Spätsommer 2025, Große Reise alleine
Der Sommer lief alles andere als planmäßig. Die Saison sollte losgehen mit der Teilnahme an der Midsummersail, einer Regatta von Wismar bis zur gelben Tonne nach Töre in Schweden, eben den Bottnischen Meerbusen hoch. Daraus ist leider nichts geworden, der Eigner der Segelyacht „Wet One“ hat aus beruflichen Gründen abgesagt. Derweil habe ich alleine und mit dem Sohn Robert und meiner Frau Monika noch einige Runden gedreht, immerhin 1100 Seemeilen auf unserer Segelyacht „All Right 2“. Dann kam der 95. Geburtstag meines Vaters und nun endlich bin ich frei. Was heißt frei, eigentlich würde ich gerne die nächsten zwei Monate mit meiner Frau segeln. Aber die Moni hat Gäste in Gustow, ihre 94-jährige Mutter und Moni’s Schwester samt Familie. Also mache ich mich alleine auf Reisen. Zwei Monate plane ich, August und September.

Tag 1, Donnerstag, 31.Juli 2025, Gustow –Thiesow (D), 22 nm
Gestern haben wir noch Mal gemeinsam auf unserer Terrasse in Gustow gegrillt, lecker Lammlachs und ein gutes Stück Rind dazu Wein und danach Jakuzzi. Das werde ich wohl die kommenden zwei Monate nicht haben. Und heute, am 31. Juli ist Packen angesagt. Wir haben Zeit. Das Schiff ist gegen Mittag soweit beladen. Moni fährt nach Hause um mein Anlegemanöver nicht zu stören. 12:00 Uhr ist es dann soweit, ich lege ab. Der Wind kommt aus West. Ich setze das Großsegel im Jaich-Fahrwasser. Bis zum Zudar, den unteren Ausgang des Strelasund segle ich ziemlich hoch am Wind. Eigentlich dachte ich im Voraus, es wird ein Halbwindkurs…aber denkste! 14:45 Uhr dann Kurswechsel Richtung Thiesow. Ich bekomme hier einen Anruf von Ecki, von der S/Y „Alte Liebe 2“. Er ist auf Gegenkurs, von Greifswald kommend. Er und seine Frau verabschieden sich von mir. Weiter Richtung Thiesow habe ich fast Halben Wind, aber nicht zu viel. Immerhin fahre ich aber immer mindestens 5 ktn ü.G. Das Wetter ist heute nicht besonders, immer wieder ein Regenschauer. Ich baue das Bimini auf und ab und wieder auf und ab. 16:50 Uhr bin ich unmittelbar vor dem Fahrwasser nach Thiesow. Ich hole die Segel ein. Bis zuletzt denke ich daran vor Thisow zu ankern, aber letztlich fahre ich dann doch in den Hafen. Ich finde auch einen Platz am Kopfende einer Hafenmole. Ablandig bläst der Wind und das Anlegen ist nicht so einfach. Zwei Segler helfend am Pier verstehen aber nicht, wie mit einer Spring angelegt wird… sie belegen nicht, sondern wollen die Leine auf Slip legen und das lose Ende zurückgeben. Das lässt wiederum der ablandige Wind nicht zu. Nach einem weiteren Anlauf klappt es dann endlich. Die Hafenkneipe „Seeröver“ hat auf und ich esse noch Hering mit Bratkartoffeln. 20:00 Uhr lege ich mich schlafen. Morgen früh beginnt der Tag für mich um 4:00 Uhr.

Tag 2, Freitag, 1.August 2025, Thiesow (D) – Rønne/Bornholm (DK), 71 nm
Alles läuft nach Plan: 4:00 ist Wecken. Draußen ist es noch dunkel. Das Ist der Nachteil später Segelreisen. 5:15 Uhr lege ich leise ab. Der Wind schiebt mich von der Pier. 5:40 Uhr bin ich am Zicker haken und setze Groß und Fock. Es läßt sich gut an, 12 ktn halber Wind. Ich sehe außer zwei Fischkuttern keine Schiffe. 6:45 Uhr dann Kurswechsel in das Fahrwasser aus dem Bodden, Wind Backstags 11…14 ktn…. schnell ist anders. Auf der offenen Ostsee schifte ich einige Male die Segel. Die Fock wird immer vom Groß abgedeckt. Macht keinen Sinn, ich rolle sie ein. 8:00 herum setzt hässlicher Nieselregen ein. Ich schütze mich mit dem Bimini. Im deutschen Territorialgewässer sehe ich dann noch zwei zivile Wachschutzboote. An einem fahre ich direkt vorbei. Die scheinen die noch nicht gesprengten Pipelines zu bewachen. 11:00 Uhr sind 30 Meilen versegelt. Die Insel Rügen verschwindet immer mehr im Dunst. Immer noch segle ich nur mit dem Großsegel. Ich bin froh wenn ich die Geschwindigkeit größer 5 ktn halten kann. 13:00 Uhr, dann richtige Regen. Ich ziehe Naßzeug an. Eigentlich ist ja mein Ziel Hammerhafen an der Nordspitze Bornholms. Mehrmals denke ich schon nach Nexø an der Ostküste Bornholms abzudrehen, wäre vermutlich ein schnellerer Kurs. Aber nachdem ich 40 Meilen versegelt habe setze ich wieder die Fock und fahre schiftend mal Steuerbordbug, mal Backbordbug vor dem Wind her. Das Halsen geht mit Baumbremse und Selbstwendefock wie von selbst. Hammerhafen habe ich inzwischen vom Plan gestrichen. Ich steuere Rønne an. Im Logbuch notiere ich 14:55 Uhr: 50 Meilen versegelt und 16:50 Uhr: 60 Meilen versegelt. Inzwischen ist das Wetter besser. Es scheint jetzt, näher an Bornholm die Sonne. 17:10 Uhr berge ich die Segel. Es sind nur noch knapp 10 Meilen bis in die Marina in Rønne. Das letzte Stück wird motort, genug gesegelt heute! Ein bisschen habe ich Angst keinen Platz mehr in der Marina zu finden. Ein Segelboot unter schwedischer Flagge mit 4 Leuten an Bord überholt mich noch vor der Hafeneinfahrt. Was soll’s! 19:00 Uhr endlich lege ich selber an, rückwärts im Anlegefinger. Die Schweden, die mich überholt haben liegen zwei Plätze weiter und haben vor mir festgemacht. Nicht einer fragt, ob ich Hilfe beim Anlegen brauche… auch gut so, da konnte ich ungestört anlegen. Im Hafen ist Musik, Livemusik, direkt am Hafenkaffee „Kaas“. Ich genehmige mir dort noch ein Faßbier, beobachte die Leute mit den tausend Hunden und höre der Musik zu. Dann gehe ich zum Schiff zurück und feiere mit einer Zigarre und einem Rest Rotwein meine 70-Meilen-Überfahrt. Morgen werde ich azsschlafen und dann nach Schweden weitersegeln. In Rønne war ich schon viele Male, was soll ich hier.






Tag 3, Sonnabend, 2.August 2025, Rønne/Bornholm (DK) – Brantevik (S), 29 nm
Erst 9:00 Uhr wache ich auf, habe geschlafen wie tot. Für das viele Hafengeld nutze ich die Duschfasilitäten. Es ist Sonnenschein, richtiges Sommerwetter. Und dennoch ich frühstücke unter Deck… bin zu faul alles hoch in die Plicht zu befördern. 11:00 Uhr lege ich ab. Es ist warm, auch im Wind, ich habe obenrum nur ein T-Shirt an und das bis Schweden. 11:10 Uhr sind die Segel gesetzt und ich setze gleich direkten Kurs Richtung Simrishamn ab. Es ist ein Halbwindkurs, der Wind kommt aus West. Es geht bei 12…13 ktn Wind ganz gut voran Richtung Bornholmsgatt. 12:10 Uhr bin ich querab Hasle und sehe die alte Burg oberhalb Hammerhafen. 12:40 Uhr habe ich querab an Steuerbord die Nordspitze von Bornholm, 10 Meilen habe ich versegelt. 13:05 Uhr fahre ich in das Verkehrstrennungsgebiet im Bornholmsgatt ein. Ganz schöner Verkehr in beiden Richtungen ich muß da mitten durch. Allen Schiffen habe ich dem AIS Signal einen Richtungsvektor zugeordnet. So weiß ich wer vor oder hinter mir durchgeht. Inzwischen ist der Wind auf 15…18 ktn, wechselnd hochgegangen. Auch die Welle hat zugenommen. Ich fahre jetzt sehr oft über 7 ktn ü.G. Und mein Schiff surft auf der Welle… einige Male fahre ich 8 ktn ü.G. 14:10 Uhr verlasse ich das Verkehrstrennungsgebiet im Norden. Jetzt ist es nicht mehr weit bis Simrishamn. Aber da ist noch ein kleiner Hafen davor in Brantevik und den laufe ich an. Und das ist die richtige Wahl, ein kleiner Fischereihafen ohne Fischerboote in einem kleinen Örtchen. 15:40 Uhr habe ich angelegt. Und da ist da eine kleine Gaststätte mit Terasse, direkt am Hafen. Ich kann nicht widerstehen. Ich bin hungrig und bestelle mir Muscheln und Pommes und ein Bier dazu. Als ich zum Schiff zurückgehe kommt ein Mann mit einem Auto und bringt ein Tablett auf eines der Boote. Ich sage zu ihm, das sieht ja lecker aus. Und prompt, ich sitze im Schiff, da klopft einer an der Reeling. Ich denke, es ist der Hafenmeister… nein, ein Mann von eben diesem besagten Boot bringt mir einen Rest geräucherten Lachs. Ich tausche gegen eine Büchse Bier. Den Lachs esse ich morgen auf meiner Weiterfahrt nach Karlskrona.




Tag 4, Sonntag, 3.August 2025, Brantevik (S) – Karlskrona (S), 62 nm
Eigentlich wollte ich weiter nach Utklippan, eine kleine Insel südlich von Karlskrona, ein guter Ausgangspunkt um den Kalmarsund nach Norden zu befahren. Aber in Karlskrona liegen Inge und Heinz mit ihrer SY „Sulis“. Die sind aus der Nähe von Stralsund und ich hatte sie 2019 in Karlskrona kennengelernt, auf meiner Reise in den Bottnischen Meerbusen.
Also segle ich nicht nach Utklippan, sondern nach Karlskrona für ein erneutes Treffen. Also stehe ich sehr zeitig auf und lege schon 5:33 Uhr in Brantevik ab. Es ist hell und der Tag verspricht schön zu werden. Vor dem Hafen setze ich Groß und Fock. Die Maschine lief ganze 10 Minuten und schon segle ich. Der Wind kommt wie vorhergesagte aus SSW, 190°, 3bft, 10…12 ktn. Das bedeutet für mich halber Wind und es geht mit 5ktn ü.G vorwärts. Und der Wind nimmt weiter zu, 8:00 Uhr 12..15 ktn Wind und ich segle 100° am Wind und fahre jetzt schon 6 ktn ü.G. So macht segeln Spaß. Das wäre auch ein Kurs für Moni, aber die ist leider nicht an Bord. Gegen 9:00 Uhr habe ich 20 Meilen versegelt und die schwedische Festlandküste verschwindet am Horizont. 10:30 Uhr sehe ich am Horizont an Backbord die kleine Insel Hanö. Da waren wir auch schon einige Male auf früheren Reisen. 30 Meilen bin ich inzwischen unterwegs, ungefähr die halbe Strecke die ich heute absolvieren möchte. Unterwegs sehe ich so gut wie keine Schiffe. Ich fahre abseits der Hauptfahrwasserstraßen.
12:30 Uhr, 40 Meilen sind versegelt und der Wind kommt immer mehr direkt von hinten. Um weiter Groß und Fock zu fahren entscheide ich mich immer 120° am Wind zu fahren. Das entspricht nicht meinem geplanten direkten Kurs bis zur Einfahrt nach Karlskrona. Ich schifte mehrmals, fahre Halsen.
Inzwischen wird der Wind immer weniger. 14:30 Uhr gebe ich auf. Ich berge die Segel und gehe über auf Maschinenfahrt. Aber es ist ja nicht mehr weit bis zur Einfahrt in die Schären südlich von Karlskrona und immerhin bin ich 50 Meilen gesegelt. Bisher war kaum Abwechslung abgesehen von zwei drei Seglern die nach Westen abgelaufen sind. Aber jetzt sehe ich Küste und Schären und Fahrwassertonnen. Die Einfahrt nach Karlskrona ist mir aus vergangenen Reisen bekannt. Ich komme vorbei an alten Festungen und eine an Steuerbord, die von der Schwedischen Armee noch genutzt wird. Ich hangle mich weiter durch die Inseln vor Karlskrona und komme am Marinemuseum vorbei. Auch das habe ich und wir viele Male besucht.
Ich erhalte eine WhatsApp Mitteilung von Heinz. Er schickt mir ein Bild an welchem Steg die SY „Sulis“ liegt. Und ich mache es so wie 2019, ich lege mich Rückwärts in die Finger am Steg der „Sulis“ gegenüber. Verrückt! 16:40 Uhr habe ich angelegt und wir begrüßen uns herzlich. Inge und Heinz sind auf der Rücktour und schon seit Ende Mai unterwegs. Wir treffen uns bei mir au der SY „All Right 2“. Wir trinken den Anleger zusammen. Es gibt viel zu erzählen und ein Bier löst das nächste ab und es gibt Wodka und Wurst, Käse und Saure Gurken und wir sitzen bis es dunkel wird.






