Also, am 3.August 2019 machen wir uns auf von Sikeå Hamn nach Robertfors.
Sikeåhamn ist ein alter Hafen, und wie ich schon im Logbuch beschreibe, hat er eine alte verfallene Pier aus Eichenbohlen und Stämmen. Für irgendetwas muss der Hafen ja gut gewesen sein! Also müssen wir das erkunden. Und wir machen das auf unseren Fahrrädern.
Also radeln wir 5 km nach Robertfors. Bis zur Europastraße E4 geht es auf einer asphaltierten Nebenstraße hoch und runter, ein bisschen bergig durch den Wald. Der Wald ist Mischwald, natürlich und wild gewachsen, Kiefern, Fichten, Birken, Ebereschen, Pappeln, alles durcheinander und sieht gesund aus. Ich denke die Deutschen mit ihren gezüchteten Waldmonokulturen brauchen sich nicht wundern über Waldsterben und Borkenkäfer.
Wir überqueren die E4. Wir könnten jetzt nach rechts abbiegen nach Luleå und Haparanda, aber das wollen wir ja mit dem Schiff erreichen. Also geradeaus nach Robertfors.
Nach der Kreuzung über die E4 beginnt parallel zur Straße ein super Fahrradweg. Entlang des Fahrradweges Straßenbeleuchtung. Im Sommer brauchen das die Schweden hier sicher keine Beleuchtung, aber im langen Winter. Da fragt sich der Mitteleuropäer ob die Schweden auch im Winter Fahrrad fahren. Ein Entgegenkommer auf Rollerskiern löst das Rätsel. Die machen hier Langlauf und fahren mit Motorschlitten. Auch hier bin ich beim Fahrradfahren an Deutschland erinnert. Während die Deutschen mit 82,7 Mio Einwohnern noch über Fahrradwege diskutieren haben die Schweden mit 9,9 Mio Einwohnern schon breite Fahrradwege (Vergleiche, Berlin hat 3,57 Mio Einwohner). Während der Fahrradfahrt denke ich, dass die Deutschen mit viel zu viel Grün aus dem Westen belastet sind. Vielleicht sollte man die Hälfte der Deutschen Ministerien schließen, die Kleinstaterei beenden und das freiwerdende Geld für Fahrradwege ausgeben.
Wir halten noch zwei, drei Mal an und fotografieren die Preiselbeeren, Heidelbeeren und das blühende Heidekraut.
Der Ortseingang Roberfors ist erreicht. Ich fotografiere ein Schild und schicke es meinem Sohn per WhatsApp mit der Bemerkung, hier ist ein Ort nach Dir benannt.
Gleich nach dem Ortseingang die Kirche. Ein Neubau mit einem imposanten Glockenturm. Viel wird gedacht, das Leben hier oben ist einsam. Ich denke nein, die Leute scheinen mir eine Gemeinde die sich kennt und eng zueinandersteht. Sicher trifft man sich in der Kirche.
Robertfors, so lerne ich ist eine Gemeinde in der Provinz Värsterbotten. Irgendwann im 18. Jahrhundert ist Robertfors aus dem Dorf Edfastmark entstanden, genau dann wo die Engländer, John Jennings und Robert Finley hier die Konzession für ein Hüttenwerk erhielt. Das war 1758.
Robertfors war Hütte, Stahlschmiede, Eisengießerei, Papierfabrik, Sägewerk. Auch gab es eine Sulfitfabrik und selbst ASEA hat hier Kunstdiamanten produziert.
Wir biegen kurz nach dem Ortseingang und der Kirche nach links ab. Museum ist da ein Hinweisschild. Wir fahren hin und sehen Häuser aus Schlackesteinen gebaut. Ein Hinweis auf die Eisengieserei.
Am Museum angekommen sehen wir eine Eisenbahn, alte elektrolokomotiven, so wie man sie in Deutschland in Tagebauen sieht. Moni kauft schnell im Museumskaffee Fahrkarten und wir fahren mit der Eisenbahn bevor wir ins Museum gehen.
Wir lernen das die Eisenbahn ein Überbleibsel der Eisenbahnstrecke Frederiksfors – Robertfors – Sikeåhamn ist. Die Eisenbahnstrecke als Insellösung wurde 1863 geplant. Spurweite 750mm. Der Baubeginn verschob sich dann um 15 Jahre. Und sie war die erste elektrifizierte Eisenbahnstrecke in Schweden, 700V. Der Strom kam aus einem nahegelegenen Wasserkraftwerk. Zuvor aber hat man es mit Dampflokomotiven versucht.
Kurzum, die Bahnverbindung diente dazu Eisen, Holz und Papier zwischen Hafen und Fabriken zu transportieren.
Die Lokomotiven kamen aus Berlin von AEG und von ASEA.
Von der Eisenbahnstrecke existieren heute noch 600 Meter nachdem 1961 der Betrieb eingestellt wurde. Keine Holzflöserei mehr und im gewissen Maße De-Industrialisierung. Hier kann also der Grünencheff Habeck schon mal seine Vasallen zum Studium des Danach herschicken. Wir werden mal viele Museen in Deutschland haben so denke ich (Braunkohle, Kernkraftwerke, Konventionelle Kraftwerke, Dieselmaschinenproduktion, Autoindustrie…)
Also besuchen wir nach unserer Eisenbahnfahrt das Museum. Es ist hübsch gestaltet und zeigt die lokale Industrie wie auch das Leben hier oben im Norden.
Wieder geht’s auf die Fahrräder. Immer die Straße entlang. Der Ort ist entlang der Hauptstraße gebaut. Rechts und links nicht Zuviel zu sehen. Es gibt aber noch ein kleines Industriegebiet. Es gibt aber auch eine Schule und zwei Supermärkte, COOP und ICA…
Wir suchen ein Restaurant. Auf der Suche kommen wir über eine Brücke, ein Staudamm. Anbei eine Klettervorrichtung für den wandernden Lachs.
Endlich finden wir was zu Essen. Pizza, Kebab. Die Betreiber, Afghanen. Also, im Ort gibt es 2 Pizzerien und ein Golfrestaurrant. Letzteres finden wir erst heraus als wir schon Pizza bestellt haben.
Wir kaufen noch was bei COOP ein und radeln zurück zum Schiff. An der Kreuzung über die E4 machen wir noch mal Kaffeepause in einem Blockhaus.