Erst 16:00 Uhr, dann 17:00 Uhr und zuletzt geht es dann 18:00 Uhr endlich los. Wegen einer Wartungsarbeit an einem anderen Motorboot, welches auf dem Platz im Trockenen steht, der für mich vorgesehen ist, hat sich das Mastkranen bis zum Abend verzögert. Es ist wie beim Arzt mit den Patienten im Wartezimmer, die müssen geduldig sein… Patience!
Es gewittert inzwischen. Der Wind kommt und geht. Eigentlich kein gutes Wetter mehr. Mit Jens, dem Boss und Kranführer spreche ich mich nochmals alles ab und weise die beiden Polnischen Werftmitarbeiter ein, wie sich mich hoch zu winschen haben. Ich muss denen vertrauen. Ich befestige den Spifall am Bootsmannsstuhl und zur Sicherheit den Vorfall. Der eine, Miłosh, wischt mich am Spifall hängend und mit Hilfe des E-Winchers hoch, der andere Polnische Kollege, Sylwek, setzt permanent den Vorfall durch. Es geht zügig hoch, ich habe über dem Arm den Anschlaggurt für den Kran.
18:30 ist der Kranhaken mit dem Mast verbunden. Miłosh und Sylwek lassen mich runter. Die haben so etwas noch nie gemacht. Aber es klappt, ich bin heil zurück auf dem Deck der All Right2.
Ich schlage unten die Sicherungsleine am Mast fuß an, welche den Gurt am Haken des Kranes am Hochrutschen hindert.
Dann löse ich das Achterstag, kein Problem. Nächster Akt, Vorstag lösen. Hier klemmt es der Bolzen geht nicht raus. Inzwischen kommt Wind auf, Scheiß Wind. Der Eisenblock mit dem Kranhaken bumst gegen den Mast. Mir schwant schreckliches.
Endlich, nachdem wir die Wanten– Spannung weggenommen haben bekommen wir das Vorstag lose. Und jetzt die Wantenspanner aufgedreht und der Mast hängt am Kran. Schnell mache ich mit einem Bänsel noch das Vorstag am Mast fest und ab geht die Reise, 8 Meter hoch auf die Pier. Wir haben abnehmendes Wasser und umso höher ist es zur Pier. Mit Führungsleinen wird der Mast von unten gehalten. Der Wind macht zu schaffen. Ich sehe schon, dass es die Windex erwischt hat. Die hat ihre„Flügel“ verloren, ist wohl das Kranseil drangekommen. Shit happen, aber ersetzbar für 60€.
Und dann kommt wieder Wind und der Eisenblock, der den Haken trägt kommt halb zwischen Oberwant und Mast. Mir schwant wieder Schreckliches. Wir können den Mast mit vereinter Kraft ein bisschen drehen und schon ist der Block wieder frei. 19:30 Uhr liegt der Mast oben auf der Pier auf Holzpaletten. Ich mache eine Schadensinspektion. Am Mast keine Schäden, bis auf ein paar kleine Schrammen und Farbabrieb vom Block des Kranes. Auch an der Oberwant kein Schaden. Bis auf die Windex alles gut.
Alle Helfer und der Chef bekommen von mir eine Büchse Bier. Mal sehen wie lange meine Bier-Vorräte unter diesen Umständen noch reichen… Ich glaube nicht nur ich bin froh, auch der Boss Jens und Miłosh und Sylwek auch.
Ich bin patschnass vom Regen. Verkrieche mich erst mal unter Deck und trinke hastig Bier und dazu Whisky… sozusagen Druckbetankung. Ich rufe Moni an und versende WhatsApp Mitteilungen. Ich dusche draußen am Heck noch meinen Angstschweiß weg und gehe 21:00 Uhr völlig erschöpft in die Koje.
Und die Moral von der Geschichte:
Es ist gut als Segler zu wissen wie man ein Segelschiff abriggt. Insbesondere, wenn man weit weg von der Heimat segelt und die Infrastruktur für das Kranen von Segelschiffen nicht überall stimmig ist.
Gut, dass ich seit 2018 beim Ab– und Aufriggen dabei war, besser, dass meiste selbst mitgemacht habe. Danke an Mario vom Hafen in Gustow, bei dem ich in die Lehre gegangen bin!