3 Tage fahren wir durch den Nord-Ostsee-Kanal, vom31. Juli bis zum 2. August 2020. Wir beginnen von der Ostsee kommend in Kiel-Holtenau und enden in Brunsbüttel an der Elbmündung in die Nordsee. Der Kanal ist 98,6 km lang, das sind 54 sm. Dafür braucht man keine 3 Tage, das erledigt man an einem Tag. Wir haben unsere Enkel mit und machen daraus ein Event. Schließlich ist das der „Götakanalersatz“- die Reise durch Schweden ist ja ausgefallen.
Also wird es Zeit etwas zum Nord-Ostsee-Kanal zu schreiben.
Den Grundstein für den Kanal legte Kaiser Wilhelm I am 3.Juni 1887 in Kiel-Holtenau. Beim ersten Spatenstich ging alles schief. Dem extra bereitgestellten versilberten Spaten brach der Stiel. Es musste schnell ein alter bewährter Spaten gefunden werden und herhalten.
1895 wurde der Kanal von Kaiser Wilhelm II eingeweiht. Damals hat der Kaiser alle überrascht. Er eröffnete den Kanal während einer Feier welche 1,5 Mio Reichsmark kostete und nannte ihn zu aller Erstaunen Kaiser-Wilhelm-Kanal. Die Frage war, wollte er sich oder seinem Großvater ein Denkmal setzen. Diese Frage bleibt bis heute unbeantwortet. Zur Einweihungsfeier war die gesamte Deutsche Prominenz geladen, so auch die Könige von Sachsen, Bayern…
Im Atrium in Brunsbüttel, einem Kanalmuseum lernt man, das der Kanalbau ein Gesamtdeutsches Unternehmen war an dem Arbeiter aus allen Ländern des Deutschen Reiches teilgenommen haben. Der Kanalbau hat 150 Mio Goldmark gekostet und wurde vorangetrieben vom Reichskanzler Dr. Otto von Bismarck.
Es gab schon einen kleinen Vorläufer des Kanals, den Eiderkanal, welcher 1784 in Betrieb ging. Der wurde gebaut unter der Regide des Dänischen Königs, Christian VII. Schleswig gehörte früher zu Dänemark. Der Eider Kanal begann in Kiel und mündete in Rendsburg in die Eider. Die wiederum in Tönning in die Nordsee.
Der Nord-Ostsee-Kanal wurde in seiner über 100-jährigen Geschichte 2-mal erweitert. Am Anfang, 1895, war die Kanalsohle 22 Meter breit und 9 Meter tief. 1907 -14 wurde die Kanalsohle auf 44 Meter verbreitert und auf eine Wassertiefe von 11 Metern gebracht. 1965- 2002 wurde die Kanalsohle dann nochmals verbreitert auf 99 Meter. Die Wassertiefe von 11 Metern blieb bestehen.
Die ersten Schleusen wurden 1887-95 mit Nutzlängen 125 Meter und Nutzbreite 22 Meter gebaut. 1911 -14 wurden parallel noch Schleusen mit Nutzlänge 310 Meter und Nutzbreite 42 Meter gebaut. Die Schleusen sind seitdem in Betrieb. Zurzeit wird eine 5. Schleusenkammer in Brunsbüttel durch die Kanalinsel gebaut. Wenn die fertig ist, werden die alten Schleusen saniert.
Ich bin beeindruckt von der Planungs- und Bauzeit. Unvorstellbar für einen Deutschen des heutigen föderalen Deutschlands wo jeder mitreden kann und wo man immer eine Blumenwiese, einen Schmetterling oder eine Fledermaus findet die schützenswert sind und strategische Interessen dadurch in den Hintergrund rücken und Projekte verhindert werden. Na ich sage ja immer wir sind in der Zeit vor Bismarck angekommen.
Der Kanal wird von 10 Brücken überquert und von 2 Tunneln unterquert. Beide Ufer verbinden außerdem 14 Fähren. Die älteste Eisenbahn-Straßenhochbrücke wurde schon 1893/94 gebaut. Alle Brücken haben ein lichte Durchfahrtshöhe von 42 Metern. Unsere Segelyacht mit 17 Metern über Wasser passt da zweimal übereinander durch.
Der Kanal bringt den Reedern riesige Einsparungen. Er verkürzt den Weg der sonst um Dänemark herum durch Skagerrak und Kattegat führt um 250 Seemeilen. Zeit ist Geld und Brennstoffverbrauch für die Schiffe. Den Nord-Ostsee-Kanal, so wird er seit 1945 bezeichnet, passieren im Jahr so viele Schiffe wie den Suez- und Panama- Kanal zusammen.
Über Weg-Zeit-diagramme wird der Schiffsverkehr durch den Kanal gesteuert. Manche Schiffe, die sich entgegenkommen, kommen aneinander vorbei. Kommt ein sehr breites Schiff der Verkehrsgruppe 5 oder 6, dann müssen die Entgegenkommer an einer Weiche warten. Von diesen Weichen gibt es 12.
Im Kanal ist das Segeln und Ankern verboten. Wir machen das erste Mal eine Nacht Pause im Eidersee, ein Abzweig vom Kanal. Die zweite Nacht machen wir an Dalben in einer ausgewiesenen Bucht nahe der Weiche Dückerwisch Halt. Die dritte Nacht vor dem Ausschleusen in die Nordsee liegen wir im Sportboothafen Brunsbüttel, direkt an den Schleusen.
Das Schleusen war für uns kein Hexenwerk. Man fährt ein und fendert kurz über der Wasseroberfläche ab. Die Segelyacht wird mit Vor- und Heckleine am hölzernen Schwimmponton festgemacht. Auch die Signalführung für Sportbote ist einfach. Ein festes weises Licht und man darf einfahren. Alle anderen Lichter und Lichtkombinationen verbieten die Einfahrt.
Einzig, wenn man in die Nordsee fährt muss man denken. In der Nordsee gibt es durch die Tide einlaufendes und ablaufendes Wasser. Will man von Brunsbüttel also nach Hamburg muss man so schleusen, dass man einlaufendes Wasser in die Elbe erwischt. Will man nach Cuxhaven oder Helgoland ist ablaufendes Wasser angesagt.
Ach so, was kostet eine Durchfahrt durch den Kanal. Das ist unterschiedlich und richtet sich nach Schiffsgröße. 1700€ bis 7900€. Darin sind Abgeben für das Befahren, den Lotsen und Lotsen- und Kanalsteuer enthalten.
Sportboote fahren ohne Lotsen, sind Freifahrer. Eigentlich hätten wir mit 11,50 Meter Länge 18€ zahlen müssen. Aber die Kanalabgabe ist per Dekret unseres Verkehrsministers Scheuer ausgesetzt. Eine gute Entscheidung des Herrn Minister Scheuer.
Vielen Dank und Moin aus Kiel! (https://www.norderstedt-aktuell.de/)