Abschied aus dem Berufsleben, die Sicht ein Jahr danach
Es ist wenig Wind. Ich fahre platt vorm Wind. Die Genua ist ausgebaumt, „Schmetterling“. Ich fahre 3 Ktn ü.G., das letzte Stück Richtung Stockholm. Der Autopilot steuert und mir ist langweilig. Könnte jetzt lesen. Ich entscheide mich für das Schreiben.
Ein Jahr ist es nun her, am 28.Juni 2018 war mein letzter aktiver Arbeitstag. Ich habe voriges Jahr am Anfang meiner Reise darübergeschrieben. Da gibt es schon eine Geschichte.
Nach einem Jahr in der passiven Altersteilzeit (ATZ) ist es Zeit zu resümieren. Was ist passiert.
Ich beginne damit, dass ich Ende Juni meinen Rentenantrag gestellt habe. Ich war aufgeregt vorher. Habe alle Dokumente zusammengesucht und bin dann hin zur Rentenstelle. Alles gut, Ende November endet meine ATZ und am 1.Dezember bin ich Altersrentner!
Was ist also passiert im vergangenen Jahr.
Äußerlich habe ich mich nicht verändert. Ein bisschen schon, die Haare wachsen, der Bart auch. Den Bauch halte ich noch unter Kontrolle. Ich nenne die kleinen Veränderungen Metamorphose. Innerlich bin ich relaxt, ruhiger, einfach ausgeruhter als früher während meiner anstrengenden Arbeit im Ausland.
Alles lief eigentlich wie geplant und einiges kam dazu.
Alle die meine Webseite verfolgen wissen um meine Reise. Ich habe 2018 den Finnischen Meerbusen und die Südliche Ostsee entgegen dem Uhrzeigersinn umrundet. 2/3 der 2500 Seemeilen langen Reise war ich alleine. Ein schönes Stück habe ich mit meiner Frau absolviert, einen anderen kleinen Abschnitt mit Freunden an Bord.
Mit Heinz, meinem Enkel, bin ich im Oktober nochmal um Usedom gesegelt.
Dann, das erste Mal fand ich die Zeit die All Right 2 und die Bluenose selbst zu polieren. Mein Nachbar Romeé hat mitgemacht und auch Thomas der die Schiffe in der Vergangenheit immer in seiner Obhut hatte. Da habe ich erst mal gemerkt was Schiffspflege für eine Schinderei ist.
Im Herbst habe ich auch die Zeit gehabt meine große Garage zu renovieren, Regale anzubauen und aufzuräumen. Endlich sind die letzten Kisten vom Umzug aus Moskau und Großenhain verschwunden.
Auch im Garten ist einiges geworden.
Ich hatte nach Rückgabe meines Dienstfahrzeuges nun kein Auto mehr. So habe ich mir im Oktober ein schönes Spielzeug zugelegt. Einen Geländewagen vom Schweizer Militär. Puch-Daimler-Steyer. Ein GE 230. Für die, die das nicht kennen. Das ist die Militäversion der Mercedes G- Klasse. Automatik Getriebe, 2 Allradgänge und Differenzialsperre. Und Benziner natürlich, man weiß ja nie wo die bekloppte Politik im Deutschen Lande noch hin schippert.
Die Angelsaison nach der Rückkehr vom Segeln war erfolgreich. Dorsch satt, ein großer Hecht im Herbst, 5 Lachse im Winter, Hering im Frühjahr und Hornhecht. Freunde waren mit beim Angeln. Der Außenborder 115 PS der Bluenose hat einen Frühausfall. Wird jetzt über die Sommermonate 2019 repariert, so das nach meiner Rückkehr wieder wie verrückt geangelt werden kann.
Im Herbst 2018 war ich noch in Kanada bei meinem Sohn. Während der arbeitet habe ich ihm und seiner Freundin das Wohnzimmer renoviert. Wir haben natürlich auch einen schönen Spätherbstausflug an die Bay of Gorgia gemacht, nördlich von Toronto an die Großen Seen.
Den Jahreswechsel haben meine Frau und ich mit meinem Schulfreund und seiner Frau verbracht. Am 31.12 2018 haben wir ein Raketenfeuerwerk abgeschossen und mit reichlich Alkohol unser beider Ruhestände gefeiert. Auch er diente einst in einem großen Unternehmen in ähnlicher Stellung und da hat man vieles worüber man sich erregen kann.
Einen super Winterurlaub hatte ich mit meiner Frau in Österreich in Saalbach- Hinterglemm. So viel Schnee hatten wir noch nie. Super lange Abfahrten haben wir gemacht.
Die Segelsaison 2019 habe ich mit meinen Enkeln Heinz und Alfred eröffnet. Eine Woche Rund Usedom mit viel Geschichtsstudium in Museen.
Gleich danach ging es weiter. Mein Sohn Robert ist mit seiner Freundin Brianna 2 Wochen aus Kanada nach Deutschland gekommen. Wir hatten eine 8-tägige Segeltour zusammen, nach Dänemark und Schweden.
Dann, zu Pfingsten hatte Greta, meine jüngste Enkelin noch ihre Jungfernfahrt auf der All Right 2.
Auch habe ich es mit meiner Frau geschafft unsere alte Heimat in Großenhain zu besuchen- die Freunde die wir dort haben.
Eigentlich wollte ich schon am 1. Juni wieder auf große Fahrt gehen, aber es kam alles anders.
Ich ziehe mir einen Leistenbruch beim schweren Tragen auf der Baustelle meiner Tochter zu. Das muss repariert werden bevor ich los segle.
Dann, Anfang 2019, meines Vater Lebensgefährtin stirbt. Mein Vater (89) ist alleine. Er braucht eine kleinere Wohnung. Das bedeutet Umzug. Gemeinsam mit meiner Frau lösen wir den alten Hausstand auf und ich richte Ihm eine schicke kleine Wohnung ein. Er zieht um.
Mitte Juli lasse ich mir noch den Leistenbruch und einen Nabelbruch reparieren. Zwei Tage Krankenhaus. Daraus lerne ich. Nicht schwer heben. 5 Liter Bier sind auch 5 kg. Also eines nach dem anderen.
Am 5. Juli 2019, mit einiger Verzögerung bin ich nun wieder auf große Reise gegangen. Diesmal geht es zum oberen Ende der Ostsee, dem Bottnischen Meerbusen.
Ach so, eines noch. Die Kontakte zur Firma und den alten Kollegen werden immer weniger. Schade, aber das war nicht anders zu erwarten. Die haben viel zu tun und ich habe Dauerurlaub mit vollem Terminkalender.
Interessant ist, dass die meisten Kontakte mit denen bestehen, die die Firma verlassen haben, entweder selbst Rentner sind oder einfach gewechselt haben.
Ja was soll‘s, das Arbeitsleben ist zu Ende! Aber Zeit und Langeweile habe ich dennoch nicht.