Tag 33, Montag, 1. September 2025, Helsinki (FIN), Hafentag, keine Meilen
Heute ist der Stadtbesichtigungstag. Nach dem Frühstück machen wir die Klappfahrräder flott.
Erst mal geht es zur Usbenski Kathedrale. Die ist direkt neben unsere Marina, wo die All Right 2 liegt. Nur die Kathedrale hat montags zu. Wir schauen sie erst mal nur von außen an. Wir radeln weiter und schieben die Fahrräder über den Wochenmarkt am Stadthafen. Viel Mist gibt es hier für Touristen, nach dem Motto: alles was die Welt nicht braucht! Aber auch Beeren, Pilze und Früchte aus Finnland.
Weiter geht es zum Domplatz, wir schließen die Fahrräder an und besichtigen den Dom zu Helsinki von innen. Sehr schlicht, eben evangelisch. Außen wird er gerade restauriert, aber die Finnen stellen nicht nur Gerüste auf, nein die verkleiden sie mit riesigen Planen, die das Gebäude so zeigen, wie es einst ausschaut.
Raus aus dem Dom sehen wir Sight-Seeing-Busse, Hopp on Hopp off, kaufen zwei Tickets und machen eine anderthalbstündige Rundfahrt. Das ist erholsamer als Fahrradfahren und wir bekommen eine Führung auf Deutsch über Kopfhörer.
Wir fahren die volle Runde. Vorbei an schönen Jugendstilbauten, weiter zum Olympiaterminal, wir sehen das Sibelius Monument und dann steigen wir aus. Wir besichtigen die Felsenkirche, die 1968 eingeweiht wurde. Beeindruckend, aber es ist mein drittes Mal hier zu sein.
Ich schreibe noch eine Postkarte an meine Enkel. Karte und Briefmarke kosten zusammen fast 5 €. Klar, dass keiner mehr Karten schreibt.
Weiter geht es mit dem Bus. Wir steigen wieder aus am Ausgangspunkt unserer Reise, dem Senatsplatz und sammeln die Fahrräder ein. Wir gehen in einem angesagten Café, direkt am Senatsplatz, Cappuccino trinken.
Dann radeln wir noch mal die zentrale Esplanade Alle entlang. Ich fotografiere das teure Restaurant, wo wir gestern fürstlich gegessen haben.
Weiter geht es zum Bahnhof. Ich lerne das der Expresszug zwischen St. Petersburg und Helsinki von finnischer Seite im Jahre 2022 eingestellt wurde. Jetzt fehlen den Finnen die zahlungskräftigen russischen Touristen… so was kommt von Sanktionen.
Neben dem Bahnhof steht das Finnische Nationaltheater. Ein wunderschönes Gebäude. Valdis bemerkt, es sehe aus wie das Banff-Castle-Hotel in den Kanadischen Rockies.
Als letzte Station nehmen wir uns die alte Markthalle, direkt am zentralen Stadthafen vor und gehen durch die Halle. Viele Fressbuden hier, aber wunderschön.
Über den Markt zurück stelle ich fest, dass auf dem Denkmal für den Russischen Imperator der Doppeladler fehlt. Obwohl, ich muss positiv feststellen, dass das Denkmal für den Zaren auf dem Senatsplatz noch unversehrt stand. Und wenn die Finnen alles Russische hassen, dann müssten sie die schönsten Gebäude im Zentrum abreisen, die zu Zarenzeiten gebaut wurden. Offenbar hat die Russophobie auch ihre Grenzen.
Zurück am Schiff kocht Valdis ein leckeres Nudel-Lachs-Gericht und wir trinken zu viel Rotwein.














Tag 34, Dienstag, 2. September 2025, Helsinki (FIN) – Insel Stora Svartö (FIN), 23nm
Heute ist der letzte Tag für Valdis hier. Er hat seinen Rückflug nach München für den Nachmittag gebucht. Wir frühstücken noch mal gemeinsam. Danach wandern wir noch mal in die Stadt. D.h. wir gehen erst mal bis zur Usbenski Kathedrale. Die hatte gestern zu und wir wollen sie noch innen sehen. Ein toller Bau, der im 19.Jahrhundert gebaut wurde, als Finnland ein Russisches Großherzogtum war. Der Zar Alexander II. hat genau darauf geachtet, dass dieses Orthodoxe Kirchengebäude genau so hoch und nicht kleiner ist als der Evangelische Dom zu Helsinki. Also schauen wir uns die Usbenski Kathedrale von innen an. Einfach beeindruckend die Ikonen. Und die Finnen hatten Glück, kaum Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg, obwohl die ja mit der Deutschen Wehrmacht gemeinsam gegen die Sowjetunion und den Rest der Welt gekämpft haben.
Vom Felsen, auf dem die Usbenski Kathedrale steht, haben wir einen tollen Blick auf das Zentrum von Helsinki. Unten sind Regierungsgebäude und die Polizei riegelt den Verkehr ab. Der Präsident Litauens ist zu Besuch und ein Ehrenregiment mit Musik marschiert auf.
Wir wandern runter auf den Markt, nahe dem Hafen mit den Fähren, den großen und den kleinen. Der Valdis kauft Preiselbeeren und Pfifferlinge, die will er nach München importieren.
Und wir beobachten die im Hafen liegende Pontoninsel mit Saunen und Schwimmbecken und den in die Jahre gekommenen Körper der Finnen, die hier saunieren.
Dann wandern wir noch zur im Hafen liegenden Eisbrecher Flotte der Finnen. Immerhin hat Finnland weltweit die zweitgrößte Eisbrecher Flotte nach der Russischen Föderation. Inzwischen lässt ja die USA Eisbrecher in Finnland bauen, um aufzuholen.
Gegen 13:00 Uhr fahrt Valdis mit dem Taxi zum Flughafen. Ich bin wieder Singlehand und bereite mich auf meine Weiterfahrt vor.
13:35 Uhr lege ich ab. Mit Maschinenkraft fahre ich aus dem Insellabyrinth Helsinkis heraus. Eine Stunde später setze ich Großsegel und Fock. Es ist glatte See, 9…10 ktn Wind aus Südost. Es ist schönes Segeln. Ich schau nochmals zurück nach Helsinki. Es war mein drittes Mal mit der All Right 2 in Helsinki.
16:50 Uhr habe ich 15 Meilen versegelt. Es geht durch die finnischen Schären. Der Wind immer so bei 11 ktn… sehr angenehm.
17:50 Uhr habe ich 20 Meilen versegelt. Ich bin ganz nahe an meinem Ziel, Stora Svartö. Ich berge die Segel. Dann fahre ich vorsichtig durch das enge Fahrwasser zum Anleger. Ich lege an auf Heckboje an einem Schwimmponton. Zwei Finnen, die schon am Anleger stehen nehmen die Vorleinen ab und ich bin schnell fest. Ein Problem habe ich dann doch: meine Haken, den ich an der Heckleine anbringe, um in die Boje einzuhaken hat sich irgendwie unten an der Tonne verhakt. Shit!
Aber erst mal trinke ich meinen Anleger. Es ist relativ warm, so 18°C ich schwitze und lasse mich runterkühlen. Nach einem Bier und einem Whisky packt mich der Mut und ich steige über die Badeleiter am Heck des Schiffes in das 16°C kalte Wasser, schwimme zur Heckboje und entwirre. Problem erkannt, Gefahr gebannt! Und da habe ich mir noch einen Schnaps zum Aufwärmen verdient.
Nach einem bescheidenen Imbiss, Brot, Wurst, Senf und Sauren Gurken lege ich mich zeitig schlafen, nachdem ich noch eine kleine Runde auf der Insel gedreht habe und mich mit den eher introvertierten Finnen von den Nachbarbooten unterhalten habe. Finnen reden wirklich sehr wenig!
















Tag 35, Mittwoch, 3. September 2025, Insel Stora Suartö (FIN) – Hanko (FIN), 55nm
Den Wecker habe ich auf 7:00 Uhr gestellt, bin aber wie üblich eine halbe Stunde vorher auf den Beinen. Die Nacht war ruhig hier am Steg. Ich schaue gleich mal raus aus dem Niedergang. Ich sehe den Sonnenaufgang, herrlich. Von den 4 Segelbooten, meines eingeschlossen, legen gerade zwei ab. Das sind Finnen mit denen ich gestern Abend noch ein paar Worte gewechselt habe. Alles ältere Männer im Rentenalter.
Ich bin 8:00 Uhr soweit fertig zum Ablegen. Kurz nach acht Leinen los! Ich komme gut weg von der Mooringboje. Diesmal fahre ich einen anderen Weg aus der Bucht, wie ich gestern reingekommen bin. Die Finnen haben mir das gestern Abend empfohlen.
Schnell bin ich an einem betonnten Hauptfahrwasser. Gestern Abend habe ich gesehen, dass sogar die Fähre nach Stockholm hier entlang durch die Schären fährt. Ich setze das Großsegel gleich mit Reff 1 und die Fock. Es wehen 12…18 ktn Wind achterlich. Ich komme mit 6 ktn voran, das reicht mir.
Ich fahre das betonnte Fahrwasser zwischen den Schären nach Westen. Andere Schiffe sehe ich nicht, physisch nicht und nicht als AIS -Signale.
Am Abend gestern habe ich mir Wegpunkte in meinen Kartenplotter eingegeben und auch den Weg in Navionics im IPad eingespeichert. 9:00 Uhr will ich den Wegpunkten im Kartenplotter folgen, dann merke ich, der Weg im IPad unterscheidet sich. Beinahe hätte ich mich verfahren! Ich folge dem Weg im IPad und setze neue Wegpunkte im Kartenplotter.
Mein Weg jetzt weiter nördlich nach Westen führend, kommt mir bekannt vor. 2018 scheine ich hier schon entlang gefahren zu sein. Und nachdem ich jetzt im „Hinterland“ zwischen den bewaldeten Schären fahre ist der Wind weg. Ich rolle die Fock ein, reffe das Großsegel aus und schiebe mit dem Motor. Das bisschen Wind kommt von Hinten.
11:30 Uhr habe ich 20 Meilen versegelt und verfahren. Die Sonne ist inzwischen herausgekommen und ich sehe mich satt an der Natur hier. Es ist wie auf Binnenseen.
12:00 Uhr komme ich durch den Barösund und da bin ich mir sicher, hier habe ich in der Marina Barösund Anfang September 2018 festgemacht.
15:10 Uhr habe ich 40 Meilen verfahren, d.h. die ersten 15 Meilen heute bin ich ja super mit Segel vorangekommen. Aber jetzt, nur glatte See und kein Wind. Ich ändere meinen Kurs und fahre aus den Schären heraus, auf die offene See und hoffe das hier Wind weht.
Und 15:30 Uhr kommt plötzlich der Wind erst mit 12 ktn aber der wird immer stärker. Der Wind kommt aus Südwest, ich muss hoch ran an den Wind, ich schaffe 30…40°. Erst fahre ich mit Fock und vollem Großsegel. Aber ich habe mir das Limit bei 18 ktn Wind gesetzt. Ich reffe das Großsegel und kurz danach habe ich 20…22 ktn Wind. Die Welle schneide ich spitzwinkelig. Inzwischen schätze ich 2…2,50 Meter Welle. Jede 4. Ist höher und da klatscht es schön am Heck und ich bekomme ganz schön Wasser über den Bug.
Nach reichlich 2 Stunden bin ich dann vor Hanko. Das waren zwei Stunden harte Segelarbeit für den alten Mann. Ich berge die Segel und bereite mich in einer ruhigen windgeschützten Ecke vor dem Hafen auf das Anlegemanöver vor, Festmacherleinen und Fender.
17:50 Uhr bin ich fest in der Marina, rückwärts eingeparkt am Finger.
Ich bezahle beim Hafenmeister. Es sind keine Gäste im Hafen, die Schiffe gehören alle Dauerliegern aus Finnland. Der Hafenmeister schaltet für mich die Sauna ein und sagt, in einer Stunde ist die schwitzbereit. In der Zwischenzeit mache ich mir eine riesige Portion Spaghetti mit Tomatensoße und Jagdwurst, reicht für zwei Tage. Aber ich brauche die Stärkung, um meinen Kalorienverlust auszugleichen.










Tag 36, Donnerstag, 4. September 2025, Hanko (FIN), Hafentag, keine Meilen
Nachdem ich gestern in der Sauna war, bin ich in die Koje gefallen, habe noch versucht zu lesen, bin dann aber gleich eingeschlafen und heute Früh 8:00 Uhr aufgewacht. Nicht mal auf Toilette war ich in der Nacht. Ich war gestern wie tot. Offenbar strengen mich Amwindkurse bei hohen Wellen und 20 ktn Wind an. Ich werde alt oder besser älter und das merke ich schon.
Na heute gehe ich es ruhig an, ich bleibe in Hanko wo ich bei meiner ersten großen Reise 2018 genau am 4.September war. Ist doch witzig!
Nach dem Frühstück ist wieder Wäschewaschen angesagt. Einen Teil des Nachmittags verbringe ich in der Stadt Hanko. Dahin gelange ich mit einer kleinen Fähre, denn die Marina ist um eine Schäre im Hafen gebaut – eine Insel.
Ich wandere los, zuerst auf den Berg, da steht eine Kirche und ein toller Wasserturm. Habe ich so gar nicht mehr in Erinnerung von meiner Reise 2018. Den Turm kann man besteigen aber nur mittwochs und sonnabends bis 16:00 Uhr. Septemberöffnungszeiten halt.
Ich steige runter vom Berg. Die Häuser sind alle aus Holz. Die sind gebaut zu Zeiten des Russischen Zarenreiches, es war ja mal ein Russisches Großherzogtum. Alles erinnert mich an die Architektur an die alten Städte in Sibirien, die ich früher besucht habe.
Dann bin ich „Down Town“, eine Fußgängerzone. Schrecklich, menschenleer. Ein Problem, die Touristensaison ist zu ende. Andererseits, alles was hier gebaut wurde, nach dem Krieg, ist alles andere als schön. Das Rathaus mit seinem Festsaal sieht von außen unmöglich aus. Ein bisschen Bauhaus aber ganz schön danebengegangen. Also, wenn man architekturverwöhnt aus Helsinki kommt, dann sollte man nicht nach Hanko fahren.
An einem Hotel komme ich vorbei. Ich erinnere mich, schon 2018 habe ich hier ein Bier getrunken, weil es in der Stadt nichts Vernünftiges gab. Und noch heute ist das so.
Ich wandere weiter über die Eisenbahnbrücke und suche einen Supermarkt. Möchte mir Cola und Saft kaufen. Auch suche ich eine ordentliche Flasche Wein. Im ersten Supermarkt habe ich Cola und Saft im Korb und dann stehe ich vor einem Weinregal mit Getränken, alle völlig unteralkoholisiert. Da begreife ich, hier in Finnland gibt es „ALKO“, sowas wie Vinmonopolet in Norwegen oder Systembulaget in Schweden. Ich lasse meinen Korb stehen und gehe in einen anderen Supermarkt in der Nähe… da gibt es ALKO!
Ich wandere zurück zum Schiff. Unterwegs sehe ich ein Café. Ich denke an Cappuccino und ein Stück Kuchen, aber der Laden macht gerade zu. Also laufe ich zurück zum Schiff. Ich bereite mir Bratkartoffeln und Schüsselsülze. Dazu reiche ich mir was hopfiges.
Ach so, auf dem Weg durch einen Park habe ich Aufsteller gesehen, die etwas über die Geschichte von Hanko erzählen.
Schon immer war Hanko ein Ort, wo die Seeleute mit ihren Schiffen geankert haben, auf der Durchfahrt durch die Ostsee. Aber eigentlich als Stadt ist Hanko erst 2024 150 Jahre alt geworden.
Die Russen und die Schweden waren hier, abwechselnd. Mit dem Ende des Krimkrieges sind die Russen abgezogen und die Schweden kamen. Dann im Russisch-Schwedischen Krieg kamen die Zarentruppen wieder.
Hanko ist insoweit interessant, weil es einen immer eisfreien Hafen hat. Damit hatte Hanko strategische Bedeutung. Während Finnland russisch war wurde die Eisenbahnstrecke hierher ausgebaut und es bekam ein imposantes Bahnhofsgebäude aus Holz, so wie an der Transsibirischen Eisenbahn.
Der Seehafen war 1880 ein wichtiger Emigrationshafen. Die Leute sind von hier aus mit Butterdampfern nach England und von dort aus weiter nach Amerika.
Seit den 60-er Jahren ist es ein wichtiger Umschlaghafen für Autos die importiert werden.
Hanko hat seinen Seehafen, aber auch der Tourismus hat sich etabliert und schon während der Zarenzeit in Russland. Die Russen kamen hierher aus St.Petersburg, der Eisenbahnanschluss machte es möglich. Aber auch heute noch kommen Touristen hierher an das Südwestende Finnlands. Aber ich bin außerhalb der Saison hier und sehe nur eine Familie mit Kleinkindern aus Deutschland. Auch die drei Marinas sind leer, bis auf die Dauerlieger.
Und ich überwinde mich am späten Nachmittag mein Schiff außen, das Deck, zu reinigen… Rein Schiff!
Beim Hafenmeister habe ich nochmals Sauna bestellt. Und heute waren da auch finnische Schweden mit in der Sauna. Und da wurde viel erzählt. Als die merkten, dass ich Deutscher bin, fand die Unterhaltung auf Englisch statt. Da hat der Saunabesuch gleich doppelt so lange gedauert. Denke ich werde wieder schlafen wie tot. Morgen geht es weiter nach Westen. Ich will Utö, eine kleine Insel auf der Mitte des Weges nach den Ålands, erreichen.















Tag 37, Freitag, 5. September 2025, Hanko (FIN) – Insel Utö (FIN), 60 nm
Heute ist wieder zeitiger Start angesagt. Zeitig heißt, aufstehen mit Wecker 5:30 Uhr! 7:10 Uhr bin ich fertig mit Frühstücken und das Schiff ist ablegefertig. Leinen los!
Das Wetter ist schön, klare Sicht, relativ wenig Welle und guter Wind aus Südlicher Richtung. Da muss ich durch dies Schären erst mal 6 Meilen gegen den Wind motoren. Aber dann, 8:50 Uhr setze ich Großsegel und Fock und falle ab Richtung Westen. Ich habe mich entschlossen die Route im Süden auf der offenen See zu nehmen, die ist genauso lang wie die im Norden, aber weniger Anspruchsvoll. Hier auf der Offenen See gibt es keine Schären und gefährliche Untiefen. Ich hatte bisher keine Grundberührung und so soll es bleiben.
Ich fahre also einen schnellen Halbwindkurs, der Wind schwankt immer zwischen 11 und 15 ktn. 10:50 Uhr habe ich 20 Meilen versegelt. An Steuerbord querab sehe ich den Leuchtturm „Bengtskaer“. Der steht auf einer kleinen Schäre.
12:50 Uhr habe ich 30 Meilen geloggt. Ich habe die Hälfte weg, meiner heutigen Tagestour und da geht der Wind unter 10 ktn. Meine Geschwindigkeit geht unter 5 ktn. Ich unterstütze ein paar Meilen mit Maschine. Immerhin muss ich noch 30 Meilen.
Aber gegen 15:00 Uhr bläst es wieder effektiv, Maschine aus und segeln! 16:40 Uhr sind 50 Meilen versegelt. Jetzt muss ich den Kurs ändern nach Norden. Da habe ich den Wind backstags. Das Schiff wird langsam, ich will aber auf die Insel und so schnell wie möglich. 17:00 Uhr gebe ich auf, Maschine an und ich berge die Segel.
18:45 Uhr lege ich am Lotsenanleger an und schaue mich um. Nichts los, außer drei Lotsenbooten keine Schiffe im Hafen. Ich laufe ein bisschen herum. Utö ist eine große Schäre mitten in der See. Sie hatte insbesondere militärische Bedeutung. Alles voll Militärunterkünfte, die zurzeit als Hotel genutzt werden. Und Küsten-Artillerie-Batterien und Funkmasten. Ich hatte schon 2018 in meinem Blog darüber berichtet. Damals schrieb ich schon von der Angst der Finnen vor den Russen. Und jetzt ist die Angst wieder da, das merke ich überall und bei jedem Saunagespräch.
Aber auf Utö gibt es auch einen Leuchtturm, vielmehr ist es ein senkrecht Rot-Weis-gestrichener viereckiger Klotz mit einer Leuchtturmkuppel.
Und dann kommt die Hafenmeisterin an mein Schiff. Sie spricht sehr gut Deutsch, hat sie in der Schule gelernt, erzählt sie. Aber eigentlich will sie nur die Hafengebühr und spricht von 40 € weil ich längsseits liege. Wenn ich mit Heckanker und Bug zur Holzpier liege, würde es nur 25 € kosten. Ich dachte die spinnt, kein Schiff am Anleger, nur ich… Na wir einigen uns auf 30 € und ich zahle cash und bekomme keine Quittung. Na alles klar, davon sieht der Finnische Fiskus nichts. Ach so, sie bemerkte noch, wegen der bekloppten Regierung in Helsinki wird alles immer teurer. Ich antwortete ihr, dass wir mit dem Deutschen Vorstand auch nicht zufrieden sind.
Später kommt dann doch noch ein Motorboot aus Turku. Mann und Frau und Hund. Mit dem Mann habe ich dann noch gute Unterhaltung. Und wir machen einen Test meiner Funkanlage, Kanal 16 und 67, alles i.O.h












Tag 38, Sonnabend, 6. September 2025, Insel Utö (FIN) – Marienhamn/ Ålandinseln (FIN), 62 nm
Auch heute stehe ich wieder 5:30 Uhr auf. Draußen ist es noch dunkel. Ich frühstücke ohne Eile. Und dann ziehe ich den Code Zero hoch. Der Wind soll aus der richtigen Richtung, Südost, wehen. Aber der soll auch um die Mittagszeit schwach wehen. Diesmal möchte ich gerüstet sein, mit dem Leichtwindsegel!
Wieder lege ich 7:15 Uhr ab. Eigentlich plane ich immer 7:00 Uhr abzulegen, aber es wird immer 10…15 Minuten später, akademisch eben.
Kurz nach dem Ablegen bin ich aus der Utö Schäre raus und setze Großsegel und Fock. Ich segle durch den Schärengarten heraus auf die offene See. Ich muss höllisch aufpassen. Ich segele mit 6 ktn ü.G. und das zwischen den Untiefen. Aber alles ist gut.
Den Wind habe ich wieder aus Südost bis Süd. 9:00 Uhr habe ich schon 10 Meilen versegelt. 10:30 Uhr rolle ich die Fock ein und den Code Zero aus. Das Schiff zieht an, ein schöner raumer Kurs.
10:50 Uhr habe ich 20 Meilen geschafft. Bis 11:45 Uhr fahre ich einen Westkurs, so 240°. Und jetzt muss ich den Kurs auf 300° ändern. Es geht nach Nord Richtung der Ålands. Das ist ein Downwindkurs. Ich habe jetzt die Wahl, entweder nur mit Code Zero oder nur mit Großsegel platt vor dem Wind. Ich rolle den Code Zero ein, immerhin habe ich 13…14 ktn Wind. Ich segle mit weit ausgestelltem Groß. Und der Wind wird stärker, geht bis auf 19 ktn. Meine Entscheidung war richtig!
12:40 Uhr habe ich 30 Meilen geloggt, 14:35 sind es 40 Meilen. Und dann kommt das unangenehme. Der Wind geht zurück und Seenebel kommt auf. Und der Nebel wird immer dichter. Ich entscheide mich für Maschinenfahrt und berge das Großsegel. Ich schalte die Radaranlage ein und teile den Bildschirm am Kartenplotter in der Plicht. Es sind keine Schiffe in meiner Nähe zu sehen und ich bewege mich noch im freien Wasser, noch keine Schären. Es ist ein Instrumentenblindflug bis zu den Ålandinseln.
Und dann kommen die Schären. Ich kann sie gut ausmachen im Radarbild. Und dann kommen die Seezeichen. Auch die sehe ich einwandfrei, erst mit Radar und wenn ich näher rankomme, dann auch mit bloßem Auge. Meine Sonnenbrille macht sich hier sehr gut. Ich sehe besser im Nebel auf Entfernung als ohne Sonnenbrille.
18:00 Uhr habe ich 60 Meilen geloggt, bin in den Ålands und der Nebel hebt sich kurz vor dem Ziel. Ich fahre ein in den langen Fjord bei Marienhamn. Ich sehe schon die Viermastbark „Pommern“ und die Anleger für die Fähren. Das Schiff bereite ich zum Anlegen vor, Fender, Heckleinen und am Bug den Bojenhaken mit der Leine. Da kommt vom Ufer ein Patrouillenboot der Finnischen Küstenwache. Die halten Kurs auf mich und geben mir Zeichen. Ich zeige ihnen von weitem meine Handfunke um die Kommunikation zu erleichtern. Aber nein, einer der Beamten steht auf dem Bug und die fahren auf Rufweite hinter mir her. Ich drossele meine Geschwindigkeit und werde befragt von Boot zu Boot: Woher, Nationalität, Doppelstaatsbürgerschaft? Wieviel Leute an Bord, Wie lange in Marienhamn, Wohin weiter. Ich antworte brav, bin schließlich hell pigmentiert und kein Russe. Sie verabschieden sich und drehen ab. So etwas hatte ich bis her höchst selten. Na die Angst ist groß.
Und ich lege nach 62 Meilen in der Åss Marina in Marienhamn an. Kaum Schiffe sind hier, die Saison ist zu ende. Ich bezahle über die Dockspot App und bekomme den Zugangscode für die Sauna. Schnell esse ich den letzten Rest Spaghetti und gehe schwitzen.
Und ich gehe nach der Sauna schon 21:00 Uhr in die Koje, bin geschafft.






Tag 39, Sonntag, 7. September 2025, Marienhamn/ Ålandinseln (FIN), Hafentag, keine Meilen
Heute ist Hafentag und ich darf bis 8:30 Uhr schlafen. Ich scheine den Schlaf aber auch gebraucht zu haben. Ich stecke gleich nach dem Aufstehen meinen Kopf aus dem Niedergang. Und draußen ist es immer noch nebelig. Ich kann gerade noch die Viermastbark „Pommern“ sehen. Der Nebel bleibt bis Mittag.
Also bewege ich mich bis Mittag fast ohne Wirkungsgrad. Ich schreibe ein bisschen an meinem Blog, muss ja auch gemacht sein.
Mittag, gegen 12:00 Uhr mache ich mich fertig für eine Wanderung in Marienhamn. Ich bin nun das 4. Mal hier. Das erste Mal mit den Kindern und Moni, das muss so 1999 gewesen sein, mit einer gecharterten Segelyacht, später dann ich alleine 2018 auf meiner Rückreise aus dem Finnischen Meerbusen. Und dann war ich mit Moni 2019 hier auf unserer Reise in den Bottnischen Meerbusen. Und heute dann aktuell gehe ich zu Fuß los. Die beiden Male davor war ich immer mit dem Klappfahrrad unterwegs.
Mein erster Gang führt mich zur Viermastbark „Pommern“. Die Besichtigung dieses Lastenseglers ist Bestandteil der Tour durch das Schifffahrtsmuseum. Ich mache das nun schon zum vierten Mal. Macht aber immer wieder Spaß. Ich gehe gerne mal ins Museum, besonders die Seefahrt interessiert mich. Sicher werde ich auch in Karlskrona auf der Rückreise in Schweden haltmachen und mir das anschauen, was ich schon kenne. Ach ja, über die „Pommern“ habe ich schon 2018 oder 2019 eine Geschichte geschrieben. Die klärt darüber auf, was ein Schiff mit dem Namen „Pommern“ auf den Ålands macht.
Ich wandere nun in die Stadt, das ist nicht weit, etwa 1 km auf der Norra Esplanadgatan, eine schöne Allee. Ich sehe links das Konsulat der Russischen Föderation mit seiner Trikolore am hohen Mast. Gegenüber steht eine Ukrainische Flagge mit dem Aufruf wöchentlich am Montag gegen den Krieg in der Ukraine zu protestieren. Na ja…
Ich komme vorbei an der wunderschönen St. Göran Kirche, ein Bau aus rotem Granit mit einem Turm, der an eine Schwedische Stabkirche erinnert.
Weiter auf der Allee rechts ein Schild welches das Deutsche Honorarkonsulat anzeigt. Tja Marienhamn ist die Hauptstadt der Ålands und das Inselarchipel hat einen Autonomen Status in Finnland mit Selbstverwaltung.
In der Nähe der Stadtverwaltung ist ein Park und da steht ein Denkmal der Russischen Imperatorin, Maria Aleksandrowna, die Frau Alexander des Zweiten, Zar von Russland 1855-1881. In dieser Zeit gehörten die Ålands zum Russischen Reich. Marienhamn (Hafen der Maria) ist nach Maria Aleksandrowna benannt und das Denkmal ist ein Geschenk der Russischen Föderation an die Stadt anlässlich ihres 150 –Jährigen Bestehens im Jahr 2011.
Und es gibt hier ein weiteres Denkmal für Julius Sundblum. Das war ein Politiker der Ålands, der sich engagiert hat die Ålands an Schweden anzugliedern, nachdem Finnland 1919 von Russland unabhängig wurde. Daraus ist nichts geworden, aber die Ålands haben ihre Eigenständigkeit innerhalb Finnlands erreicht. Die haben sogar eigene Nummernschilder an den Autos, die sich von den Finnischen unterscheiden.
Viel ist nicht los in Marienhamn. Ich wandere die kurze Fußgängerzone im Zentrum ab und gehe dann nach Westen, da ist wieder Wasser und noch eine schöne Marina. Hier im Club Marin gibt es für mich ein Bier und was zu Essen.
Ich wandere wieder zurück zum Schiff, bin schon vier Stunden unterwegs. In einem Supermarkt kaufe ich noch einiges an Proviant. Interessant, hier gibt es keine bekloppten Ladenschlussgesetze wie in Deutschland. Die Supermärkte haben jeden Tag bis 22:00 Uhr geöffnet.
Bevor ich mein Schiff erreiche mache ich noch Halt an einem Denkmal für die Seeleute der Ålands die auf See geblieben sind.
Und wie soll es anders sein in Finnland, ich beende den Tag wieder in der finnischen Sauna.





















