fast gerader Fahrt von West nach Ost. Es geht von der Insel Hiumaa durch betonntes Fahrwasser, dann in der Mitte über freies Wasser. Eine Fähre kommt von hinten, eine kommt mir entgegen.
Und wieder geht es gerade in ein betonntes Fahrwasser. Das wird auch von den Fähren genutzt. Ich biege dann ab und folge weiter der Betonnung im Zick Zack bis zur Marina in Haapsalu.
13:30 Uhr lege ich in der Grand Holm Marina an. Das war eine kurze Reise! Ich bezahle beim Hafenmeister und dann bereite ich mir ein spätes Mittagsessen, Eisbein mit Kartoffeln und Sauerkraut.
Und dann gehe ich in die Sauna… Das war‘s für heute.






Tag 24, Sonnabend, 23. August 2025, Haapsalu (EST), Hafentag, keine Meilen
10 Stunden Schlaf gehen immer, wenn am nächsten Tag nichts anliegt. Ja heute ist wieder Hafentag. Ich bin in Haapsala wo ich mit Moni 2018 war. Lang ist es her. Mal sehen, ob ich mich an alles erinnern kann.
10:00 Uhr etwa steige ich auf mein Fahrrad und radle los. Erst mal fehlt mir ein bisschen die Orientierung. Aber dann finde ich den Weg von der Marina, entlang eines kleinen Binnensees Richtung Stadt. Es ist kalt, Temperatur 13°C, gefühlt 11°C, so steht es im Internet. Trotzdem, ich habe mich warm angezogen und radle vorwärts.
Ich komme eine Straße rein, ganz in der Nähe der Haapsal Burg. Da ist ein Restaurant, das kommt mir bekannt vor. Aber so zeitig am Tage ist mir noch nicht nach Restaurant, vielmehr suche ich die Seepromenade. Und ich finde die. Sehr schöner Park hier und ein schöner Ufer Pavillon. Ich suche nach der Bank mit dem Portrait von Pjotr Tschaikowsky. Und ich werde fündig, mache erst mal ein Selfie mit dem alten Komponisten. Dann radle ich die Promenade vollständig ab.
Ich schaue mir zwei Kirchen an. Zuerst die Maria Magdalena Kirche, Russisch-Orthodox. Die ist leider geschlossen. Dann ein paar Straßen weiter die St.Johns Kirche. Die ist offen, ich schaue hinein, sehr schlicht, eben evangelisch. Draußen ist ein Schaukasten. Alle Pastoren der Vergangenheit sind dort abgebildet. Alle haben Deutsche Namen, bis auf die letzten zwei, die haben Estnische Namen.
Weiter radle ich zur Burg. Ich kaufe mir ein Ticket für das Museum und die Kathedrale. Als wir in 2018 hier waren, war alles unter Rekonstruktion. Jetzt ist es ein wunderschönes Museum. Innen gehen Treppen hoch zu den Türmen und da gibt es ein schönes Kaffee auf einer Terrasse. Ich trinke einen Cappuccino und esse ein kleines Stück Kuchen.
Das Museum berichtet mir, dass 1218 der Levonian Orden die Region hier christianisiert hat. Da fällt der Name Hermann der erste und weiter Bischof Ösel- Wieck. Ich erinnere mich, irgendwann ist der Bischofssitz von Kuresaare auf der Insel Saarema hierher verlegt worden. Und das ist auch deutsche Geschichte. Ansonsten zeigt das Museum auf allen Etagen, was die Archäologen gefunden haben und an Schautafeln wird in Estnisch und Englisch die Geschichte aufgezeigt. Viel Information, ich kann mir das ohnehin nicht merken.
Ich bin hungrig und kehre im Restaurant ein, esse Pelmeni und trinke ein Bier und einen Wodka. Eigentlich ist Scheißwetter draußen und ich könnte mich festsitzen, aber ich raffe mich auf und bezahle.
Mein nächstes Ziel ist der alte Bahnhof von Haapsalu. Haapsalu war ein wichtiger Erholungsort im Russischen Reich. Der Zar kam hierher und Tschaikowsky und auch Aristokraten aus Deutschland. Der Eisenbahnanschluss war wichtig für den Tourismus. Aber irgendwann in der bekloppten Neuzeit hat man die Bahntrasse rückgebaut. Die Bevölkerung hatte protestiert, aber wen interessiert es. Übrig ist der Bahnhof, ein hübsches interessantes Museum. Ich habe früher in 2018 schon eine Geschichte darübergeschrieben.
Draußen regnet es wieder. Ich fahre schnell mit dem Fahrrad zu Supermarkt und kaufe im Trockenen, was mir auf dem Schiff fehlt. Dann radle ich zum Schiff zurück, es reicht.
Angekommen in der Marina schalte ich die Sauna ein. Nach einer Stunde will ich saunieren gehen. Shit, die Sauna ist kalt. Na dann wird das heute nichts…

















Tag 25, Sonntag, 24. August 2025, Haapsalu (EST) – Lohusalu (EST), 49 nm
Ich möchte heute eigentlich nicht weit, nur bis Dirhami. Das ist ein kleiner Hafen, nur 20 Meilen entfernt und liegt richtig am Finnischen Meerbusen. Deshalb lasse ich mir Zeit und stehe erst nach 8:00 Uhr auf. Obwohl ich war schon mal 6:00 Uhr wach, musste Pinkeln und habe ein schönes Foto vom Sonnenaufgang gemacht und mich dann wieder hingelegt.
9:20 Uhr bin ich mit meinen morgendlichen Abläufen soweit, dass ich ablegen kann. Und ausgerechnet jetzt fängt es wieder an zu regnen. Ich lasse das Bimini aufgebaut und bin so einigermaßen vor dem Regen geschützt. Fast eine Stunde lang muss ich mich bei schlechter Sicht durch die betonnten Fahrwasser schlängeln. Motorfahrt ist angesagt.
10:00 Uhr bin ich in freiem Wasser, tief ist es hier überall nicht, 3…5 Meter mit vielen Flachs. Ich setze Großsegel und Fock. Bei 9 ktn Wind geht es hoch ran und das Schiff bewegt sich mit 5 ktn ü.G. nordwärts.
10:40 Uhr bis 11:00 Uhr geht es nochmals durch ein betonntes Fahrwasser. Ich hätte jetzt schon nach Nordost abfallen können, hier ist es 3,5 Meter tief. Aber ich will kein Risiko eingehen und folge der Betonnung nach Norden.
Um Mittag herum, 12:00 Uhr wir der Wind endlich stärker, 11 ktn. Ich setze einen direkten Kurs nach Nordost, Richtung Dirhami ab. 14 Meilen habe ich bisher versegelt und komme gut voran, jetzt fahre ich schon manchmal über 6 ktn ü.G.
13:50 Uhr bin ich Steuerbord kurz vor Dirhami und habe an Backbord voraus die kleine Insel Osmussaar. Und der Wind kommt jetzt plötzlich ziemlich von vorn. Ich muss aufkreuzen, fahre 3 oder 4 Wenden. Das geht ja jetzt wieder einfach, mit der Selbstwendefock. Aber ich schummle auch ein bisschen, um höher ran zu kommen schiebe ich jetzt noch ein bisschen mit Maschine.
Und ich bin Höhe Dirhami, meinem eigentlichen Ziel. Bisher habe ich 25 Meilen geloggt. Es ist erst 14:00 Uhr. Der Dirhami Hafen liegt in einer gottverlassenen Gegend, so weis ich von meiner Reise 2018. Also entscheide ich mich weiter zu segeln, der Wind ist günstig, kommt aus Nordwest und der Tag ist noch jung. Ich segle weiter bis zum nächsten Hafen in 25 Meilen Entfernung: Lohusalu.
15:10 Uhr habe ich 30 Meilen versegelt. 15:50 Uhr habe ich das Kraasi-Flach querab an Backbord. 16:10 Uhr dann das Seezeichen Suur-Pakri querab an Steuerbord. Es geht zügig voran, 17 Uhr sind 40 Meilen versegelt.
Ich fotografiere die felsige Steilküste am nahen Festland. Und dann geht der Wind hoch, von 11…12 ktn auf 20 ktn. Es liegt an der Regenfront, ich sehe einen schönen Regenbogen, nehme mir aber dafür nicht viel Zeit. Ein Foto und dann baue ich schnell ein Reff in das Großsegel.
An Steuerbord sehe ich jetzt mein Ziel für heute. Ich muss noch an einem Flach vorbei und die Nordtonne umfahren, dann falle ich nach Süden Richtung Hafen ab. Ich berge die Segel und bereite das Schiff für das Anlegen vor. Es scheinen einige Schiffe im Hafen zu sein, das bedeutet auf Mooringboje. Es ist windig, ich bereite mich vor, der Mooringhaken liegt bereit… Seitenwind immer Shit! Der Hafenmeister steht bereit und weist mir die Mooringboje 4 zu. Ich kann die Boje ohne Probleme einhaken und setze die Leine zur Boje schnell durch. Der Hafenmeister ruft mir die Entfernung zur Pier zu und greift die Festmacherleinen am Bug und belegt die Luvleine auf einem Poller auf der Pier. Ich stoppe auf und das Schiff ist fest. Perfekt aber ich bin durchgeschwitzt. Ist immer wieder spannend alleine!
Ich genehmige mir ein Bier und schreibe meine Ankunft auf in meinem Logbuch. Dann bezahle ich beim Hafenmeister für zwei Nächte. Morgen soll richtig Knatter sein…das brauche ich nicht. Und der Hafenmeister schaltet mir die Sauna für 21:00 Uhr ein, wunderbar!
Ich bereite mir noch eine leckere Schüsselsülze aus einer Büchse Sauerfleisch mit Zwiebel, gehäckseltem Paprika und saurer Gurke. Gestärkt gehe ich saunieren. Und die Sauna ist wirklich 1A. Schade, niemand zum Schwatzen. Ich bin der einzige Gast im Hafen. Alle anderen Schiffe scheinen Dauerlieger zu sein.
Nach der Sauna versuche ich zu lesen, es bleibt beim Versuch, ich schlafe sofort ein.





