Heute vor 150 Jahren wurde das Deutsche Reich in Versailles gegründet.
Preußen hatte mit seinen Verbündeten den von den Franzosen provozierten Deutsch-Französischen Krieg in Frankreich in Sedan für sich entschieden. Das Französische Kaiserreich unter Napoleon III. ist besiegt. Napoleon geht am 2. September 1870 in Gefangenschaft. Im Spiegelsaal von Versailles wird Wilhelm I, König von Preußen, zum Deutschen Kaiser am 18. Januar 1871 proklamiert.
Heute sehe ich Fernsehen. Staatliches Fernsehen, welches ich mit meinen Rundfunkgebühren mitfinanziere, jene Rundfunkgebühren die nach dem Willen der Regierung weiter steigen sollen. Mit keinem Wort, weder im ARD noch ZDF, wird der Reichsgründung gedacht. Dabei ist die Bundesrepublik Rechtsnachfolger und gemäß Bundesverfassungsgericht sogar rechtsidentisch mit dem Deutschen Reich…
Im Fernsehen wird Corona hoch- und runterdekliniert, man streitet ob der unerprobte Impfstoff nun ausreicht oder nicht und wie er wirkt oder nicht wirkt. Und man redet über die USA und dessen alten und neuen Präsidenten. Und man zeigt Bilder über die Flüchtlingslager in Griechenland. Na wenigstens redet zurzeit Gott sei Dank kaum noch jemand über die Klima-Gretel.
Tja, an die eigene Geschichte erinnert man sich nicht oder will es nicht. Ich habe schon in einer früheren Geschichte geschrieben, unter dem Titel „Pro Patria“- Fürs Vaterland: Den Deutschen hat man spätestens nach dem 2. Weltkrieg das letzte bisschen Selbstbewusstsein genommen. Damals habe ich mich über Herrn Dr. Phil. Habeck mokiert, der da einst gesagt hat das ihm das Wort Vaterland fremd ist.
Was ist eigentlich patriotisch? Stellt sich die Frage: „Muss eigentlich jeder Deutsche Deutscher sein wollen? Die Stärke und Freiheit Deutschlands ist, das man auch antworten kann, nein, natürlich nicht. Er muss seine Steuern zahlen oder sich an das Recht halten, aber man muss weder die Nationalhymne mitsingen, noch sich für die Gesellschaft engagieren. Erst aus dieser Entspanntheit im Umgang mit dem Begriff „Nation“ und „Patriotismus“ kann dann Engagement für das Gemeinwesen neu entstehen.“ Zitat R. Habeck in seiner Festrede zum 250 Jubiläum der Patriotischen Gesellschaft von 1765, Jahrbuch 2014/2015 der Patriotischen Gesellschaft.
Na ja, ich sehe das ein wenig anders. Ich war immer stolz Deutscher zu sein. In 25 Jahren Auslandstätigkeit in Ländern wie Russland, der Türkei, Kazakhstan, Georgien, Azerbaijan, Tajikistan… Überall hatte Deutschland einen guten Namen mit seinen Produkten und seiner Ingenieurleistung. Auch auf vielen privaten Reisen in die USA und nach Kanada hatte ich das Gefühl, dass man als Deutscher gern gesehen ist und etwas darstellt.
Ich kenne unseren heutigen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier noch als Deutschen Außenminister mit Charisma… jedenfalls war er damals ein anderer als der heutige. Ich erinnere mich noch an seinen Besuch in Jekaterinburg in Russland im Mai 2008. Da hat er Made in Germany noch hochgehalten. Er hat an der Universität mit Stolz über Alexander von Humboldt gesprochen welcher einst den Ural erkundet hat. Was ist von all dem Stolz geblieben.
Ich finde eine Aktuelle Rede des Bundespräsidenten auf seiner Homepage zum 150. Jahrestag der Reichsgründung. Seine Exzellenz spricht am 13. Januar 2021 davon, dass Gedenktage manchmal ungelegen kommen, er meint die Pandemie oder ist das Andenken an die Reichsgründung nicht gedenkenswert? Stehen wir dem wirklich so beziehungslos gegenüber. Der Bundespräsident spricht von Völkermorden im 1. und 2. Weltkrieg, vom Militarismus in Deutschland. Als Ostdeutscher fühle ich mich in meine Schulzeit zurückversetzt. So wurde uns das imperialistische Deutschland vermittelt. Aber ist das alles was Deutschland ausmacht.
Im Kaiserreich, kurz nach der Reichsgründung wurde der Kaiser –Wilhelm-Kanal, heute NOK, Nordostseekanal gebaut. Ein Unternehmen von unglaublichem Ausmaß und wirtschaftlicher Bedeutung. Otto von Bismarck hat den Kaiser von seiner Notwendigkeit und Bedeutung für die Kriegsmarine überzeugt und der Kanal wurde in wenigen Jahren kurz nach der Reichsgründung gebaut. Er hatte niemals militärische Bedeutung, es war eine List des Reichskanzlers. Aber der Kanal bringt unserem heutigen Verkehrsminister Scheuer immer noch viel Geld ein. Schließlich passieren ihn Jährlich so viel Schiffe wie Panama- und Suezkanal zusammen. So etwas interessiert mich als Seemann und Segler und macht mich stolz.
Otto von Bismarck hat Deutschland als föderalen Staat geeinigt- ein Vorgänger der Bundesrepublik Deutschland.
Unter Otto von Bismarck wurden die Rechtsverhältnisse der Beamten geregelt, das war im Jahre 1873. Das heutige Beamtenrecht fußt darauf.
Unsere heutige Sozialgesetzgebung fußt auf den Anfängen der Sozialgesetzgebung unter Reichskanzler Bismarck im Zuge der deutschen Industrialisierung. Krankenversicherung und Unfallversicherung wurden eingeführt. 1889 wurde per Gesetz die Invaliditäts- und Altersversicherung eingeführt- der Startschuss für die Gesetzliche Rentenversicherung.
Das ist doch was!
Der 100. Geburtstag des Reiches wurde noch vom Bundeskanzler Willi Brandt gewürdigt. Er würdigte vor allem den Reichskanzler von Bismarck als „Einer der großen Staatsmänner unseres Volkes“. Also zumindest vor 50 Jahren gab es noch das deutsche Volk entnehme ich dem Tittel und der Rede. Sogar eine Gedenkmünze wurde herausgegeben.
Die letzten Tage sehe ich wegen Corona immer wieder die Tagesschau, gleich zweimal, 19:00 Uhr im ZdF und 20:00 Uhr im ARD. Unsere Bundeskanzlerin äußert sich nicht zum Jubiläum obwohl Bismarck einer ihrer Vorgänger war. Und auch die Rede des Bundespräsidenten wird in diesen Nachrichten nicht erwähnt, da muss man „googeln“.
Und dann doch, ich wieder unten im Wohnzimmer. Es ist 22:00Uhr. Im ZdF laufen die Spätnachichten. Frau Slomka ist Sprecherin. Am Ende der Nachrichten nach Navalny und dem Wirtschaftswachstum in China kommt es endlich, das Bild der Kaiserproklamation von Anton Alexander von Werner. Kurz aber fair. Na wenigstens was.