Tag 85, 24. September 2018
Nexö (DK) – Kröslin (D), 83 sm
Ich habe ´gestern Abend nochmal den Wetterbericht im Windfinder gecheckt. Es soll NNW sein und 6 bft, in Spitzen mal 7 bft und an der Deutschen Küste dann Nachmittags abnehmend. Sehr gut denke ich.
Da ich schon 19:00 Uhr in der Koje war bin ich schon 2:30 Uhr wach. Wecker hatte ich erst auf 3:00 Uhr gestellt. Ich koche mir ein paar Eier für unterwegs, mache mir Kaffee und lege 3:15 Uhr in Nexö ab. Im Hafen kein Wind und im Windschatten östlich von Bornholm hole ich alles Tuch raus und fahre 5-6 ktn. Es ist finstere Nacht. Ab und an scheint der Vollmond durch die Wolken. Ich habe das Dampferlicht zusätzlich an um die Segelstellung zu sehen.
Gegen 4:30 Uhr bin ich querab Duderode, der Südspitze von Bornholm. Hier bläst es schon mit 18 ktn. Die Welle kann ich nicht sehen, nur spüren.
4:45 Uhr entschließe ich mich für Reff 1, die Fock habe ich schon eingerollt.
5:15 Uhr, dann Reff 2. Der Wind kommt nicht aus NNW, nein es ist Westwind. Ich prüfe auf dem Plotter ob ich bei der Seitenwelle und dem Wind den Eingang zum Greifswalder Bodden treffen kann. Am Anfang sieht’s noch so aus. Der Wind ist konstant 23 ktn und geht in Spitze auf 28 ktn. Die Kränkung des Schiffes bisher Maximum 28°.
6:00 Uhr kann man sehen, es wird langsam hell. Die Welle sieht schon schrecklich aus. Aber ich bin schon 10 Meilen südlich von Bornholm.
10:50 Uhr nehme ich noch mehr vom Groß weg. Jetzt Reff 3, ich glaube das sind noch 6 m². Und ich fahre mit 6 ktn. Der Wind ist jetzt konstant 28 ktn und in Spitzen geht es auf 32 ktn. Mit 3. Reff maximale Kränkung nur noch 18°.
Anstelle besser wird es nach 12:00 immer schlimmer. Habe jetzt Windspitzen bis 36 ktn. Macht keinen Spaß mehr. Es ist Schwerstarbeit.
13:00 Uhr kracht es hinter mir und ein paar Schrauben kommen runter. Ich erschrecke mich, denke das Achterstag bricht. Nein es ist das Solarpanel welches sich vom Tragmast der Satelitenantenne gelöst hat. Mit einer Hand am Ruder und Blick nach hinten fixiere ich das Panel mit einem Tampen am Heckkorb. Das Schiff geht nach Lee den Wellenberg runter und Patenthalse. Gott sei Dank hatte ich den Baum mit Bullenstander gesichert, aber ein Mastrutscher des Segels ist gebrochen. Es geht weiter, immer vorwärts, rückwärts nimmer.
13:30 Uhr, endlich ich sehe Rügen und 14:00 Uhr mache ich auch die kleine Insel Oie aus. Mein Kurs stimmt noch ganz gut. Ich denke, wenn ich jetzt noch mit Motor schiebe komme ich höher an Rügen ran und schaffe die Einfahrt am Zicker in den Greifswalder Bodden. Zumindest könnte ich auch hinter der Oie am Ruden vorbei in den Bodden fahren.
Eine halbe Stunde läuft der Motor und es sieht alles gut aus. Doch dann geht die Drehzahl runter. Motor ist aus. Ich starte wieder. Das gleiche Problem. Die Krafstofffilter sind zu, denke ich.
Was tun? Ich ändere den Kurs nach Ost und laufe vor dem Wind mit fast 8 ktn nach Swinemünde ab. Ich denke ich rufe an der Hafeneinfahrt dann Hilfe von der polnischen SAR, um mir Unterstützung bei der Hafeneinfahrt und beim Anlegen in der Marina zu geben.
Dann, irgendwie bin ich Deutscher und zurück im deutschen Hoheitsgewässern – Ich rufe Bremen Rescue. Die melden sich auch sehr schnell. Ich Schildere die Situation und bleibe im Standby. Kurz danach die Rückmeldung, die SAR Station auf der Insel Oie ist alarmiert und der SAR Kreuzer „Berthold Beitz“ läuft aus wie ich im AIS sehe. Der Kapitän des Kreuzers ruft mich auf VHF CH 16 und wir wechseln auf CH 10, den Arbeitskanal Schiff – Schiff.
Die Welle ist noch schrecklich hoch und starker Wind. Ich schlage vor, dass ich bis hinter die Oie ins Lee segle. Eine Stunde versuche ich, komme aber nur mit 2,5 ktn voran. Der Wind wird noch stärker und am Horizont vom Westen kommend Gewitterwolken.
Ich funke den SAR Kreuzer an und wir bereiten uns beide vor, die auf Leinenübergabe, ich auf Leinenübername. Für mich heist das: Segeleinholen und angeleint am Lifebelt nach vorne kriechen. 17:00 Uhr kommt die Sorgleine mit dem Sandsack geflogen. Ich fange auf Anhieb und ziehe mir die Schleppleine rüber. Schinderei bei der See. Ich lege das große Auge über beide Klampen auf dem Vorschiff.
Jetzt erst mal ausruhen. Ich bin von innen und außen nass. Gewitter beginnt mit Graupelschauern. Mir wird jetzt kalt.
Unterwegs wird mir mitgeteilt, dass ich gleich nach Kröslin in die Marina geschleppt werde. Unterwegs Gewitter und Regen.
Gegen 18:45 Uhr, vor der Einfahrt Kröslin werde ich seitwärts ins Päckchen genommen. Schleppleine wird zur Vorleine, hinten fliegt mir eine Achterleine zu, die ich festmache und dann schnell noch zwei Springs. Der Rettungskreuzer „Berthold Beitz“ legt um 19:00 Uhr an und ich werde hinter den Kreuzer gezogen und nun mit eigenen Leinen festgemacht. So komfortabel bin ich noch nie an den Anleger gekommen.
Dann noch die Vormalitäten und ein großes Dankeschön. Der Kreuzer legt wieder ab und ich trinke mein letztes Bier und Gammeldansk. Dazu esse ich Wurst. Mit Moni telefoniere ich dann übers Internet bis 22:00 Uhr. Ich bin fertig nach einem 18 Stunden Arbeitstag.
Tag 86, 25. September 2018
Kröslin (D) – Greifswald Wieck (D), 22 sm
Ich bin schon 6:00 Uhr auf und aufgeregt. Muss Filter wechseln und dann den Motor entlüften. Habe ich noch nie gemacht. Ich stelle die Heizung an und lese in der Koje erst mal Serviceanleitungen.
Ich Frühstücke ein bisschen, ohne Appetit.
Dann mache ich mich an den Hauptfilter. Ausbau und Einbau, 20 Minuten, danach Entlüftung und Probe Start. Klappt auf Anhieb. Ich übertreffe mich selbst – Geht doch!
Rede nochmal mit Olaf und Andreas von meiner Motorenwerkstatt Nehmzow in Stralsund. Die raten den Vorfilter auch zu wechseln. Also Werkzeug wieder auspacken. Der 11er Maulschlüssel fehlt. Es muss mit der Polygrippzange funktionieren. Und es funktioniert. Aber was da im Filter ist, schockt mich. Seht Euch das Bild an! Der Einbau des neuen Filters ist schwieriger als der Feinfilter. Die Schraube die den Untertopf und den Filter hochzieht fasst nicht. Ich probiere mehrmals. Den Filter muss man richtig in die Dichtungen drücken, dann geht es. Ich entlüfte, der Motor springt an, läuft aber nicht rund und geht aus.
Jetzt der Worstcase: die Dichtungen liegen nicht richtig an oder ich muss, und das ist einfacher, nur nochmal entlüften. Ich entlüfte und die Maschine läuft wieder.
Gegen Mittag bin ich fertig, habe noch Persenning am Seezaunbefestigt und das Solarpanel wieder angebaut. Esse dann noch was in der Hafengaststätte und lege 13:00 Uhr Richtung Greifswald ab. Ich will dort noch ein Ersatzteil, beim Segelmacher kaufen.
14:00 Uhr setze ich die Segel und segle Richtung Zicker. Hier dann Wende und es geht mit geradem Kurs, hoch am Wind Richtung Greifswald Wieck. Die Brückenöffnung verpasse ich knapp. Treffe aber noch Christian und Jörg und einen anderen Mitsegler. Die wettern hier ab und wir trinken noch schnell ein Bier und ich erzähle über meine Reise.
18:00 Uhr gehe ich dann durch die Brücke, die Ryke entlang und lege 18:30 Uhr gegenüber dem Segelmacher an. Der hat schon zu, also am Mittwoch früh dann das Ersatzteil holen.
Ich sitze um 19:30 Uhr im „Alten Fritz“ und esse zu Abend und unterhalte mich mit einem jungen Manager aus der Energiebranche. Ich höre Russen reden. Die sind zu einem Kongress über Vakuumschalttechnik an der Uni in Greifswald. Auch mit denen unterhalte ich mich. Mein Russisch funktioniert noch.
Tag 87, 26. September 2018
Kröslin (D) – Gustow (D) mein Heimathafen, 21 sm
Also lange Schlafen geht nicht. Bin schon wieder 7:30 Uhr fertig mit dem Frühstück. Schaffe noch bisschen auf dem Schiff. Fülle noch den Reservekanister Diesel ein. Gehe dann zu Fuß auf die andere Seite der Ryke zum Segelmacher. Eigentlich machen die erst 9:30 Uhr auf. Ich werde schon um 9:00 Uhr einegelassen. Wendel & Rados ein guter Bootsausstatter. Ich bekomme meinen Schlitten für den Mast. Nehme noch einen Rutscherschlitten als Ersatz mit.
Zurück am Schiff verbinde ich gleich Segel mit dem neuen Schlitten. Dauert keine fünf Minuten.
10:25 Uhr lege ich ab und passiere 11:00 Uhr die Klappbrücke in Wieck. Nur ein anders Segelboot. Die Saison geht zu Ende.
11:10 Uhr setze ich das Groß und fahre nur mit Groß vor dem Wind bis Ende Wieck- Fahrwasser. Wahnsinn, der Wind ist günstig und ich fahre 7 ktn bei 22ktn Wind.
Sobald ich Richtung Sund drehe muss ich höher ran. Auch baue ich gleich Reff 1 ein. Der Wind ist Wahnsinn, geht Richtung 28 ktn. Ich lege ein zweites Reff ein. Vorsegel mache ich erst gar nicht auf.
Vor der Einfahrt zum Sund, Höhe Zudar, der Wind geht auf 30 ktn und das auf dem Bodden.
Hier hole ich das Segel ein und fahre unter Maschine bis Gustow.
In Gustow lege ich auf meinem Platz 14:30 Uhr an. Thomas erwartet mich mit Bier und Whisky. Auch begrüße ich Mario. Wir unterhalten uns über die letzten Abschnitte meiner Reise. Thomas erzählt über seinen Unfall.
18:00 Uhr habe ich das Schiff sortiert und die Dreckwäsche zurechtgepackt. Thomas fährt mich nach Hause.
Ich habe zu nichts mehr Lust. Setze mich vor den Fernseher mit einem Bier und ein bisschen Wurst.
ENDE EINER GROßEN REISE!
Es waren 2462 sm!
Hallo Skipper,
wir freuen uns, dass Du Deinen Heimathafen ohne Mast- und Schotbruch wieder gut erreicht hast. Die Überfahrt von Bornholm in die deutschen Gewässer hatte es ja nochmals in sich. Mit deinen Logbucheinträgen und Geschichten haben wir dich ständig bekleidet. Fantastische Reiseeindrücke!
Vielen Dank dafür!
Tina und Torsten
Liebe Tina, lieber Torsten,
freue mich, dass ihr mich verfolgt. Ja, die letzte etappe war nicht so einfach, aber ich habe es geschafft. Seit letztem Mittwoch war ich zu Hause. Am Freitag habe ich meinen Enkel geholt. Jetzt segeln wir seit samstag 12:00 rund Usedom. Sind heute in Swinemünde angekommen. Morgen gehts weiter durch die Kaiserfahrt und das Stettiner Haff. Mein Enkel hat ein eigenes Logbuch, erscheint ab morgen. Steffen
Hallo ihr Schallers, Ich bin wieder unterwegs!!
Steffen