Unsere „große“ Reise im Sommer führte uns dieses Jahr nach Norwegen, Oslo. An Schweden sind wir hochgesegelt, an Dänemark zurück in unseren Heimathafen Gustow. 7 Wochen und 1020 nm auf der Logge. Zurück bei uns zu Hause haben wir im Garten zu tun, es sind auch Kleinigkeiten am Schiff zu, aber es wird schnell langweilig. Da mache ich schnell eine Runde alleine mit der Segelyacht um Rügen und Usedom. Und dann noch mit dem(n) Enkel(n) 11 Tage… Aber wenn ich wieder zu Hause bin wird mir immer wieder langweilig. Nicht das ich nichts zu tun hätte, aber das Segeln zieht magisch an. Also überzeuge ich die Moni nochmal 1…2 Wochen auf Reise zu gehen. Der Plan lautet Kolberg (PL) dann Bornholm und die Erbseninseln (DK) und über Ystad (S) zurück nach Gustow.
29.08.2023 Tag1, Gustow (D) – Thiessow (D), 23 nm
Wir bereiten das Schiff am Vormittag vor. Wir nehmen uns Zeit und verquatschen auch noch die Zeit mit den Schiffsnachbarn aus Radebeul und ich schütte mein Herz aus über die Unzulänglichkeiten im Hafen beim Hafenmeister aus.
11:30 Uhr endlich kommen wir los. Es ist nicht all Zuviel Wind aber den Sund runter reicht es, 5…6 ktn Wind und mit Groß und Code Zero geht es immerhin mit 4 ktn ü.G. voran. Es ist bewölkt und kühl, eigentlich kein schönes Wetter.
13:30 Uhr sind wir am Palmer Ort, wir müssen jetzt den Kurs ändern. Den Code Zero brauchen wir jetzt nicht mehr.
Erst mal geht es Richtung Gelbem Ufer. Hier müssen wir wieder wenden.
Wenn wir ab jetzt gegen den Wind bis Thiessow kreuzen müssen, können wir den Flammkuchen in Großzicker vergessen! Also fahren wir ganz hoch an den Wind und unterstützen mit Maschine.
16:00 Uhr sind wir am Fahrwasser nach Thissow angelangt, bergen die Segel und legen 16:30 Uhr in Thiessow an der Kopfseite vom Hafen an. Pos 54°16‘827 N, 13°42‘579 O.
Schnell machen wir die Fahrräder bereit und radeln nach Großzicker. Eine halbe Stunde braucht es bis dahin. Frank und Tanja, die Wirtsleute aus der „De Wienkist“ erwarten uns schon und wir trinken Wein und essen Flammkuchen und schwatzen mit den Wirtsleuten. Die Hauptsaison ist vorbei und es sind nicht mehr ganz so viele Touristen hier. 19:00 Uhr verabschieden wir uns, es war wieder schön in der Weinkiste.
Der Fahrradweg nach Thiessow fährt sich gut, wir sind schnell zurück und sitzen noch bis weit über den Sonnenuntergang in der Plicht unseres Schiffes und trinken Wein.
30.08.2023 Tag 2, Thissow (D) – Dziwnow (PL), 47 nm
Gut geschlafen haben wir beide nicht. Der Grund war ein permanentes Glucksen, zu hören im Schiff. Am Morgen finde ich den Grund, ein Abwasserrohr führt direkt hinter unserem Schiff in das Hafenbecken und die Welle verursacht an seiner Öffnung dieses Schreckliche Glucksen. Also nie wieder an dieser Stelle anlegen!
Wir legen zeitig ab, 8:00 Uhr. Wir wollen nach Polen, nach Dziwnow. Draußen auf dem Bodden ziehen wir das Groß hoch und rollen den Code Zero aus. Aber es ist so wenig Wind… 3…4 ktn – kein Vorwärtskommen.
Also Das Leichtwindsegel wieder eingerollt und die Maschine an. Es geht Richtung Ruden. Und die baggern schon für die Gaspipeline nach Lubmin. Ein Begleitboot des Baggers „Guard“ funkt uns an. Die sprechen nicht mal Deutsch und weisen uns den Weg an um den Bagger herum. Also unser Demonstrieren hat nichts genutzt. Die Regierung macht was sie will. Die Pipeline von Mukran nach Lubmin wird gebaut.
Hinter der Insel Ruden beobachtet die Moni die Kegelrobben. Wir sehen im Hafen von Ruden ein Passagierschiff mit Touristen. Für Segler ist das Anlegen verboten… Weise Flotte Schiffe hingegen sind erlaubt! 10:00 Uhr sind wir hinter der Insel Ruden durch.
Jetzt haben wir Welle aber noch weniger Wind. Wir holen das Großsegel ein. Es hat nur noch hin und her gewackelt. Das macht keinen Sinn. Also fahren wir auf direkten Kurs die restlichen 30 Meilen mit Maschinenkraft. Wenigstens haben wir Sonnenschein, aber bei seitlicher Welle rollt das Schiff die ganze Fahrt.
Es sind kaum Schiffe unterwegs. Eine Fähre sehen wir lediglich, von Swinemünde nach Trelleborg. 12:30 Uhr überfahren wir den Betonnten Fairway nach Swinemünde. Ansonsten ist nichts los.
16: 20 Uhr fahren wir in die Mündung der Dzwina ein. 16:40 Uhr haben wir angelegt in der Marina von Dziwnow an. Pos 54°01‘244 N, 14°44‘283 O. Die Marina ist gebaut mit EU Mitteln, so steht es am Hafenmeisterbüro.
Schnell ziehen wir uns um und spazieren wir in den Ort. Ich bin schon das dritte Mal hier, Moni das erste Mal. Es ist ein Urlauberort, der einem Rummel gleicht. Buden, Spielhallen und billige Restaurants. Es erinnert kaum noch etwas an die deutsche Vergangenheit des Ortes.
Wir gehen in eine Taverne. Da war ich schon voriges Jahr im Herbst. Und das Essen ist köstlich. Als Vorspeise essen wir Lachstatar und Steak Tatar. Als Hauptgericht gibt es Schweinenackenbraten. Auf einer Scala von 1 bis 10 bekommt das Essen eine 9,8! Am Tatar fehlten nur die Kapern.
31.08.2023 Tag 3, Dziwnow (PL) – Kolberg (PL), 33nm
Am Morgen regnet es erst mal. Wir lassen uns Zeit.
9:45 Uhr ist der Regen vorbei. Ich baue das Bimini auf und wir legen ab. Das Großsegel setzen wir gleich in der Dzwina.
10:00 Uhr sind wir draußen auf der Ostsee und setzen direkten Kurs auf Kolberg ab. Wir haben raumen, achterlichen Wind. Lange Strecken schieben wir nur mit dem Groß auf der Welle voran. Wir versuchen immer mal den Code Zero, mit und ohne Großsegel. Manchmal fahren wir über 5 ktn ü.G. Dann ist der Wind wieder stärker und wir rollen den Code Zero ein, weiter geht es bei jetzt 15ktn Wind nur mir Groß mit über 5 ktn ü.G voran. Immer mal wieder regnet es. Obwohl, die Sicht ist gut. Voriges Jahr, als ich hier lang segelte war Nebel.
Und dann ist der Wind wieder mal weg und dann mal wieder da. Schönes Segeln ist anders. Das Schiff muss ständig auf Kurs gehalten werden, von Hand. Autopilot geht gar nicht, bei der Welle von hinten regelt sich der Autopilot tot, also Handarbeit ist angesagt.
Die Küste hier ist langweilig, gerade, Strand und Wald. Obwohl der Wald ist immer mal unterbrochen von schrecklichen, hässlichen Hotelbauten.
15:15 Uhr, es sind noch 5 Meilen bis zur Einfahrt nach Kolberg, starten wir die Maschine. 16:15 Uhr bergen wir das Großsegel und fahren bei Welle von hinten in die Mole von Kolberg ein. Das Wetter ist jetzt schön und die Einfahrt nach Kolberg interessant. Für mich ist es das dritte Mal. Für Moni die erste Anfahrt auf Kolberg.
Die Tankstelle hat zu, arbeitet nur vormittags, steht dran geschrieben. Ich wollte preiswerten Diesel hier in Polen tanken. Das muss nun warten, aber wir wollen ja morgen hier abwettern.
Die Marina ist relativ leer, wir gehen rückwärts an den Schwimmsteg zwischen die Finger. Unsere Pos 54°10‘700 N, 15°33‘669 O.
Wir sind müde und haben zu nichts mehr Lust. Wir bezahlen die Hafengebühr und Moni macht lecker Spaghetti. Ich gehe 20:00 Uhr in die Koje, Moni schaut sich noch einen Film im Fernseher an.
Und draußen gewittert es und es kommen Graupel herunter…
01.09.2023 Tag 4, Kolberg (PL), Hafentag, keine Meilen
Heute am Morgen hat eine kleine Bavaria neben uns angelegt. Der Skipper segelt alleine und kommt aus Leba. Und er hat Sorgen, ihm ist der Großfall in den Masttop hochgerauscht. Und wir helfen ihm. Wir winchen ihn hoch mit unserem E-Wincher. Und er bekommt das Ende zu greifen und zieht es zum Deck runter. Alles gut!
Und dann regnet es erst mal wie aus Eimern. Wir gammeln vor uns hin und warten. Die Tankstelle rufe ich an. Die sagen mir, das sie erst morgen am Sonnabend ab 9:00 Uhr arbeiten. Shit, aber was soll’s, da kommen wir eben erst später weg nach Bornholm.
Gegen 11:00 Uhr ist der Regen vorbei und wir bauen die Fahrräder auf. Und dann auf zur Fahrradtour nach Kolberg Downtown. Downtown ist ein ganzes Stück weg von der Marina.
Als erstes fahren wir Richtung Mole und Leuchtturm. Auf dem Weg versuchen wir noch Heets, diesen Zigarettenquatsch für Nachbarn und Freunde zu kaufen. Auch nicht so einfach, das Zeugs gibt es nicht überall.
Also, an der Mole angekommen beobachten wir die einlaufende Welle. Draußen sind 6 bft und da fahren noch zwei Touristenboote raus. Eigentlich fahrlässig, denken wir.
Im Leuchtturm ist unten im Keller das Mineralmuseum. Das interessiert Moni, die gelernte Kristallographin. Viele Exponate haben die, aber es ist schon alles ganz schön verstaubt. Die könnten den Laden besser im Griff haben. Aber so wie die Ticketverkäuferin agiert, wird da nichts.
Draußen regnet es schon wieder. Wir flüchten uns in ein kleines Mexikanisches Restaurant, trinken Bier und essen eine Portion scharfe Nachos.
Und weiter geht es mit den Fahrrädern in Richtung Altes Zentrum. Wir kommen vorbei am wunderbar restaurierten Postamt. Das ist was, was an die alte Hansestadt erinnert. Es gibt schöne Parks und viel Grün. Aber die Stadt ist nach dem Krieg ziemlich versaut worden, nicht schön restauriert. Es gibt weniges was an das alte Kolberg erinnert. Die alte Marienkirche ist etwas, was an eine Hansestadt erinnert und die Garnisonskirche.
Wir machen eine Pause in einem Eiskaffee. Und dann umlaufen wir das alte Rathaus, einen Schinkelbau. Das Rathaus ist eine Augenweide… bis auf das Polnische Wappen über dem Eingang.
Eigentlich sind wir rum. Es ist erst 16:00 Uhr. Was weiter? Ich überrede Moni gleich einzukehren in ein Restaurant, ganz in der Nähe vom Rathaus, „Restauracja Kawiarna“. Hier war ich schon bei meiner Segeltour im letzten Herbst.
Das Restaurant ist wunderschön, wir nehmen im Erdgeschoß platz. Später merken wir, dass die oberen zwei Etagen noch schöner sind. Es ist ein Stück Vergangenheit, die es nur ganz wenig gibt in Kolberg. Und das Essen ist super, wir essen Schweinebäckchen… kochen können die Polen!
Wir radeln zurück zum Schiff und kaufen unterwegs im Supermarkt noch ein.
Direkt neben der Marina ist das Fort Solana. Schön restauriert. Das schauen wir uns noch an und warten auf den Abend und den Sonnenuntergang. Denn die Sonne war zurück am Nachmittag und mit ihr das schöne Wetter.
02.09.2023 Tag 5, Kolberg (PL) – Nexø, Bornholm (DK), 57 nm
Die Sonne lacht. Das Wetter und der Wind sehen gut aus für die lange Überfahrt nach Bornholm. Aber erst mal heißt es warten. Warten an der Tankstelle, die nur Dienstag, Donnerstag und Samstag geöffnet hat. Aber welch Wunder, der Tankwart kommt schon 9:10 Uhr. Wir tanken 116 Liter für 1,56€, immerhin!
9:20 Uhr legen wir an der Tanke ab. Hinaus geht die Fahrt aus dem Kolberger Hafen hinein in die Ostsee. 9:40 Uhr sind die Segel gesetzt, Groß und Fock. Der Wind kommt aus Nordwest, schnell machen wir fahrt schräg zur Welle. Es geht mit 5,5…6 ktn voran.
12:00 Uhr haben wir bereits 16 Meilen versegelt, 12:30 Uhr sind es bereits 20 Meilen. Wir kommen super voran: 14:20 Uhr, 30 nm… 15:50 Uhr, 40 nm… 17:25 Uhr, 50 nm. In Spitze fahren wir 7,2 kt, der Durchschnitt liegt bei 6,5 ktn. Und dabei haben wir ganz schön Welle, aber die kommt immer schräg von vorn. Wenn es läuft, dann läuft es.
Unterwegs sehen wir kaum Schiffe. Einen Segler und drei Fischtrawler zählen wir. Die Großschifffahrt hat auch Wochenende.
18:40 Uhr machen wir in Nexø auf Bornholm längsseits fest. Es war eine lange schnelle Überfahrt. Unsere Pos 55°03‘797 N, 15°08‘134 O.
Außer uns ist nur ein Schwedischer Segler im Hafen von Nexø . Die Saison scheint vorbei zu sein. Obwohl im Hafen selbst arbeiten noch zwei Restaurants. Wir aber essen an Bord. Moni kocht Szegediner Gulasch. Nexø schauen wir uns nicht an, wir waren so oft hier und der Ort hat nichts zu bieten. Aber der Hafen ist schön und wir legen eben immer gerne hier an.
Ich trinke Bier und Krupnik und rauche eine Dominikanische Zigarre. 20:00 Uhr bin ich breit und gehe in die Koje. Moni beobachtet mit Weiswein den aufgehenden Mond.
03.09.2023 Tag 6, Nexø, Bornholm (DK) – Christiansø (DK), 16 nm
Guten Morgen in Nexø auf Bornholm! Ein wenig lacht die Sonne. Wir frühstücken und dann gehe ich noch mal zu dem Laden, wo man die Hafengebühr bezahlen soll. Der Laden hat zu. Sonntag keine Bedienung. Na wer nicht will, der hat schon, so denke ich. Aber wir füllen wenigstens noch unsere Wassertanks auf.
Ich frage Moni noch mal, ob wir nicht wenigstens ein paar Schritte durch den Ort gehen. Sie meint aber, wir kennen Nexø zur Genüge und sowieso gibt es hier nichts zu sehen. Ich bin da anderer Meinung, schließlich haben wir hier so oft festgemacht. Einmal waren wir hier mit Harald Eletson, viele Jahre zurück. Und einmal mit meinem früheren Chef, dem Dr. Michalak und ein weiteres Mal, als wir von den Ålands zurück kamen mit einer 34 Fuß Yacht, mit unseren Kindern…
Sei es wie es sei, wir legen 9:45 Uhr ab. Die Laune ist gut, die Sonne wird weniger, aber der Wind wird uns nach Christiansø bringen.
Vor dem Hafen setzen wir Groß und Fock und es geht ziemlich hoch am Wind gen Christiansø. Es geht zügig voran mit 6 ktn. Erst mal fährt man parallel zur Küste. Bornholm ist ein verschobenes Rechteck. An der einen Ecke im Osten dann bei Svaneke verlassen wir die Küste und fahren die letzten 11 Meilen in direktem Kurs nach Christiansø.
Wir haben ganz schön Welle und müssen hoch ran. Ich wundere mich, dass Moni mitspielt. Auch gestern schon hat sie den Kurs am Wind ertragen. Vielleicht wird alles besser und wie früher. Zweifel habe ich doch.
Christiansø sieht man ungefähr aus 9…8 Meilen Entfernung. Also muss ich nicht nach Karte fahren, sondern halte den Kurs auf dieser Distanz per Augenmaß.
12:35 Uhr sind wir 1,5 Meilen vor den Erbseninseln, Maschine an und wir holen die Segel ein.
Ich habe Sorge, dass an der Pier längsseits genug Platz ist. Aber es sind nur 3 Segler im Hafen. Wir finden unseren Platz und machen fest, Pos 55°19‘193 N, 15°11‘173 O.
Es gibt ein kleines Mittagessen, aus den Resten vom gestrigen Tag. Bis hierhin alles gut, dann versuchen wir unsere weitere Tour zu planen. Hier gehen die Meinungen zwischen Skipper und Frau oder Co-Skipperin und Mann auseinander. Ich habe wohl zu wenig Verständnis von Zeit und Raum meint meine Frau. Diskussion macht da wenig Sinn. Ich habe das Buch gelesen von Stefan Heym. Zwar hat mir oft sein Jidisch im Sprachgebrauch des Buches nicht gefallen, dennoch, Recht hatte er.
Also machen wir weiter wie der Co-Skipper es möchte und wir vergessen die Diskussion. Vielmehr machen wir unsere Inselwanderung. Diese Wanderung haben wir nach unseren Schätzungen schon mindestens 20 Mal gemacht, sooft waren wir bestimmt auf Christiansø. Zuerst umlaufen wir Vesterskǣr, dann umwandern wir die Hauptinsel. Eigentlich immer dasselbe, dennoch es ist von Jahreszeit zu Jahreszeit verschieden. Moni redet immer von den Eiderenten, dem „Nationalvogel“ der Erbseninseln.
Und wir stellen fest, dass das Dänische Verteidigungsministerium, dem dieser Dänische Außenposten untersteht, eine Menge Geld investiert hat. Wenn wir uns erinnern an vor 20 Jahren, da war einiges heruntergekommen. Inzwischen sind die Mauern, Wege und Häuser restauriert. Es ist einfach schön wieder hier zu sein. Einzig ein wenig Sonne fehlt.
Auf unserer Wanderung rund um die Hauptinsel sehen wir im Süden geschätzt 20 Kegelrobben rund um eine Schäre. Moni ist begeistert… Ich nehme das Naturschauspiel hin.
Und wir sehen eine Menge Segler, die die Insel anlaufen.
Zurück an der Pier sehen wir, wie die Segler nach Platz suchen. Einige finden Platz, andere gehen ins Päckchen. Und ich biete einem Segler an unser Schiff einen Meter nach achtern zu verholen, damit er noch Platz an der Pier findet. Und so machen wir das. Die Kommunikation zwischen Moni und mir führt zu Missverständnissen bezogen auf unseren elektrischen Landanschluss. Es gibt einen Kabelbruch im Stecker… Klare Schuldzuweisung an mich… aber ich als Ex-Elektriker führe die Reparatur rasch aus und fühle mich rehabilitiert.
Und wir gehen ins Restaurant. Ich ziehe mir ein Hemd an und Moni eine Bluse. Und da gibt es ein Lied von den Pudys oder wem auch immer. „…was macht sie wieder friedlich, ein Essen ganz gemütlich…“ Ich weiß nicht ob das Essen geholfen hat, teuer war es jedenfalls in der „Gǣstgiveri“.
Auf jeden Fall hat der Stefan Heym mit seinem Buch Recht hat… „Immer sind die Männer schuld“
04.09.2023 Tag 7, Christiansø (DK) – Allinge, Bornholm (DK), 23 nm
Und wieder ein Tag mit Sonne. Wir machen uns fertig zum Ablegen. Hinter uns das Päckchen aus Berliner Seglern löst sich auf. Gestern Abend hat deren dummes „Icke“-Gequatsche ganz schön genervt. Aber jetzt sind sie weg.
Wir wollen nach Allinge auf Bornholm. Eigentlich sind das nur 13 Meilen Luftlinie. Aber wir müssen gegen den Wind kreuzen, mal sehen wie das klappt.
Hinaus aus dem Naturhafen von Christiansø fahren wir gegen den Wind und setzen Großsegel und Fock. Wir fahren so hoch wie möglich an den Wind, 30° schaffen wir. Und dann kreuzen wir gegen den Wind. Wir fahren dabei meist über 5 ktn ü.G. bei Wind zwischen 12 und 15 ktn. Die Wenden gehen einfach und schnell mit unserer Selbstwendefock. Wir fahren insgesamt 10 Wenden, dann sind wir vor dem Hafen in Allinge. Es ist 14:15 Uhr. Wir bergen die Segel und mit Maschinenkraft geht es in den kleinen Hafen. Wir legen längsseits an auf Pos 55°16‘673 N, 14°48‘137 O.
Im Hafen liegen alle Schiffe längsseits, obwohl an vielen Stellen Mooring-Leinen angebracht sind. Bemerkenswert ist, dass wie überall der Egoismus auch unter Seglern groß ist. Jeder bleibt so liegen, wie er gerade an Land gefallen ist. Zwischen den Schiffen sind halbe Schiffslängen frei. Alles Idioten. Wir müssen uns keinen Vorwurf machen, wir haben uns direkt in eine Ecke am Hafenbeckenkopf gelegt.
Direkt neben dem Hafen ist ein „Hunde“Netto. Das ist was für Moni, wir gehen einkaufen. Und dann gibt es noch einen kleinen Spaziergang zur Lotsenstation und der alten Räucherei. Und es gibt auf dem Weg ein IPA und einen Aperol Spritz.
Lange haben wir nicht gegrillt an Bord. Heute ist es soweit. Es gibt leckere Rindersteaks mit grünem Spargel und Rotwein. Und wieder ist ein Tag vollbracht!
05.09.2023 Tag 8, Allinge, Bornholm (DK) – Kåseberga (S), 25 nm
Nachts, seit 4:00 Uhr bin ich immer wieder wach. Habe wohl gestern zu viele Gummitiere zum Rotwein gegessen. Als ich aufstehe hat Moni schon den Tisch in der Plicht für das Frühstück gedeckt. Und auch Brötchen und Croissants hat sie schon beim Bäcker gekauft. Das nenne ich „Betreutes Segeln“. Rundherum haben die meisten Segler schon abgelegt. Wir lassen uns Zeit.
Das Wetter ist wunderschön. Der Sommer scheint zurück. Im Hafen ziehen wir noch den Code Zero hoch. Den werden wir heute brauchen.
9:20 Uhr verlassen wir den Hafen und setzen Groß und Code Zero. Das Schiff zieht an. Wir haben 9… 10 ktn Wind und müssen ziemlich hoch ran. Aber es geht gut, wir kommen mit 6 ktn Fahrt ü.G. bis zur nördlichen Spitze von Bornholm.
Das nördliche Kap Bornholms, Hammerhus, erreichen wir 9:40 Uhr. Ab jetzt müssen wir weitere 20° nach West. Aber es klappt mit dem Wind. Wir können einen direkten Kurs auf Kåsberga absetzen.
Unsere Fahrt ist jetzt ein bisschen langsamer, 4…5 ktn, mehr nicht. Aber wir haben flache See und es geht auf geradem Kurs. 11:00 Uhr fahren wir in das Verkehrstrennungsgebiet im Bornholmsgatt ein. 12:30 Uhr verlassen wir das Verkehrstrennungsgebiet an seiner nördlichen Seite. Wir kreuzen einigen großen Schiffen den Weg. Es herrscht ganz schöner Betrieb. Auch erstaunlich viele Segler sehen wir auf dem Weg.
Um dieåå Mittagszeit flaut der Wind dann auch mal ab und unsere Geschwindigkeit geht unter 3 ktn. Wir haben wenig Geduld und lassen den Motor für 10 Minuten mitlaufen, aber dann ist der Wind wieder da. Wir brauchen den Motor nicht und segeln bis vor die schwedische Küste.
14:30 Uhr, 3 Meilen vor unserem Ziel rollen wir den Code Zero ein. Und den Rest fahren wir mit Maschine. 15:00 Uhr legen wir in Kåseberga an, längsseits, Pos 55°22‘968 N, 14°03‘825 O.
Es ist heiß, richtiger Sommer. Wir gehen erst mal in die nahegelegene Fischverkaufsstelle mit angeschlossenem Restaurant: Kåseberga Fisk AB. Es gibt Fish and Chips und für Moni Smorebrød.
Und wir wandern zur Steinsetzung „Ales Stenar“ auf dem Berg. Wir waren schon so oft hier, aber es ist ein Muss für uns.
Zurück am Schiff lege ich mich erst mal hin. Aber es stört der einlaufende Schwell im Hafen. Es ruckt in den Leinen. Wir legen unser Schiff noch mal um. Jetzt ist die Ruhe in der Nacht gesichert.
06.09.2023 Tag 9, Kåseberga (S) – Ystad (S), 10 nm
Es scheint wieder die Sonne. Es ist warm und wir frühstücken in der Plicht. Die Luft steht, kein Wind und vom Hafengrund kommen Blasen hoch. Es riecht wie in Lohme… wer das kennt weis was ich beschreibe.
9:40 Uhr legen wir ab. Arschglatte See und kein Wind. Nicht mal das Leichtwindsegel bläst sich auf. Wir fahren mit Maschine bei spiegelglattem Wasser bis nach Ystad. Mehr gibt es darüber nicht zu berichten.
11:40 Uhr legen wir längsseits an. Pos 55°25‘556 N, 13°48‘855 O.
Wir trinken unseren Anleger, heute schon nach 10 nm. Dann machen wir uns fertig für den Fußausflug in Ystad. Wir kennen alles aber es ist wieder schön. Wir beginnen am Hafen im Skippershandel. Es ist immer schön in diesem Laden zu stöbern. Einen neuen Segelhut kaufen wir für mich. Wir wandern am Hafen entlang und sehen wie eine Fähre aus Swinemünde anlegt.
Am Hafen steht das Gebäude was bei den Kurt-Walander-Filmen von Mankell immer als Polizeipräsidium gezeigt wird. Über den Markt wandern wir dann auf der Fußgängerpassage nach Osten. Über die Straße, vorbei am Gymnasium wandern wir bis zur Maria Gatan, da wo der Kommissar Wallander wohnt. Wir sind wieder auf den Spuren von Kurt Wallander und erinnern uns, dass es vor Jahren hier noch einen markierten Weg gab mit allen Highlights aus den Kriminalromanen von Henning Mankell. Es scheint aber so, das mit dem Tod des Schriftstellers all das vorbei ist.
Wir nehmen einen kleinen Imbiss und sehen uns die Marienkirche an und später gehen wir zum alten Kloster Ystad. Die Eisdiele am Kloster gibt es nicht mehr. Überhaupt haben wir den Eindruck, dass weniger Kaffees und Kneipen geöffnet haben. Jedenfalls finden wir keine geeignete Eisdiele mehr.
Und wieder zurück zu Mankell und Kommissar Wallander, wir betreten das Hotel Continental. Hier hat der Kommissar immer sein Mineralwasser und seinen Cognac getrunken. Aber für uns hat die Bar zu, öffnet erst 17:00Uhr. Aber schräg gegenüber in einem kleinen Hotel bekommen wir Getränke für uns.
Möllers Brauerei scheint für immer geschlossen zu haben. Wir essen zu Abend in einem anderen unserer Lieblingsrestaurants, „Up Eller Ner“. Hier haben wir schon mit unserem Sohn gegessen, Und es war wieder gut.
So, das war‘s für heute… Morgen geht es zurück über den Teich nach Deutschland… 60 Meilen.
07.09.2023 Tag 10, Ystad (S) – Vitte, Hiddensee (D), 60 nm
Heute ist der Vorletzte Tag unserer Reise. Nach Messung auf der Seekarte wird es auch die längste Strecke dieser Reise. Wir müssen zurück über den großen Teich, von Schweden nach Deutschland.
Moni ist schon zeitig wach und steht 6:30 Uhr auf, ich höre das und folge ihr. Dadurch sind wir eher ablegebereit als geplant. 7:20 Uhr haben wir gefrühstückt und das Schiff zum Ablegen vorbereitet. Leinen los! Das Ablegemanöver funktioniert schnell und schnell sind wir hinaus aus der Marina, vor dem Fährhafen.
Moderater Wind, um 7 ktn haben wir und setzen Großsegel und Code Zero. Bei Halbwind geht es auf geraden Kurs nach Südwest. Wir halten auf die Einfahrttonne in das markierte Fahrwasser zwischen Dranske und Hiddensee zu. 55 nm liegen vor uns,
8:00 Uhr haben wir schon 4 Meilen versegelt. Es geht sehr schnell voran. Immerhin haben wir schon 13 ktn Wind und fahre 7 ktn ü.G. Vorsichtshalber tauschen wir den Code Zero gegen die Fock ein. Und es geht trotzdem weiter mit 6 Ktn + ü.G.
Am Morgen nach dem Ablegen war es sonnig, aber jetzt ist es wider den Wetterbericht bewölkt. 9:45 Uhr sind wir über den ersten Hauptschiffahrtsweg südlich von Schweden zum Bornholmsgatt hinweg. Es herrsch ganz schöner Verkehr.
11:20 Uhr misst Moni noch 30 Meilen bis zur Latteraltonne Hiddensee/Dranske. Wir haben 15 Meilen versegelt. 13:00 Uhr haben wir die Hälfte der 55 Meilen geschafft. Jetzt ist der Wind auch wieder bei 10 ktn. Das hängt offenbar damit zusammen, dass die Sonne jetzt scheint und die Wolken weg sind. Wir rollen die Fock ein und den Cade Zero wieder raus. Und wir machen Geschwindigkeit.
An Backbord machen wir das Kap Arkona aus, an Steuerbord voraus sehen wir Hiddensee, den Dornbusch.
13:30 Haben wir den Hauptschifffartsweg zwischen Møn und Rügen passiert, auch hier war starker Schiffsverkehr. 13:55 Uhr haben wir 40 Meilen versegelt. Kurz danach sichten wir einen riesigen LNG Tanker aus Richtung Rügen kommend. Er ist 5 Meilen vor uns und ist im Dunst nur als Schatten auszumachen. Ich rufe seine AIS Daten auf: es ist die „Global Star“, 295 Meter lang, 45 Meter breit und einem Leertiefgang von 10 Metern. Ihr Ziel US CAL, es geht also zurück nach Amerika um überteuertes LNG für den Habeckschen Deutschen Weg zu holen. Der Tanker fährt jetzt schon 19,1 ktn ü.G. und verbrennt dabei sicher eine Menge Schweröl.
16:00 Uhr haben wir die Lateraltonne Hiddensee/Dranske erreicht. Wir entscheiden noch weiter zu segeln, bis vor die südliche Westtonne am Bug. Hier bergen wir Code Zero und Großsegel. Die letzen 2…3 Meilen schieben wir bis nach Vitte in die Marina mit Maschinenkraft. Genug gesegelt heute!
17:10 Uhr haben wir festgemacht, zwischen den Dalben in der Marina von Vitte. Unsere Pos 54°34‘306 N, 13°66‘647 O. Immerhin, 60 nm in 9,8h = 6,12 Knoten Fahrt Durchschnitt.
08.09.2023 Tag 11, Vitte, Hiddensee (D) – Gustow (D), 23 nm
Die Sonne lacht und es ist schon warm draußen. Allerdings können wir nicht in der Plicht Frühstücken. In der Nacht war es kalt und das Schiff ist beschlagen und voll von Tau, auch in der Plicht. Also frühstücken wir unten im Schiff.
Beim aufschießen des Landstromkabels kommt ein alter Bekannter vorbei, Volkmar von der S/Y „Godewind“. Wir kennen ihn schon von unserer Zeit im Hafen Neuhof, das ist jetzt mehr als 12 Jahre her. Er war dort Schiffsnachbar am gleichen Steg. Wir unterhalten uns übers Segeln und die Segelschiffe.
10:00 Uhr legen wir ab. Das Großsegel ziehen wir im Stadthafen von Vitte hoch. Wir haben leichten Wind, 6…8 ktn. Sobald wir auf Südkurs sind rollen wir den Code Zero aus. Es geht mal schnell und mal wieder langsam voran. Über 4 ktn kommen wir kaum.
Nach Süden, Richtung Stralsund fahren kaum Schiffe. Die meisten kommen uns entgegen. Es ist Freitag und das Wochenende naht. Die Segler wollen alle Richtung Hiddensee.
11:05 Uhr sind wir querab Neuendorf. Kurz danach, unsere Trackpunkte zeigen 11:33 Uhr sitzen wir fest. Der Skipper… Ich, hat versagt. Wir sind nach Osten aus dem Fahrwasser abgekommen und sitzen fest im Schlick. Schnell holen wir die Segel runter. Ich versuche aus eigener Kraft wieder rauszukommen. Das Schiff hat sich mit der Kielbombe festgesaugt. Wassertiefe hier laut Seekarte 1,50 Meter, wir haben 1,65 Meter Tiefgang. Shit! Wir hoffen auf ein Schiff der Weißen Flotte mit seiner Hecksee, aber es kommt keines. Es ist Mittagszeit. Ein Motorbootfahrer bringt ein wenig Welle. Einen kleinen Ruck geht es in Richtung Fahrwasser. Wieder sind wir fest. 11:50 Uhr rufe ich Bremen Rescue, erst über Kanal 16. Die Verbindung ist schlecht. Ich rufe dann über das Mobiltelefon. Die wiederum benachrichtigen den SAR auf Hiddensee in Vitte. Die werden kommen. Wir warten, da kommt ein kleines Motorboot und bietet Hilfe an. Erst fährt er immer im Kreis herum und macht welle. Ein Stück kommen wir vorwärts. Dann legen wir den Spiefall auf seine Achterklampe und er zieht unser Schiff auf die Seite, Neigung etwa 30° und ich gebe Gas und frei sind wir wieder im Fahrwasser. Wir bedanken uns bei dem Helfer. Und ich rufe 12:24 Uhr wieder Bremen Rescue und melde, dass wir frei sind. Aber das SAR Boot „Nausikaa“ ist schon unterwegs. Ich rufe den kleinen Seenotkreuzer über Kanal 16 und melde die geänderte Lage und bedanke mich. Das SAR Boot dreht wider um.
Tja so ist es, wenn man im schmalen Fahrwasser träumt. Aber das ist in dieser Gegend ein oft gesehenes Malheur und jetzt hat es uns mal erwischt.
Wir segeln weiter Richtung Stralsund, mit Groß und Fock. Mit der Fock kommen wir höher ran an den Wind und der Wind ist inzwischen auch ein wenig stärker… 12 ktn.
13:30 Uhr sind wir raus aus dem betonnten Fahrwasser und wir müssen bis Stralsund 6 Wenden fahren. Der Wind kommt jetzt mehr von vorn.
15:00 Uhr bergen wir die Segel, das letzte Mal auf dieser Reise. Weiter geht es mit Maschine. Pünktlich 15:20 Uhr zum Brückenzug sind wir an der Ziegelgrabenbrücke. Nach unserer Brückenpassage, auf der anderen Seite auf Gegenkurs winken uns Inge und Heinz von der S/Y „Sulis“ zu.
17:20 Uhr haben wir in unserem Heimathafen festgemacht. Unsere kleine Spätsommerreise ist zu ende.