Tag 26, Montag, 25. August 2025, Lohusalu (EST), Hafentag, keine Meilen
In der Nacht hat es ganz schön geruckt. Wenn ich mit dem Heck an der Mooringboje hänge und der Bug mit zwei Festmachern auf der Pier festgemacht ist, schwoit das Schiff. Da kann ich die Mooringleine durchsetzen bis die Mooringboje im Wasser verschwindet. Die Festmacherleinen rucken dann beim Schwoien, auch mit Ruckdämpfern. Eigentlich ist es besser mit der Nase an der Mooringboje und dem Heck an der Pier. Aber alleine ist das immer so eine Sache. Na ich habe die Nacht überstanden. Die Sauna gestern Abend hat mir gutgetan und ich habe bis 8:00 Uhr fest geschlafen. Ich stehe erst mal auf, es ist kalt im Schiff, ich schalte die Heizung ein und haue mich wieder in die Koje.
Gegen 9:30 Uhr winde ich mich aus der Schlafpossition, inzwischen ist es gemütlich warm. Ich mache mir Frühstück und sitze so vor mich hin. Dann arbeite ich ein wenig an meinem Blog, ich fasse die letzte Woche zusammen.
Gegen 13:00 Uhr bessert sich das Wetter. Ich ziehe mich warm an, wandle ein bisschen im Hafen rum und sehe Fahrräder zum Ausleihen. Und ich nehme mir eines, für 4€ die Stunde. Mein eigenes über den Bug des Schiffes auf die Pier zu transportieren ist mir zu anstrengend.
Also unternehme ich eine zweistündige Fahrradtour bis in den nächsten kleinen Ort. Die Straße führt durch den Wald. Überall stehen schicke Häuschen und Ferienunterkünfte mitten zwischen den Kiefern.
Im kleinen Ort Looduse finde ich ein kleines Café „Ott & Mathilda“. Hübsch nostalgisch eingerichtet ist es und ich bestelle mir Kaffee und Apfelkuchen…lecker. Draußen esse ich noch ein Eis. Inzwischen ist es richtig warm geworden, die Sonne lacht.
Ich trete meine Rücktour zum Hafen an. Unterwegs mache ich im bescheidenen Supermarkt -super ganz klein geschrieben- noch ein paar Einkäufe.
Und dann ist Siesta auf dem Schiff. Und später mache ich mir noch mal Rinderroulade mit Kartoffeln und Rotkraut. Gab es zwar letztens erst, aber mit einem Glas Rotwein oder zwei schmeckt das immer.
20:00 Uhr ist Sauna und dann ist der Tag auch zu ende. Morgen geht es weiter nach Tallin.




Tag 27, Montag, 26. August 2025, Lohusalu (EST) –Tallinn (EST), 25 nm
Nachts lag das das Schiff ruhig, der Wind hat gedreht. Ich bin ausgeschlafen und schon 7:00 Uhr auf den Beinen. Heute habe ich nur eine kurze Tour bis Tallinn vor, da kann ich mir Zeit lassen.
8:20 Uhr lege ich das erste Mal ab. Ich fahre zur Schiffstankstelle und fülle den Dieseltank auf. Obwohl ich fast immer segle werden schon einige Liter verbraucht, fürs Heizen, am Morgen beim Verlassen des Hafens eine Stunde Maschine und bei der Einfahrt in den Hafen… und natürlich hatte ich ja auch einige Strecken zu motoren. Also kurz, ich habe den Tank für alle Fälle immer gerne voll.
Und 8:50 Uhr lege ich nun richtig ab und Fahre in die Bucht vor dem Hafen Lohusalu. Eine ganz schöne Welle schiebt sich bei dem Nordwestwind rein, ich schätze 1 Meter oder auch 1,5 Meter. Ich setze schnell Großsegel und Fock. Bei 14 ktn Wind nimmt das Schiff schnell Fahrt auf.
Ich steuere in geradem Kurs auf die Spitze Surupipoolsaar an, 6 Meilen entfernt. 10:00 Uhr herum bin ich dort und ändere den Kurs erst nach Ost, dann nach Südost. Wenn der Kurs am Anfang ein Amwindkurs war geht es jetzt immer mehr auf Halbwind. 10:30 Uhr habe ich 10 Meilen versegelt, etwa die Hälfte bis Tallinn. Gegen 12:00 Uhr sehe ich an Steuerbord das erste Mal Tallinn, nicht mehr weit.
Ich ändere den Kurs direkt nach Süden. Ich muss halsen, die Fock rolle ich ein, dann fahre ich mit dem Großsegel platt vor dem Wind. 12:30 Uhr habe ich 20 Meilen geloggt. Jetzt starte ich den Motor und gehe in den Wind, um das Großsegel zu bergen um dann direkten Kurs auf die Marina Noblessner zu nehmen.
13:00 Uhr lege ich am Schwimmponton rückwärts zwischen Fingern an. Der Hafenmeister hilft beim Anlegen, eigentlich gab es gar nichts zu helfen aber ich gebe ihm das Gefühl. Bei der Gelegenheit gilt es anzumerken, dass Hafenmeister selbst mal einen Segel- und Anlegekurs machen sollten.
Ich bezahle beim Hafenmeister für zwei Tage erstmal. Ich warte ja auf einen Gast, den Valdis, den ich aus meiner Zeit in Jekaterinburg kenne, 1990/91. Er war dort der Stationsleiter der Lufthansa.
Beim Hafenmeister erfahre ich den Zugang zur Waschmaschine und Trockner. Wäschewaschen ist angesagt. Die Stadt muss warten.
Abends gehe ich in ein nahegelegenes Restaurant. Ich bestelle mir eine kleine Flasche Weißwein und gebratene Forelle. Dann kommt das Essen. Es ist 1. Lachsforelle aus der Fischzucht und die Portion soooo klein. Ich knurre die Kellnerin auf Englisch an: „That’s as much as a bird shit“. Und ich bitte sie diese Message dem Management des Restaurants zu überbringen. Und das junge Fräulein kommt prompt wieder an meinen Tisch und teilt mir die Entschuldigung des Managements mit und sagt ich bekomme ein Dessert, das auf das Haus geht. Na also, geht doch, ich nehme ein leckeres Pistaziendessert und bin dann doch auch satt. Man darf sich eben nicht alles gefallen lassen.









Tag 28, Mittwoch, 27. August 2025, Tallinn (EST), Hafentag, keine Meilen
Ich habe ausgeschlafen und mache gar nichts. Ich warte auf Valdis. Der kommt mit 1,5 h Verspätung aus München in Tallin an. Ich habe ihm die Adresse der Marina gesendet und 14:00 Uhr ist er endlich am Schiff.
Na erst mal das übliche: Bekanntmachen des Gastes mit dem Schiff. Wir nehmen auch einen Willkommenstrunk, natürlich und ich habe einen kleinen Imbiss vorbereitet.
Dann nehmen wir die Fahrräder, die ich vorbereitet habe, und radeln erst mal zum Museum: Lenusadam, der alte Wasserflughafen. Das Museum ist in einem riesigen Spannbetonhangar. Das muss man gesehen haben. Ich war bei meiner Reise 2018 schon mal drin und habe damals eine Geschichte darübergeschrieben. Darin ist viel über die Estnische Marine gezeigt, u.a. eines der beiden U-Boote der estnischen Marine von 1939. Schade, den Ausstellungsteil über die Fähre Estonia, die 1992 gesunken ist, finden wir nicht.
Bei schönstem Wetter schauen wir uns noch zwischen den Kriegsschiffen im Außenbereich um und klettern auf den alten Eisbrecher.
Wir radeln weiter in die Altstadt. Es ist nicht weit, aber ohne die Fahrräder wären wir schlecht dran.
Unser Weg führt uns durch die alte Stadtmauer und die alten Gassen auf den ganz oben gelegenen Stadtteil. Hier sind viele Diplomatischen Vertretungen und Regierungsgebäude und eine Orthodoxe Basilika sowie eine Evangelische Kirche. Wir genießen den herrlichen Ausblick auf Tallin.
Unser Weg führt uns runter zum großen Marktplatz. Der ist gesäumt von Restaurants und da steht das alte gotische Rathaus.
Und der Hunger treibt uns in eines der Strassenrestaurants. Wir bestellen Bier, Schaschlik und Porkribs. Nach dem Essen stellen wir fest: es war viel zu viel. Alte Leute brauchen eigentlich Seniorenportionen. Aber da war es ja schon zu spät.
Es geht nach Hause, Richtung Schiff. Auf dem Weg kaufen wir noch in einem Supermarkt ein.














Tag 29, Donnerstag, 28. August 2025, Tallinn (EST) – Insel Prangli (EST), 20 nm
Wir schlafen aus. Valdis hat seine erste Nacht auf einer Segelyacht verbracht und sagt, es war o.k. Wir essen zum Frühstück Weißwürste und Brezeln die Valdis aus München mitgebracht hat. Mal was Anderes! Beim Frühstück sagen wir uns, dass wir gestern genug von Tallin gesehen haben und um die Mittagszeit zur Insel Prangli, 20 Meilen entfernt segeln werden.
Am Morgen hat es ein kleinwenig geregnet. Nach dem Frühstück klart es auf. Wir erkunden die Gegend rund um die Marina. Der Teil von Tallinn hier nennt sich „Noblessner“, so wie auch unsere Marina. Noblessner war ein Industriegebiet, direkt am Hafen, welches von Nobel und Lessner einst zu Zarenzeiten gegründet und erbaut wurde. Die beiden hatten wohl guten Zugang zum russischen Zaren. Und das gesamte Industriegebiet aus schönen Kalksandsteingebäuden wurde restauriert. Es beherbergt heute Eventcenter, Apartmenthäuser, Geschäfte und schicke Lofts. Das muss alles in den letzten Jahren entwickelt und entstanden sein, ein sehr wohlhabendes Gebiet. Ich stelle mir die Frage woher die Leute, die hier wohnen, das Geld wohl haben.
Und gegen Mittag kommt die Sonne raus, es wird richtig sommerlich. Wir machen das Schiff segelklar und legen 12:25 Uhr ab. Zuvor habe ich Valdis noch ein klein wenig Einweisung für die Rettungsweste gegeben und gezeigt wie man eine Klampe belegt.
Wir fahren mit Maschinenkraft in die Bucht vor Tallinn. Es ist wenig Wind, 3…4 ktn, aber Sonnenschein und warm. Wir setzen trotzdem die Segel, Großsegel und Fock. Aber das Segeln bringt uns nur sehr langsam voran. Wir unterstützen mit Maschine.
Wir fahren auf Nordkurs und folgen dem Weg, den die Fähre neben uns Richtung Helsinki fährt. Von der Noblessner Marina geht es also 9 Meilen nordwärts.
14:30 Uhr dann ändern wir den Kurs nach Nordwest und halten auf die Insel Prangli zu. Den wenigen bis keinen Wind haben wir auf der Nase. Ich berge die Segel. Da muss eben der Motor herhalten.
Valdis informiert sich im Internet über die Geschichte der Insel. Die war ganz früher mal Schwedisch, dann Estnisch, dann besetzt von den Deutschen und später sowjetisch besetzt. Beim Vorrücken der Deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg zog sich die Rote Armee zurück von Tallin und von der Insel. Die sowjetischen Soldaten wurden mit Schiffen Richtung Osten evakuiert. Und die Sowjets nahmen auch ein Schiff voller estnischer Rekruten mit. Die kaperten eines der Schiffe und brachten es nach Prangli. Hier riefen diese Esten die Estnische Republik Prangli aus.
16:30 Uhr kommen wir im Hafen von Prangli an und legen vorwärts zum Schwimmponton auf Heckboje an. Feierabend! Wir trinken unseren Anleger heute zu zweit.
Es ist nach wie vor schönes Wetter. Wir entschließen uns zu grillen. Valdis bereitet Salat und Kartoffeln vor, ich baue den Gasgrill an und brate die beiden Hüftsteaks.
Und den weiteren Abend braten wir die Elchschulter an, welche Valdis aus Russland mitgebracht hat. Moni gibt von Gustow aus telefonische Anweisung. Der Prozess des Anbratens und Köchelns im Rotwein dauert. Und da fällt das eine oder andere Glas Rotwein für uns ab, nach dem Motto: Ich koche gerne mit Rotwein, manchmal kommt auch welcher in das Essen.





Tag 30, Freitag, 29. August 2025, Insel Prangli (EST), Hafentag, kleine Meilen
Wir liegen im kleinen Hafen von Prangli. Mit uns noch 4 Segelboote. Das Wetter ist schlecht, Wind aus Südost und Regen. Was machen wir? Wir entscheiden uns beim Frühstück auf der Insel zu bleiben und frühstücken gemütlich.
Die zwei finnischen Segelboote, die gestern mit uns eingelaufen sind, verlassen den Hafen.
Wir dagegen ziehen uns einigermaßen regengerecht an. Wir wandern los, auf der Inselhauptstrasse nach Süden. Gleich am Hafen steht alles voll parkende Autos, meist SUV‘s. Offenbar die Autos der Leute, die hier auf der Insel Wochenendhäuser haben. Für uns geht es durch im Walde liegende Siedlungen. Wir kommen am Postamt vorbei und ich denke daran, dass ich meiner Enkelin noch eine Postkarte schreiben muss.
Nächstes Highlight ist ein kleiner Lebensmittelmarkt. Der hat geschlossen, macht erst 15:00 Uhr auf.
Immer weiter geht es im Regen nach Süden. Wir erreichen die kleine Inseklkirche, Prangli Kirke. Die Kirche ist verschlossen. Schade, hätten die uns gerne auch innen angeschaut und uns ein wenig im Trockenen aufgehalten. Der Friedhof neben der Kirche ist interessant, auf den Grabsteinen einige Schwedische Namen, die Insel war ja ganz früher mal schwedisch.
Weiter geht es auf Sandwegen durch den Wald, bis wir im Süden Strand und Wasser sehen. Auch hier überall Wochenendhäuser. Unser Ziel ist Prangli Stonehenge. Es ist ein interessantes Steingelege, sieht aus wie ein Labyrinth.
Bis jetzt sind wir wohl 6 Meilen unterwegs gewesen und wandern zurück zum Schiff. Angekommen müssen wir erst mal das Schiff heizen und Sachen trocknen.
16:00 Uhr haben wir Sauna reserviert und schwitzen richtig. As der Sauna raus, unterhalten wir uns mit einem Insulaner meines Alters. Er grüßt uns auf Deutsch, kann aber eigentlich sonst kein Wort Deutsch. Und Englisch klappt auch nicht. Ich versuche es auf Russisch und dann hatten wir eine nette Unterhaltung. Er erzählt von sich und das er hier seit 20 Jahren auf der Insel wohnt. Er war hier geboren und hat dann in seiner Jugend auf dem Festland gelebt.
Zurück auf dem Schiff essen wir den Elchbraten, den wir gestern Abend vorbereitet haben. Und dazu gibt es die letzte Flasche Rotwein.
Draußen ist es immer noch verregnet. Morgen soll es besser werden. Und wir sitzen lange noch zusammen bei einem guten Glas Whisky. Da klopft es das erste Mal am Schiff. Draußen steht einer und singt ein Stück deutsche Nationalhymne. Er freut sich das Deutsche im Hafen sind. Und es dauert nicht lange, da klopft es wieder am Schiff. Draußen steht der alte Insulaner und bringt uns ein Geschenk: Pralinen und Schnaps. Ich erwidere und schenke ihm ein Sixpack Bier. Die Sprache der Esten ist dem Finnisch ja sehr ähnlich, aber es sind eben keine introvertierten Finnen, es sind Esten und die sind gesellig und redselig.






Tag 31, Freitag, 30. August 2025, Insel Prangli (EST – Hara (EST), 21 nm
Ich bin gegen 8:00 Uhr wach, setze mich hin und schreibe ein bisschen an meinem Blog. Valdis schläft noch. Wir hatten wohl gestern Abend ein bisschen zu tief ins Glas geguckt. Was solls, man lebt nur einmal. Irgendwann dann frühstücken wir auch.
Wir stellen fest, dass uns der Rotwein ausgegangen ist. Wir laufen noch mal zum kleinen Lebensmittelgeschäft, 15 Minuten vom Hafen entfernt. Wir füllen unsere Vorräte auf.
Das Wetter ist nicht schön, tiefhängende Wolken, Nieselregen und kaum Wind. Die Ostsee ist flach und glatt, keine Welle. Was soll‘s, wir legen 11:50 Uhr ab. Kurz darauf setzen wir Großsegel und Fock. Motor aus und unter Segeln geht es mit 3…3,5 ktn langsam vorwärts.
Nach einer Stunde langsamen Vorwärtskommen bin ich mit meiner Geduld am Ende. Ich starte den Motor und unterstütze mit Maschinenkraft, so, dass wir immer über 5 ktn fahren. Die Sicht ist schlecht und wird immer schlechter. Nieselregen aus den tiefhängenden Wolken.
12:30 Uhr kommt wieder mehr Wind auf. Wir segeln und das mit 5…5,5 ktn ü.G. Valdis war unten im Schiff und kommt plötzlich hoch in die Plicht und ihm ist nicht richtig gut. Wir diagnostizieren eine kleine Seekrankheit. Er bekommt eine Reisetablette und wird müde.
14:45 Uhr haben wir die Spitze der Halbinsel Juminan an Steuerbord querab. Und dann ändern wir den Kurs nach Südost in die Hara Bucht. Wir fahren höher am Wind und das Schiff wird schneller. Die Sicht wird immer schlechter und der Nieselregen immer unangenehmer, aber es ist nicht mehr weit.
16:00 Uhr bergen wir die Segel. Wir fahren in den alten Sowjetischen U-Boot-Hafen ein und machen 16:15 Uhr am Gästeponton fest. Es ist kein Wind, glatte See, ein einfaches Anlegen.
Wir bezahlen die Hafengebühr und gehen im Umfeld des Hafens spazieren. Früher war es im Zarenreich ein russischer Zoll- und Grenzhafen. Später nach der ersten estnischen Unabhängigkeit wurde es ein Estnischer Zoll- und Grenzhafen. Dann war es ein Sowjetischer Militärhafen. Dann kam die deutsche Wehrmacht und es wurde ein Deutscher Militärhafen. Und als sich die Deutschen zurückzogen wurde es wieder ein sowjetischer Militärhafen der später dann ein U-Boot-Hafen wurde. Und am Ende wurde Estland wieder unabhängig und die russischen U-Boote zogen ab. Zurück blieben die Reste des Hafens. Und heute ist hier eine Marina mit einem Gästeponton, ein Campingplatz und hübsche Hafengebäude samt Gaststätte.



Tag 32, Sonnabend, 31. August 2025, Hara (EST) – Helsinki (FIN), 45 nm
Heute ist zeitiges Aufstehen angesagt. Ich bin schon 6:30 Uhr wach, Valdis hebt sich eine viertel Stunde später aus der Koje. Wir haben heute viel vor, wollen nach Finnland segeln! Schnell frühstücken wir und machen das Schiff soweit klar für die Reise.
8:15 Uhr machen wir die Leinen los und legen ab. Im Hafen ist die See glatt und kaum Wind. Wir fahren in die große Bucht nördlich aus dem Hafen. Hier weht schon ein Lüftchen. Unser Kurs führt uns nordwärts. In der Bucht fahren wir erst mal 3…4 Meilen mit Maschine. Dann drehen wir das Schiff in den Wind und setzen das Großsegel, fallen ab und dann rollen wir die Fock aus. Na geht doch, Maschine aus und wir fahren schon 5,5 ktn ü.G. Der Wind kommt aus Nordwest, weil er um die Landnase im Westen in die Bucht hineinweht, so denke ich zumindest.
9:00 Uhr etwa sind wir raus aus der Bucht, aber der Wind kommt weiter aus WNW. Ich hatte ja gehofft er kommt laut Vorhersage klar aus West. Also müssen wir hoch ran an den Wind, 40°. Und der Wind bläst mit 13…14 ktn. Wir fahren 6,5 ktn ü.G. Die 1m- Welle schneiden wir spitzwinkelig. Ein schönes Segeln, wenn es sonnig wäre. Aber es ist diesig und die Wolken hängen tief.
Am Horizont steuerbord sehe ich ein Patrouillenboot der Estnischen Marine. Sicher wartet es auf die Russische Schattenflotte, aber nein es ändert seinen Kurs und kommt ganz langsam in unsere Richtung. 11:00 Uhr, am Verkehrstrennungsgebiet, welche zugleich die Estnische Seewärtige Grenze ist, kreuzt es ganz nah unseren Weg und läuft dann nach Westen ab.
Unser Weg geht auf geradem Kurs, etwa 310°, Richtung Helsinki. Die Wellen werden höher, ich schätze so 1,5…2 Meter aber wir kommen mit 6, manchmal 7 ktn voran. Der Wind ist auch stärker geworden, pendelt immer zwischen 12 und 17 ktn hoch und runter.
11:30 Uhr haben wir 20 Meilen versegelt und Valdis macht keinen guten Eindruck. Er ist plötzlich ganz schweigsam, sitzt in seiner Ecke und wirkt etwas apathisch. Die kleine Seekrankheit kommt wieder, ich gebe ihm eine Reisetablette. Dann wird er müde.
13:20 Uhr haben wir dann 30 Meilen versegelt. Wir sind Helsinki nahe und sehen auch schon Land und Gebäude am Horizont. Jetzt setzen wir unseren Kurs nach Norden ab und haben halben Wind. Es geht jetzt in die Betonnten und markierten Fahrwasser bis nach Helsinki rein.
Und da plötzlich ein kleines Motorboot mit einer Weisblauen Fahne: Taucher unter Wasser. Wir weichen aus.
Zügig geht es weiter, fahren gar manchmal 7 ktn ü.G. Wir sehen jetzt auch viele Segelboote, das hatten wir die ganze Überfahrt nicht.
15:10 Uhr bergen wir die Segel und weiter geht es mit Maschine bis in den Hafen, direkt im Zentrum. Die Marina heißt Katajanokka. Wir legen bei Nieselregen 15:55 Uhr an.
Es folgt unser obligatorischer Anleger und ein kleiner Imbiss: Wurst und saure Gurken.
Die Marina ist nicht ganz billig, hat aber eine Sauna, die wir eben gleich am Nachmittag nach unserer Ankunft nutzen. Wir schwitzen und unterhalten uns mit anderen Seglern, die ebenfalls saunieren.
Und gegen Abend wandern wir in die Stadt Helsinki und wollen schick zu Abend essen. Unser Weg führt uns vorbei an Hafenkneipen, der großen russischen Kathedrale, vorbei beim Bürgermeister auf eine Allee. Wir bleiben vor einem pavillonartigen Restaurant stehen. Ein schönes Restaurant, „Kappeli“ heißt es. Hier hatte ich 2018 auf meiner ersten großen Reise schon mal Bier getrunken. Wir gehen hinein und essen fürstlich ein Dreigänge-Menü.
Als wir zurück zum Schiff gehen ist es schon dunkel, aber die alten Gebäude in der Stadt sind wunderschön beleuchtet.







