Mit Moni, meiner Frau, war ich 7 Wochen mit der All Right 2 unterwegs, von Ende Mai bis Anfang Juli. Nach 45 Tagen kommen wir am 10. Juli wieder in unserem Heimathafen Gustow an.
Die Kirschen sind reif und auch so war eine ganze Menge im Garten zu tun, obwohl Romeé und Jana den Garten gut in „Schuß“ gehalten haben.
Bis Sonnabend, den 15. Juli halte ich es zu Hause aus. Dann schlage ich vor, noch einmal ein paar Tage zu segeln. Moni will lieber zu Hause bleiben. Wer nicht will, der hat schon…! Ich entscheide mich alleine für 4 Tage zu segeln. Der Wind kommt die Tage aus West, gut für eine Umrundung der Insel Rügen im Uhrzeigersinn.
16.7.2023 Tag 1, Gustow (D) – Lohme (D), 45 nm
Am Vormittag mache ich das Schiff soweit klar. Brauche dafür von 9:00 Uhr bis 11:00 Uhr. Kuchenbude runter, Persenning vom Vorsegel, Code Zero installieren und am Achterstag die Weise Fahne mit dem Roten Punkt: die 1 im Flaggenalphabet, das Zeichen für Einhandsegler. Und nicht zu vergessen, ein bisschen quatschen mit den Schiffsnachbarn, Wolfgang und Undine von der S/Y Regina.
11:00 Uhr lege ich ab, die Sonne scheint. 11:15 Uhr angekommen auf dem Strelasund setze ich Groß und Fock. Ich fahre einige Kreuze und komme unter Segeln bis zur Ziegelgrabenbrücke. Vor der Brücke kreuze und halse ich ein bisschen hin und her. Es ist 12:00 Uhr und die Brücke öffnet erst 12:20 Uhr.
Bis zur Brückenöffnung baue ich auch den Code Zero zurück. Das Segel werde ich nicht brauchen. Es ist zu viel Wind!
12:35 Uhr habe ich die Ziegelgrabenbrücke passiert. Ich segle am Wind Richtung Hiddensee. Mein Ziel ist Vitte auf Hiddensee.
14:30 Uhr kommt mir die M/Y Time Bandit mit Thomas und Viola entgegen. Thomas gibt Hupsignal, ich habe keine Hupe. 45 Minuten später kommt auch noch die M/Y Fortuna mit Motoren-Henri auf Gegenkurs.
Gegen 15:00 Uhr entscheide ich heute bis Lohme weiter zu segeln. Es geht zu gut voran bei dem Wind und das möchte ich nutzen. Außerdem ist es noch zeitig am Tage.
15:30 Uhr biege ich in das Fahrwasser Richtung Wittow und unterstütze mit Motor. Der Wind kommt jetzt glatt von hinten und das geht zu langsam. Aber schon nach 10 Minuten luve ich auf Nordkurs an. Den Motor kann ich wieder ausmachen. Ich segle jetzt am Lippen hoch.
16:40 Uhr habe ich den Darser Ort querab an Steuerbord. Ich segle geraden Kurs nach Nordost ohne die Segelstellung zu ändern und komme wegen dem Wind immer weiter von der Insel Rügen weg. Wenn ich geradeaus auf diesem Kurs weitersegeln würde, wäre ich nach 50 Meilen auf Bornholm. Dahin möchte ich aber nicht. 17:50 Uhr shifte ich Richtung Kap Arkona, ich fahre eine Halse.
Ich dachte mit dieser Halse genug Raum zu haben um am Kap vorbei, Richtung Lohme zu kommen. Nein, ich muss noch zwei Halsen fahren, um das Kap Arkona an Steuerbord zu passieren und dann auf direktem Kurs die letzten 7 Meilen bis Lohme zu segeln. Der Wind hat jetzt zugelegt und ich komme schnell mit fast 7 ktn ü.G. voran.
Im Hafen von Lohme gehe ich vorwärts zwischen die Dalben auf der Molenseite. Ich zähle, es waren noch 4 Plätze frei. Pos 54°35‘088 N, 13°36‘459 O.
Es ist 20:00 Uhr, ich bezahle beim Hafenmeister, trinke meinen Anleger, esse noch ein Würstchen und falle in die Koje.
17.7.2023 Tag 2, Lohme (D) -Swinemünde, 50 nm
Heute will ich einen großen Schlag segeln. 7:30 Uhr treibe ich mich aus der Koje. Schnell frühstücke ich und lege um 8:45 Uhr ab. Es nieselt leicht.
Draußen, vor dem Hafen habe ich 8 ktn Wind aus westlicher Richtung. Ich setze die Segel, Groß und Fock.
9:35 Uhr habe ich Stubbenkammer querab, der Nieselregen ist vorbei. 10:00 Uhr habe ich an Steuerbord den Königstuhl. Ein schönes Ufer und jetzt schön von der Sonne angeleuchtet.
Jetzt setze ich einen direkten Kurs bis Swinemünde ab. Es geht immer geradeaus, 150°, noch 46 Meilen. Der Wind hat zugenommen, 11…12 ktn jetzt. Ich fahre weit über 6 ktn, relativ hoch am Wind. Eigentlich hatte ich mit Halbwind gerechnet.
11:30 Uhr, etwa Höhe Nordperd muss ich nach Nordosten abfallen. Ein großer LNG Tanker, die Sea Pick Hispania (280 m) wird von der Coral Favia (137 m) geleichtert. Sie liegen am Anker, in der Nordperd Reede, jetzt reserviert für LNG Dampfer. Ich notiere mir die Position der Sea Pick Hispania: 54°24‘700 N, 13°47‘670 O. Ich muss nach den neuesten Regeln mindestens 1 Meile Sicherheitsabstand halten. Ich fahre in 1, 5 sm Abstand nördlich vorbei. Der Vorgang wird von einem Schlepper, namens VB Luca bewacht. Der macht dann sicher auch die Anzeige beim Seeschifffahrtsamt, wenn man zu nahegekommen ist. Ich rege mich auf, dass die außerhalbe der zwei vorgeschriebenen Reeden ankern. Werde eine Beschwerde an das Seeschifffahrtsamt senden!
Ich gehe nach dem Ausweichmanöver wieder auf Idealkurs. Die kleine Insel Greifswalder Oie habe ich 13:10 Uhr an Steuerbord querab.
14:00 Uhr geht der Wind weiter hoch, 17…20 ktn messe ich. Ich entscheide mich das Großsegel zu reffen, ab jetzt Reff 1.
16:00 Uhr fängt es wieder an zu nieseln. Der Wind wird weniger. Ich reffe aus, um die Geschwindigkeit zu halten. Ich sehe jetzt schon das LNG Terminal von Swinemünde.
16:30 Uhr passiere ich die Reede vor Swinemünde. Zwischen den Schiffen berge ich die Segel. Die letzten 4 Meilen, hinein in die Swine fahre ich unter Maschine. Eine Fähre überholt mich. Sie kommt aus Trelleborg. Überhaupt, die Polen haben einige Fähren von und nach Trelleborg. Ihre Route führt quasi parallel zu meinem Kurs.
In der Marina angekommen, scheint die Sonne und ich fange an zu schwitzen. Der Seewind fehlt. Die Marina ist voll, übervoll. Ich suche und finde einen Platz längsseits gleich am Hafeneingang gegenüber der Grenzstation, Bordercontroll. Viel Schwell, aber für eine Nacht wird es gehen. Aber lange hält das Glück nicht. Der Hafenmeister bittet mich mein Schiff umzulegen.
Endlich gehe ich dann zwischen Steg 5 und 6 längsseits an eine einsame Polnische Yacht „Ulysse“. Ich liege auf Pos 53°54‘670 N, 14°16‘136 O.
Es ist 17:15 Uhr. Ich muss mich beeilen, will in das Restaurant in der Bastion. Schnell ziehe ich mich um und gehe schnellen Schrittes hin. Die Hafengebühr werde ich erst nach Rückkehr bezahlen.
Das Restaurant „Prachowia“ hat nur bis 20:00 Uhr geöffnet. Die Küche schließt 19:00 Uhr. Ich komme rechtzeitig an und esse mein Lieblingsgericht, Bigos, dazu Bier und Zubrowka.
Nach dem Restaurant irre ich noch ein wenig durch Swinemünde, muss Heets für meine Nachbarn kaufen.
18.7.2023 Tag 3, Swinemünde (PL) – Wolgast (D), 53 nm
Heute geht es über das Stetiner Haff zurück Richtung Heimat. 8:25 Uhr lege ich ab. Es ist noch ruhig im Hafen. Die Schweden, Norweger, Dänen und die vielen Deutschen Segler schlafen noch. Der volle Wohnmobilstellplatz direkt am Hafen ruht auch noch.
Ich fahre die Kaiserfahrt hinunter bis zum Haff. Unterwegs kommen mir zwei Frachter entgegen. Vor mir fährt ein anderer Segler.
Ich passiere die Fährverbindung zwischen Usedom und der Insel Wollin. Es fährt nur noch eine Fähre. Die anderen scheinen eingestellt. Seit Juni ist der Tunnel offen, den ein Chinesisches Unternehmen mit EU Mitteln gebaut hat. Ich wundere mich nur wie schnell das alles ging. Der Planungszeitraum liegt keine 3 Jahre zurück. In Deutschland hätte das sicher ein halbes Lebensalter gebraucht. Unsere Bundesrepublik hat nicht mal eine Anschluss Straße Richtung Deutschland, nämlich die L110 über Zecherin erweitert. Aller Verkehr von und nach Polen Richtung dieses Tunnels nach Wollin geht über die schmale Zecheriner Brücke.
10:00 Uhr verlasse ich die Kaiserfahrt. Ich setze Groß und Fock und von nun an kreuze ich gegen den Wind über das Stetiner Haff Richtung Zecherin.
11:26 Uhr überfahre ich die Polnisch-Deutsch Grenze. Ich erinnre mich, vor Jahren war die Grenze noch mit einer Kette von kleinen gelben Tonnen markiert. Jetzt gibt es nur noch 5…6 Tonnen. Wir sind ja jetzt alle Europäische Union mit einheitlichen Werten – Oder?
Bis zur Einfahrt in die schmale Durchfahrt Karnin, mit der alten verrosteten Eisenbahnhubbrücke, fahre ich 17 Wenden. 15:00 Uhr bin ich da und habe auch die Faxen dicke. Ich berge die Segel und fahre langsam mit Maschinenkraft. Ich habe noch viel Zeit bis zur Brückenöffnung in Zecherin.
Als ich an der alten Eisenbahnbrücke vorbei bin kommen zwei Hotelschiffe aus Polen Richtung Zecheriner Brücke. Die Excelence Corall (CH) und die Katerina von Bora (D). Ich beobachte wie die die Masten runterklappen und die Brücke runterfahren. Sie müssen nicht warten bis zur Brückenöffnung der Zecheriner Brücke. Sie kommen unter der linken Seite der Brücke durch, haben also weniger als 4,50 Meter Höhe.
Von 16:15 Uhr bis 16:45 Uhr muß ich vor der Brücke warten. Einige Segler kommen noch aus Richtung Stetiner Haff und dann kommt auch noch ein Hotelschiff, die Swiss Diamond (CH). Dieses Hotelschiff wartet dann auch auf die Brückenöffnung.
Während ich warte, denke ich nach: warum hat eigentlich die deutsche Regierung Hotelschiffe noch nicht verboten. Die fahren Dieselgetrieben. Eigentlich können sich doch die Leute, die den Urlaub auf diesen Hotelschiffen verbringen auch zu Hause in ihren Gärten oder Wohnzimmern erholen. Na das wird noch, da bin ich zuversichtlich.
Ende dem Denken, die Zecheriner Brücke öffnet 16:45 Uhr und ich beeile mich unter Maschine fahrend die letzten 16 Meilen Richtung Wolgast zu kommen. Ich fahre der Swiss Diamond hinterher. Die mit 7 ktn, ich mit 6 ktn. Segeln wäre auch gegangen, zumindest bis Rankwitz. Aber das ist mir zu langsam und ich möchte in Wolgast ins Restaurant „Zum Speicher“.
Während es auf dem Stetiner Haff bewölkt war, kommt jetzt die Sonne raus. Eine richtig schöne Fahrt bis Wolgast.
In Wolgast angekommen ist die Pier übervoll. Ich gehe an die S/Y Antares längsseits. Und ich ziehe mich schnell um und gehe zum Restaurant. Den Kellner kenne ich noch von vor zwei Jahren. Er ist erfreut und erinnert sich und bringt mir schnell mein Lübzer, eine Linie und den Laabskaus. Letzteren bekomme ich mit einem Rollmops und einem Matjes. Lecker! Weil ich ausgehungert bin inhaliere ich das heiße Essen und verbrenne mir den Gaumen. Mit einem zweiten Bier und einer Linie kühle ich und lindere den Schmerz.
Zurück am Schiff unterhalte ich mich mit den Leuten von der S/Y Antares. Der Mann sagt er kennt mich. Und ja, der Zufall will es. Er war voriges Jahr in Gustow eingesegelt. Er wollte noch etwas essen und sprach mich an. Ich war beim Wachsen und Polieren der All Right 2 und habe ihn mitgenommen mit meinem Puch zu Henri’s Kneipe „Zum Reiter“.
19.7.2023 Tag 3, letzter Tag, Wolgast (D) – Gustow (D), 38 nm
6:30 Uhr klingelt der Wecker. Ich mache mir noch Frühstück. Die Brücke in Wolgast öffnet 7:45 Uhr. Bis dahin muss ich abgelegt haben.
Und ausgerechnet beim Ablegen kommt der Regen. Mit mir warten einige Segler auf die Brückenöffnung. Auch eine Bavaria unter polnischer Flagge mit einer Mädchen Crew. Bei denen komt qualm aus dem Auspuff und kein Kühlwasser. Ich gebe denen Zeichen, dass sie sich darum kümmern müssen, sonst ist der Motor bald fest. Und schon taucht eine Seglerin unter Deck und öffnet das Seeventil der Motorkühlung. Na die haben noch mal Glück gehabt.
Nach der Brückenpassage Setze ich Segel, baue das Bimini auf und schiebe mit 5 ktn Richtung Peenemünde.
9:30 Uhr bin ich im Fahrwasser in den Greifswalder Bodden. Hier stimmt der Wind, Halbwind. Ich segle ab jetzt. 10:20 Uhr bin ich im Bodden. Ab jetzt fahre ich 8 Wenden gegen den Wind. 14:00 Uhr erreiche ich den Strelasund. Ich komme fast in gerader Linie bis zur Fähre in Stahlbrode.
Und jetzt berge ich die Segel. Habe den Wind auf der Nase. Das muss ich mir nicht antun. Ab 15:00 Uhr fahre ich mit Maschinenkraft, hole die Segel ein und packe schon mal alles zusammen, was mit nach Hause muss.
16:10 Uhr bin ich fest in Gustow.
Ich trinke meinen Anleger mit Ecki von der S/Y Alte Liebe 2.
In den 4 Tagen war ich 186 Meilen unterwegs. Davon bin ich 140 Meilen gesegelt. Hat Spaß gemacht, auch alleine. Ich kann es noch, das Einhand-Segeln!