Ich bin gestrandet auf der Insel Grisvågøya. In the middle of nowhere! Um mich herum die Werft und Schiffswerkstatt, einige wenige Häuser. Die nächste Einkaufsmöglichkeit im 20 km entfernten Aure.
Mein Brot, die Eier, die Butter und das Gemüse gehen aus. Die Werkstatt leiht mir ein Auto. Ich fahre nach Aure und kaufe ein. Auf dem Rückweg fällt mir ein Hinweisschild zum Kystfort, dem Melland fort auf. Ich schaue mir das in Google Maps an. Nicht weit von der Werft, 8…9 km. Das werde ich mir fürs Wochenende vornehmen, denke ich.
Und ich fahre schon am Freitagnachmittag hin. Eine schöne Fahrradtour bei schönstem Wetter.
Norwegen war von der Deutschen Wehrmacht besetzt. Die Besetzung begann mit dem Unternehmen Weserübung am 9. April 1940 und endete am 8.Mai 1945.
1941 begannen die Britten die Deutschen in Norwegen anzugreifen. Nach der Bombardierung der Lofoten am 4. März 1941 wurden durch die Deutsche Kriegsmarine 160 Heeres Küstenbatterien entlang der norwegischen Küste errichtet. Diese gingen dann in die Befehlsgewalt der Deutschen Wehrmacht über. Eine der Küstenbatterien ist Melland Fort mit einer Ost- und einer Westbatterie und einem zentralen Befehlsstand. Melland Fort gehörte zur Verteidigungslinie Südnorwegen und war der nördlichste Territoriale Abschnitt Drontheim 702 J.D. An der Westbatterie ist eine alte Karte von damals angebracht.
Zum Ende des Krieges waren ca. 1100 Artilleriegeschütze an der norwegischen Küste in 300 Stellungen in Betrieb. Die Mannschaftsstärke der Truppe betrug ca. 65.000 Soldaten.
Die Batterie befindet sich oben getarnt auf den Felsen der Küste. Man hat einen wunderbaren Blick über den großen Sund bis zur 3 Meilen entfernten Insel Hitra.
Um die Küstenbatterie zu errichten und zu erschließen, erbauten die Deutschen damals eine 5,5 km lange Schmalspur Eisenbahnstrecke von einem eigens dafür errichteten Anlegekai bis zur Küstenbatterie mit hölzernen Brücken. Darüber wurden die Geschütze, das Baumaterial und letztlich die Munition angeliefert.
Es sind zu sehen die Stellung für die Flack Scheinwerfer, die Reste der Soldatenunterkünfte die Fundamente der Küsten Artillerie und die Reste der Flak Stellungen. Hoch interessant.
Viele Leute pilgern hier her. Man muss sein Auto in 1 km Entfernung parken und hinlaufen. Ich nicht, Ich fahre mit meinem Klappfahrrad durch. Ich treffe Leute aus Dresden und Freiberg. Ich kann mich auf Sächsisch unterhalten.
Eine Geschichte lese ich an der Ostbatterie:
Kriegsdrama auf der Trondheimsleia
Am 14. November 1944 wurde ein Deutsches Patrouillenboot nicht weit von hier auf dem Fjord von einem Britischen Flugzeug angegriffen und in Brand geschossen. Brennend und langsam sinkend trieb das Boot bei ablandigen Wind auf den Ramsøfjord hinaus.
In Lesund, das ist unweit von meiner Werkstatt, wo die All Right 2 auf Reparatur wartet, lag der Kutter „Gullafjord“ welcher von den Deutschen zur Bergung geschickt wurde. Unter Kapitän Lars Gjerde und Maschinist Albert Gjerde war der damals 19-Jährige Inver Engdal als Mannschaft an Bord. Ihnen gelang es eine Trosse an Bord des Patrouillenbootes zu befestigen und 9 Besatzungsmitglieder zu bergen. Als die Hitze zu groß wurde, mußte die Trosse gekappt werden und anstelle mit dem Rettungsboot die Bergung fortgesetzt. Im Rettungsbot war Inver Engdal. Ihm gelang es noch weitere 3 von der Besatzung zu retten.
Einer der geretteten war Walter Scholz. In den Siebziger Jahren suchte er über die Regionalzeitung „Tidens Krav“ seine Retter. Der Kapitän und der Maschinist waren schon verstorben, aber Walter konnte sich bei Inver spät nach dem Krieg noch für seine Rettung bedanken. Der Walter besuchte dann Norwegen und machte mit dem Inver noch eine Ausfahrt mit dem Kutter „Gullafjord“. Später erwiderte Inver mit seiner Frau den Besuch und kamen nach Deutschland.
Es ist ein ungeschriebenes Gesetz auf See, sowohl Feind, als auch Freund aus Seenot zu retten!
Ich radle noch zur Ostbatterie. Von hier habe ich Aussicht, fast bis zu der Stelle im Fjord, wo mir am 25.Juni 2022 das Desaster mit meinem Genaker auf der All Right 2 passiert ist.