Tag 24, 13. Juni 2022
Vik im Sognefjorden (N) – Fjǣrlandsfjorden – Vik (N), 40 nm
Es ist Montag, es beginnt die vierteWoche meiner Reise. Christian hat das Tagesziel ausgewählt. Wir wollen in den Fjǣrlandsfjorden, den wohl schönsten Fjord in Norwegen. Und wir hoffen, dass wir segeln können. Die Aussicht darauf ist allerdings schlecht, Wolken und immer mal Regen und kaum Wind, nur 1,5 ktn. Shit happend. Unser Ziel, das Ende des Fjordes und wieder zurück nach Vik.
Wir legen 9:00 Uhr ab. Erst überqueren wir den Sognefjorden, wir kommen vom Südufer, und fahren 10:30 Uhr in den Fjǣrlandsfjorden ein. Nach Nordwesten zweigt ein anderer kleiner Fjord ab, der Esefjorden. Unser Fjord erstreckt sich Richtung Nordosten.
11:00 Uhr geht nach Nordwest wieder ein Fjord ab, diesmal der Vetelfjorden.
Ab und zu reist der Himmel auf und die Wolken steigen höher. Wir sehen einen Wasserfall nach dem anderen und Schneefelder. Manchmal sieht man oben viel Schnee, können Gletscherausläufer sein. Immer wieder an Backbord und Steuerbord kleine Siedlungen. wie wir später am Ende des Fjordes an einer Schautafel lesen, haben die Siedlungen meist kleine Wasserkraftanlagen. Es ist kalt. Beim Ausatmen haben wir Dampf vorm Gesicht. Die Luftfeuchtigkeit ist wohl bei 90%, wen wundert’s! Immer wieder leichter Nieselregen, das kommt wohl aus den tiefhängenden Wolken.
Die ganze Zeit haben wir einen Knoten Gegenstrom. Wir motoren mit 1900 U/min, um wenigstens 5 ktn Fahrt ü.G. zu erreichen.
Gegen 13:00 Uhr sehen wir das Ende vom Fjord. Es geht flach rein. Hier endete früher sicher die Gletscherzunge. Das war bevor Greta Thunberg und Lisa Neugebauer begannen den Weltuntergang zu proklamieren. Heute geht hier am ehemaligen Gletscherauslauf eine Fernstraße darüber… Wahrscheinlich schon 100 Jahre…
Der Ort am Ende des Fjǣrlandsfjorden liegt der Ort Fjǣrland. Hier gibt es einen Schwimmsteg mit ausreichender Wassertiefe. Wir legen an. Pos 61°24‘274 N, 6°44‘471 O. Jetzt nieselt es mal nicht und wir können hoch zum Gletscher schauen, nicht lange, dann zieht es sich wieder zu.
Wir wandern ein bisschen durch den Ort und kehren ein in das Fjǣrland Fjordstove Hotel & Restaurant. Cappuccinound Kekse gibt es. Hübsches gemütliches Haus mit einem super Blick Richtung Gletscher und auf die Gegenüberliegende Seite vom Fjord.
Wir setzen unseren Rundgang im Ort fort, bis zur Kirche. Christian studiert die Grabsteine, fast alle Leute sind älter als 90 geworden… sicher die gesunde und stressfreie Lebensweise hier oben in Norwegen.
14:20 Uhr legen wir wieder ab und treten die 20 Meilen Rückreise nach Vik an. Wir wollen wieder dorthin zurück, wo wir heute Morgen gestartet sind. Nur noch weniger Wind als am Morgen, aber diesmal geht es mit dem Strom. Wir brauchen auf dem Rückweg nur 3 Stunden. Den Fjord hinauf waren es vier Stunden. 18:00 Uhr legen wir in Vik wieder an.
Zwei Ziele haben wir, erstens etwas im Restaurant essen und zweitens zu einer Stabkirche wandern. Das einzige Restaurant in der 1000 Seelen-Gemeinde ist das Brix Hotel, genannt nach dem alten Herrn Brix, einem Unternehmer von hier.
Und die Wanderung zur Stabkirche, die liegt im Süden der Ortschaft, ca 1,5 km Weg. Überall schöne Häuschen und dazwischen Landwirtschaft.
Die Stabkirche ist ein Holzbau aus dem 10 Jahrhundert! Mit Holzschindeln gedeckt und außen geteert. Scheint den Bau haltbar zu machen. Bei Wikipedia erfahre ich, dass das Alter des Holzes durch Untersuchungen auf das 10 Jahrhundert bestimmt wurde.
Wir wandern zurück zum Schiff und nehmen noch einen Gin Tonic. Und Feierabend!
Tag 25, 14. Juni 2022
Vik im Sognefjorden (N) – Leirvik (N), 49 nm
7:30 Uhr kommt Bewegung ins Innere des Schiffes. Aufstehen, Frühstück und das Schiff fertig machen zum Ablegen. Christian ist mit dem Abwasch beschäftigt, ich bringe Müll weg und tanke Wasser in den Vorschiffs- und Achtertank.
9:10 Uhr legen wir ab. Unser erstes Ziel, die Tankstelle am Anleger gegenüber. Leider klappt das nicht mit dem Tanken von Diesel, der Automat bricht den Zahlvorgang immer wieder ab. Macht nichts, müssen wir in einem der nächsten Häfen tanken.
Das Wetter ist alles andere als gut: Bewölkt, die Wolken hängen wie Nebel im Tal, Nieselregen und kein Wind. Also geht es mit Maschine den Sognefjord hinunter nach Westen, Richtung Meer.
Gleich am Morgen kommt uns eine Megayacht entgegen, die KAOS, 115 Meter lang. Fährt sicher dahin, wo wir gestern waren. Nur sicher sind die Gäste besser betucht als wir und trinken zum Frühstück Champagner und essen schwarzen Kaviar. Ich google, die Yacht gehört der US- Milliardärin Nanc Walton Laurie, der Walmart-Erbin. Ihr Vermögen 7,2 Mrd USD. Da sage noch einer, Oligarchen gibt es nur bei den Russen… Na, imposant das Schiff.
Bis 13:00 Uhr Mistwetter, dann klart es auf. Das Bimini packen wir zusammen, jetzt können wir die Sonne ab und an fühlen.
14:00 Uhr haben wir 25 Meilen zurückgelegt, etwas über die halbe Strecke heute und das nur mit Maschine. Aber jetzt wird alles gut: der Wind kommt. Und wir setzen die Segel, Großsegel und Fock.
Den Wind haben wir zwar von vorn, aber das Kreuzen mit 4…5 ktn Fahrt ü.G. macht Spaß.
15:00 Uhr mache ich uns dann Beefburger während Christian das Schiff steuert. Und bis 17:00 Uhr klappt das auch mit dem Segeln. Dann verabschiedet sich der Wind und die Maschine muss wieder ran.
Aber die Windpause war kurz, 17:15 Uhr ist der Wind schon wieder da. Und wir segeln noch eine Stunde. Dann sind wir in der Bucht, die nach Leirvik führt.
18:30 Uhr bergen wir die Segel und fahren nochmal an einer Bootstankstelle vorbei, um die Lage für morgen Früh zu peilen. Dann legen wir längsseits am Gästeschwimmsteg an. Die Marina bezahle ich über die GoMarina App…200 NOK…20 €.
Den Abend sitzen wir bis 23:00 Uhr in der Plicht, essen Fischhappen und nehmen Getränke zu uns und genießen die Stille und den Anblick des niedlichen Ortes Leirvik.
Leirvik (N) – Askvoll, 30 nm
Beide sind wir zeitig wach und sind schon 7:30 Uhr mit dem Frühstück durch. Also machen wir einen Landgang in Leivrik. Hübscher kleiner Ort mit Einkaufsmöglichkeit ab 9:00 Uhr und geschätzten 20 Häusern und einem kleinen Hotel. Wir fragen uns, womit sich die Leute hier beschäftigen. Das Wetter verspricht heute Besserung.
9:00 Uhr legen wir ab und fahren auf die andere Seite des Fjordendes. Hier ist eine Tankstelle, wir wollen tanken. Aber es bleibt beim Wollen, keine Ahnung wie wir die Zapfsäule bedienen. Also brechen wir das Vorhaben ab.
Wenig Wind und wir motoren. 11:00 Uhr geht es durch ein schmales Felsental. Wir schalten den Motor ab und machen einen Angelversuch. Das geht nicht, zu viel Strömung. Die All Right 2 muß mit dem Rückwärtsgang gebremst werden. Aber das Angeln geht so nicht, muß immerhin auf 60 Meter runter.
11:30 Uhr machen wir den ersten Segelversuch. Wenig Wind aber durch die Strömung von hinten, immerhin 1,5 ktn, kommen wir doch voran. Steuerbord und Backbord hohe Felsen.
Es ist Zeit den Blister einzusetzen. Wir bereiten das Vorhaben vor und setzen den Blister. Es bringt 1 ktn mehr Fahrt über Grund, jetzt fahren wir immerhin 4 ktn.
13:30 Uhr ist das mit dem Wind erst mal vorbei, Motor an und gleich darauf ist der Wind wieder da, aber stärker. Wir packen den Blister zusammen und segeln jetzt mit Großsegel und Fock bis kurz vor die Marina von Askvoll.
Und hier gibt es eine Tankstelle. Und nach einigen Anlaufschwierigkeiten klappt das auch mit dem Tanken.
Dann gehen wir an den Anleger und machen das Schiff für die Nacht längsseits fest. Es war ein schönes Segeln und das Wetter hat auch gestimmt. Kein Regen und gute Sicht. Wir haben Berge und Felsen gesehen, die wir bei der Einfahrt in den Sognefjorden gar nicht wahrgenommen haben.
Heute ist Grillen angesagt. Fleisch habe ich schon unterwegs eingelegt. Aber beim Aufbau des Grills fällt mir das Verbindungsrohr zwischen Gasregler und Grill ins Wasser. So ein Mist, liegt jetzt auf 8 Meter Wassertiefe. Aller Ärger hilft nicht. Wir braten die Steaks in der Pfanne.
Eigentlich wollen wir noch mal durch den Ort Askvoll bummeln und gucken… aber wir sind pappe satt und auch schon ein wenig betrunken. Also bleiben wir an Bord und verschieben den Stadtrundgang auf morgen Früh.
Tag 27, 16. Juni 2022
Askvoll (N) – Førde (N), 34 nm
Kein schöner Morgen, mit dem Stadtrundgang wird nichts, Regen. Wir sind froh, dass das Bimini noch aufgeklappt ist.
Also legen wir 8:40 Uhr bei Nieselregen ab. 5 ktn Wind aus OSO. Und wir fahren mit Maschine raus in einen Fjord, der zwischen der Insel Atløya und der Halbinsel auf der Askvoll liegt, gebildet wird. Und wir haben Glück, hier weht richtig Wind, achterlicher Wind. Erst Mal setzen wir nur das Großsegel und es geht mit 5 ktn ü G. voran. Ein bisschen schiebt der Strom. Man Merkt hier den Einfluss der Tide überall.
9:15 Uhr als wir aus dem Fjord herauskommen, bekommen wir Halbwind. Jetzt auch die Fock aufgerollt und das Schiff zieht an. 6,5 ktn …7 ktn.
Wir biegen nach Ost in den Førdefjorden ein und machen super Fahrt. Schade das es regnet und die Wolken tief hängen, fast wie im Nebel. Wir haben die Positionslaternen angeschaltet.
Bis 11:20 Uhr haben wir 14 Meilen versegelt, bei bestem Wind und glatter See. Dann ist die Freude vorbei, wir sind im Fjord und der Wind ist weg und wir haben 1 ktn Strom von vorn. Wir rollen die Fock ein, schlappert nur noch rum…
12:45 Uhr erreichen wir die engste Stelle vom Førdefjorden, hier haben wir zwei Knoten Gegenstrom.
Inzwischen ist der Regen weg und die Wolken heben sich. Das Bimini haben wir zurückgeklappt. Wir sehen die Fjordlandschaft an Steuerbord und Backbord. Wunderschön. Wasserfälle und sattes Grün und Felsen und weiter oben Schnee.
Kurz vor Førde kommt noch mal Wind auf, aber wir haben keine Lust die Segel nochmals zu setzen.
15:00 Uhr haben wir den Ort vor uns. Industrie… muss wohl auch sein. Wir fahren in den Båtklubb und legen am Kopf eines Schwimmsteges an. Hier ist es 10 Meter tief und sicher. Der Eingang oder Ausgang vom Steg ist zugeschlossen. Wir finden einen Motorbootbesitzer, der sagt uns wir sollen beim Gjestekai festmachen. Auf meine Frage antwortet erst, es sei tief genug. Nach Seekarte liest sich das anders. Wir fahren vorsichtig und langsam hin, ich vertraue der Sache nicht richtig, aber wir legen an.
Und dann Gehen wir in die Stadt und suchen den Busbahnhof, damit Christian morgen nach Bergen kommt. Und wir gehen Essen in ein Restaurant.
Zurück am Schiff sind wir geschockt. Wir haben kurz nach Hightide angelegt und kommen kurz vor Lowtide, dem absoluten Niedrigwasser zurück. Das Schiff hängt in der Achterklampe. Christian löst die Achterleine und das Schiff ruckt runter. Jetzt habe ich Panik und schaue erst mal die Tidenangaben nach, 1,70 Meter zwischen Hochwasser und Niedrigwasser. Der Tiefenmesser zweigt Null, aber ich habe eine Reserve bei der Kalibrierung eingestellt. Wir loten mit Faden, 2 Meter. Und die All Right 2 hat nur 1,65 Meter Tiefgang. Glück gehabt… und darauf ein Getränk!
Tag 28, 17. Juni 2022
Førde (N) – Florø (N), 33 nm
Das Tidenproblem haben wir unbeschadet überstanden und beruhigt geschlafen. In der Nacht bei Hightide habe ich mal rausgeschaut, gegen 1:00 Uhr, da stand das Freibord der Yacht 30 cm über dem Rand der Pier. Jetzt, nach dem Aufwachen sind wir ganz unten. 1,77 Meter zwischen Hochwasser in der Nacht und Niedrigwasser am Morgen.
Es ist der 17. Juni. Christian reist heute ab, dann bin ich wieder alleine unterwegs, bis Moni dann am 7. Juli nach Bodø kommen wird. Also frühstücken wir unter Seemännern noch mal gemeinsam und erinnern uns, an den 17 Juni. Am 17. Juni 1953 war der Volksaufstand in der DDR. Wenn es so weiter geht in unserer Bunten Republik, dann werden wir bald auch wieder einen Aufstand haben, so geht unsere Frühstücksdiskussion aus.
10:40 Uhr machen wir uns auf den Weg zum Bus. Wir müssen weit hochsteigen, um von Bord zu kommen. Den Weg zum Busbahnhof haben wir gestern Abend erkundet, so kein Problem. An der Haltestelle müssen wir dann doch noch warten. Christian fährt pünktlich 11:45 Uhr ab.
Ich schlendere zurück zur Marina. Ich habe Zeit, will erst mit ablaufenden Wasser gegen 13:00 Uhr die Leinen losmachen. Hochwasser ist 12:30 Uhr.
12:30 Uhr lege ich dann auch ab. Ein bisschen zu zeitig, noch ist der Strom nicht gekippt. Unterwegs ist ein bisschen Wind. Der Versuch ist es wert, ich setze Groß und Fock. Aber richtig geht das nicht los. Im Fjord kommt der Wind mal von Steuerbord, mal von Backbord und nicht viel. Die Fock rolle ich ein und fahre mit Maschine und Groß. Ein bisschen fängt der Strom an zu schieben. Das Wasser ist flach, mal regnet es, mal reist es auf.
Ab 14:00 Uhr regnet es unaufhörlich. Und plötzlich habe ich 19 ktn Wind. Müssen Fallwinde von den Bergen rund um mich sein. Maschine aus und es geht nur mit Groß mit 7ktn ü.G. voran.
Moni hat mich am Telefon gefragt, ob man die Wasserfälle rauschen hört. Also fahre ich dicht unter dem Ufer an einem Wasserfall vorbei und filme zum Beweis, ja man hört das Rauschen, und wie. In Google Earth sehe ich, dass der Wasserfall südlich der kleinen Insel Helgøyna vom Gletscher Blåfonna aus einer Höhe von 1200 Meter runterkommt. Ich sehe nur das untere Stück.
15:00 Uhr fahre ich durch das engste Stück des Førdefjorden. Jetzt haben wir 2 Ktn Strom von hinten, dass ersetzt den inzwischen wieder abgestellten Wind.
Durch die Stromschnelle durch muss die Maschine wieder ran. Ich hole das Großsegel ein und die Pütz raus. Die Plicht sieht dreckig aus, das Schiff läuft mit Autopilot und ich mache die Plicht sauber, Schlagpütz und viel Wasser aus dem Fjord, nass ist das Schiff vom vielen Regen ohnehin.
Kurz nach 16:00 Uhr, wir sind ziemlich raus aus dem Fjord, setzt der Wind wieder ein. Eigentlich wollte ich heute nicht mehr arbeiten, aber die Dieselpreise… Ich überwinde mich, ziehe das Groß hoch und mit Fahrt >6 ktn und nur Groß bei Halbwind aus SO geht es ab wie „Schmidts Katze“. Und es wird auf den letzten 15 Meilen noch besser, der Wind geht über 20 ktn. Reff 1 ist angesagt und es geht mit 7 ktn ü.G. dem Tagesziel entgegen. Weiter geht der Wind in Böen bis 30 ktn. Schnelle Fahrt bei schlechter Sicht, es regnet und die Wolken hängen tief.
17:30 Uhr geht es hinein in die Insel Florø. Das ist wie ein Naturhafen. Hier reicht‘s mir, ich berge das Großsegel ein und fahre durch die Schären bis in die Marina von Florø und lege längsseits an, Pos 61°36‘058 N, 05°01‘825 O. Meinen Anleger trinke ich unter dem Bimini bei strömenden Regen, aber es ist nicht kalt.
Ich ziehe mir trockene Sachen an, mache mich landfein, will in den Hafenpub. Aber der ist voll. Die anderen Gaststätten auch. Hier ist Volksfest. Auf einer Tribüne Musiker. Bei Regen, lange Tafeln in der Fußgängerzone. Kostenloses Essen und Mineralwasser. Nicht mein Fall, ich kaufe mir für 18€ eine kleine Pizza beim Pizzabäcker aus Sri Lanka, der wie er mir erzählt schon 33 Jahre in Norwegen lebt.
Ich gehe zurück zum Schiff und esse meine Pizza mit dem Rest Rotwein und 20:00 Uhr liege ich in der Koje.
Tag 29, 18. Juni 2022
Florø (N) – Måløy (N), 29 nm
Heute früh mache ich langsam. Am Morgen hat es noch geregnet und ich hoff der Rest des Tages ist mal nicht verregnet. Einige Segler verlassen den Hafen, ich schreibe noch an meinem „elektronischen“ Logbuch.
Dann unterhalte ich mich noch ein paar Worte mit dem Skipper von der S/Y „Hamburg Express“. Der wartet noch auf eine neue Crew. Deren Ziel ist das Nordkap. Ich träume ja auch ein bisschen davon.
11:25 lege ich dann ab. Ich habe mir Nasszeug angezogen und ich bin auf eine windige Fahrt eingestellt. Vorsorglich habe ich gleich das 1.Reff in das Großsegel eingebunden. Draußen aus dem Hafen raus ist ganz schön Knatter. Ich reffe weiter, Reff 2 ist angesagt. Erst mal geht’s im Fahrwasser etwa eine Meile hoch am Wind. Ich unterstütze mit Maschine.
Dann geht es auf Nordkurs und hier habe ich erst Halbwind dann achterlichen Wind, wechselnd zwischen 15 und 25 ktn. Ich mache schnelle Fahrt mit der All Right 2.
Gegen 13:00 Uhr geht es auf Nordwestkurs zwischen die Insel Bremanger und das Festland Steuerbord und Backbord hohe Berge, die steil ins Wasser reichen. Es ist wie im Windkanal. Der Wind ist meist achterlich, ich fahre platt vor dem Wind und surfe auf der Welle. Die Welle ist geschätzt 1,5 Meter. Der Wind ist minimal 20 ktn, im Maximum messe ich 30 ktn. Ich fahre die meiste Zeit über 7 ktn schnell. Manchmal denke ich schon an Reff 3, aber ich belasse es bei 2 Reffs. 3…4 Mal muss ich das Segel shiften.
14:35 Uhr, Kurswechsel, es geht auf Nord. Wir müssen die Insel Bremanger quasi umrunden. Der Wind bläst trotz des Kurswechsels weiter von hinten. Und hier kommen auch die berüchtigten Fallwinde. Der Berg an Backbord ist hoch und ich bin froh die Baumbremse zu haben. Ehe ich mich versehe shiftet das Segel von selbst. Ich muss höllisch aufpassen und habe das Steuer in der einen Hand und die Großschot in der anderen um schnell durchzusetzen, wenn der Baum sich bewegt.
Die Umrundung der Insel Bremanger gelingt gerade so, dann habe ich den Wind von vorn. Eine Weile lasse ich das Großsegel noch oben, in der Hoffnung dann hoch rangehen zu können. Wird nix. Ich berge das Großsegel und fahre mit Maschinenkraft gegen den Wind ca. 3 Meilen, bis zum kleinen Inselchen Risøya. Hier biege ich nach Steuerbord ab. Und es lohnt sich nochmals das Großsegel zu setzen. Und der Wind ist erst raum, dann muss ich wieder hoch ran. Und dazu rolle ich dann die Fock aus. Aber das schaft mich. Es kommen Böen bis 25 Knoten. Ich rolle die Fock wieder ein und jetzt habe ich wieder Halbwind. Es ist verflixt. Ich erreiche die Brücke rein nach Måløy segelnd.
Hinter der Brücke berge ich das Segel und bereite das Anlegen in der Marina vor. Fender, Leinen und dann fahre ich erst mal in die Marina und sehe wie ich am besten anlege. Wenig Schiffe hier und ich suche mir einen Platz am Finger aus, gegen den Wind und ich will diesmal vorwärts anlegen.
Raus aus der Marina nochmal und ich bringe die Leinen und Fender an. Da verliere ich einen Fender an die Norwegische See. Ich übe Mann über Bord Manöver. Ich gehe in Lee an den Fender, Aber das Schiff treibt schneller weg als der Fender an das Schiff. Am Ender gebe ich den Fender auf.
Beim Anlegen helfen mir Leute vom Nachbarschiff, Norweger. Und die laden mich gleich zu sich ein auf einen Aquavit. Ich bringe das Bier mit. Die sind von den Lofoten und haben ihr Schiff in Stavanger gekauft und sind auf dem Weg zurück nach Svolvǣr/ Lofoten. Ich erzähle, dass ich einen Neffen habe der mal 2 Jahre auf den Lofoten gelebt hat. Und die Fragen mich nach seinem Namen und kennen ihn und seine Frau und die Schwester seiner Frau. Die Welt ist eine Erbse!
Wir gehen am Abend zusammen ins Restaurant Essen und unterhalten uns über die Lofoten, das Leben und die Politik.
Tag 30, 19. Juni 2022
Måløy (N) – Fosnavåvag (N), 37 nm
Den Wecker habe ich auf 5:00 Uhr gestellt. Draußen regnet es. Ich bleibe bis 6:00 Uhr liegen und es hat sich gelohnt, der Regen hat aufgehört. Kleines Frühstück ist angesagt, ich habe kaum Hunger und auch keinen richtigen Appetit. Gegen 7:00 Uhr bereite ich leise mein Anlegemanöver vor. Die Nachbarn schlafen noch. Als ich kurz nach Sieben die Maschine anlasse guckt der Nachbar, mit dem ich gestern Essen war aus seiner Kuchenbude und fragt, ob ich wirklich los will. Die Welle drausen sei sehr hoch und ist gegen Mittag weniger. Ich lasse mich nicht von meinem Plan abbringen denn, zwar ist die Welle hoch, aber der Wind ist erträglich. Am Nachmittag soll der Wind auf 5…6 bft hochgehen und auf die Nase kommen und das will ich mir nicht antun.
Also lege ich 7:15 Uhr ab und tuckere bei wenig Wind den Sund nach Nord Richtung offene See. Keine Welle, kein Wind, ich wäge mich in Sicherheit und freue mich über die Sonne. Nach Tagen Regen ist das ein Lichtblick.
Ich lasse die Insel Silda an Steuerbord und es wird welliger. Langgezogene Welle, ganz leicht und sanft. Ich nehme Kurs auf Buholmen, den äußersten Zipfel der Halbinsel Stadlandet. Je näher ich der Halbinselspitze komme umso höher werden die Wellen. Wind ist keiner.
Gegen 10:00 Uhr spüre ich dann die Norwegische See. Die Welle wird höher und höher. Kurz nach 10:00 Uhr dann habe ich für anderthalb Stunden 6 Meter Wellen von Schräg vorn. Die All Right 2 versinkt in den Wellentälern und danach ist sie wieder ganz oben. Zwei Frachter kommen mir entgegen. Von denen sehe ich manchmal nur die Brücke und auch die schaukeln ganz schön. Ich esse zwei Äpfel und habe den Hochseetest bestanden, mir ist nicht schlecht.
Ab 11:50 Uhr ändert sich mein Kurs, Ich habe die Halbinsel umrundet und ich habe jetzt die Welle fast von hinten. Groß und Fock werden gesetzt, der Wind kommt von schräg vorn, ich komme auf 30° ran. Und das Schiff surft auf der Welle und wird vom Wind auf Kurs gehalten. Bis 14:30 Uhr segle ich und ich freue mich: ein einsames Segelboot kommt mir entgegen.
Unterwegs beobachte ich wie sich Wellen entgegenkommender Strömungen gegeneinander brechen. Ein einzigartiges Spektakel!
Halb Drei berge ich die Segel und weiter geht es mit Maschine bis zum heutigen Tagesziel, Fosnavåg.
14:45 Uhr durchfahre ich eine Schmale Rinne, nur 5 Meter tief und unterquere die 20 Meter Durchfahrt der Straßenbrücke.
Punkt 15:00 Uhr lege ich längsseits am Schwimmsteg des Gjesthamn in Fosnavåg an. Pos 62°20‘491 N, 5°38‘176 O. Und jetzt erst mal die warmen Klamotten runter. Es ist warm, fast heiß in der Sonne. Ich trinke ein Bier und freue mich das ich es geschafft habe.
Dann koche Spaghetti und esse und werde müde. Nach zwei Stunden späten Mittagsschlaf sehe ich, das hinter mir ein Segler angelegt hat, Norweger. Und die haben ein Problem, die haben bei Seegang die Luke der Vorschiffskabine nicht richtig geschlossen. Alles nass. Ich helfe denen beim Aufhängen der Sachen.
Und dann unternehme ich noch einen Spaziergang durch den Ort.