Jetzt bin ich schlauer, die Einheimischen nennen den Wind „FLOING“, welcher mich mit Genaker/ Blister überrascht und aus der Kalten trifft.
In meinem Logbuch am 25.06.2022 schreibe ich:
10:15 Uhr wird die Fahrt langsamer, weil der Wind einschläft. Ich bereite alles für den Blister an Backbord vor. Als ich fertig bin ist der Wind wieder da. Das Schiff läuft mit Fock und Groß auf Halbwind wieder über 5 ktn. Den Blister kann ich mir sparen. 11:00 Uhr habe ich schon 11 Meilen geschafft.
11:20 Uhr ist wieder wenig Wind, 7…8 Ktn raumschots. Ich berge das Großsegel und setze den Blister an Bb. Der Wind schiebt mich langsam Richtung Festland. Bald muss ich das Segel schiften. Ich bereite an Steuerbord die Leinen vor.
Und dann, so gegen 12:00 Uhr geht der Wind von 7…8 Ktn in Minutenschelle auf 15…18 ktn hoch. Heute weiß ich, dass ist der FLOING. Ich starte die Maschine, ich bin alleine an Bord und das Schiff muss weiterfahren, wenn der Blister unten ist. Und ich versuche den Blister zu bergen. Zuviel Druck drauf, Ich bekomme den Bergeschlauch nicht runter. Ich gebe Schotleine, es gelingt nicht. Das Schiff wird immer schneller. Dann lasse ich den Spifall nach. Ich bekomme den scheiß Bergeschlauch nicht runter. Der Autopilot steuert das Schiff. Ich versuche in den Wind zu schießen, um den Druck aus dem Segel zu bekommen. Das Schiff legt sich durch den Winddruck auf die Seite. Ich falle sofort wieder ab. Ich komme dem felsigen Ufer immer näher. Und dann passiert es, ich bekomme das Segel runter indem ich den Spifall lose gebe, dabei rauscht der mir durch die Hände, verdammt und das Schothorn geht mit Schotleine, welche ich schon weit gefiert habe, ins Wasser und ich sehe wie es bei der noch schnellen Fahrt Richtung Heck vom Schiff kommt und nun tritt der Worst Case ein, das Schothorn mit Schotleine kommt in die Schraube, bei laufender Maschine. Ich springe hinters Ruder und will auskuppeln, aber zu spät. Motor ist abgewürgt, Das Segel hat sich um die Schraube gewickelt.
Ich habe keinen Motorantrieb mehr und kein Segel oben und der Wind treibt mich auf die Felsen am Ufer. Ich berge was vom Blister noch über Wasser ist und befestige es mit Tampen wo immer es schnell geht. Ich rolle die Fock aus und mache das einzig Richtige, Ich segle mich und das Schiff vom Ufer weg.
Ein Motorbootfahrer, der vom Angeln kommt sieht meine Schwierigkeiten und kommt näher. Ich rufe ihm die Frage zu, wo eine geeignete Bucht zum Ankern ist. Er weist mir den Weg und begleitet mich. Ein zweites größeres Motorboot schließt sich als Begleitung an.
12:50 Uhr fällt der Anker, Pos 63°38‘327 N 8°60’00 E. Die Schothornseite des Blisters hängt im Wasser unterm Heck. So eine Scheiße. Der Motorbootfahrer mit dem größeren Boot kommt längsseits und sichert mich als ich tauche. Die Sache ist hoffnungslos. 12 °C Wassertemperatur und ich sehe das das Ende des Segels offenbar mehrmals um den Propeller gewickelt ist.
Der Mann telefoniert mit der SAR in Kristiansund und die werden einen SAR Kreuzer mit Tochterboot und Taucher schicken. Es ist 13:00 Uhr.
14:50 Uhr trifft der SAR Kreuzer „Erik Bye“ ein. Schon sehe ich wie sich das Tochterboot löst und mit zwei Mann auf mich zukommt. Die machen längsseits an der All Right 2 fest. Der Taucher beginnt den Tauchgang 15:04 Uhr, wie ich aus den Fotos ersehe und hat die Schraube dann endlich 15:50 Uhr frei. Der Motor lässt sich starten, aber Vorwärts- und Rückwärtsgang kuppeln nicht ein.
Erst mal lasse ich mich dann Auf dem Rettungskreuzer verarzten, beide Hände durch das Ausrauschen des Spifalls, haben riesige Brandblasen und teilweise ist die Oberhaut runtergefetzt.
Der Kapitän klärt inzwischen zu welcher Werft die mich schleppen können.
16:24 Uhr bin ich auf dem Haken des Rettungskreuzers. Die schleppen mich mit 9 ktn ü.G., übelst. 17:42 Uhr haben die mich dann am Schwimmsteg der Werft Grisvågøya Båt/Motor AS angelegt.
Jetzt bin ich fast wieder dort, wo ich am Morgen gestattet bin.
Mit dem Kapitän Jørgen Nygard mache ich noch die Formalitäten und ich übergebe der Besatzung noch ein Pack Bierbüchsen zum Dank. 17:50 Uhr fährt der SAR Kreuzer Richtung Kristansund ab.
Jetzt weiß ich was Floing ist. Ich vergleiche es mit Fallwinden in der Türkei. Es hat mich kalt erwischt.
Inzwischen hat mir die Norwegische SAR eine Beitragsrechnung zugeschickt. Moni überweist das für mich aus Deutschland. Die haben gute Arbeit geleistet und offenbar ist das wie in Deutschland beim Abschleppen durch die SAR. Mit der Spende ist die Hilfe bezahlt. Na ich werde sehen.
Ein Segelmacher und Rigger aus der Umgebung, John heißt er, besucht mich an meinem Schiff. Er ist selbst Segler. Er bestätigt mir, dass ich richtig gehandelt habe, um nicht auf Legerwall zu gehen und das Schiff zu verlieren.