Der Bahnhof von Haapsalu, deutsch Hapsal
Der erste Zug kam in Haapsalu 1904 an, der letzte fuhr 1995 aus dem Bahnhof aus.
Diesen Bericht schreibe ich für meinen Freund Wolle, den Eisenbahnfan. Ich gebe ihm eine Anregung für seinen zukünftigen Besuch in Estland.
Hapsal hat sich Ende des 18., Beginn des 19. Jahrhunderts zum Kurbad entwickelt, nachdem der Deutsch-Baltische Arzt, Carl Abraham Hunnius, die heilende Wirkung von Schlamm herausgefunden hat und 1825 das erste Sanatorium hier gründete.
Das hörte auch der Russische Imperator. Das Russische Zarenhaus kam hierher zur Kur.
So unterstützte auch der Zar persönlich, dass die Romanovs mit dem Zug nach Hapsal kamen.
St. Peterburg über Reval (Tallin) und Narva kann schließlich eine direkte Verbindung sein. Nur Hapsal brauchte einen schicken Bahnhof für die russischen Aristokraten. Ein Pavillion für den Imperator, verbunden mit einem Gebäude für die Reisenden. Ein überdachter Bahnsteig von 2016 Metern Länge, wohl der längste in Europa um 1905, so schreiben verschiedene Quellen.
Ein Russischer Architekt aus St. Petersburg, Verheim, dem Namen nach wohl eher Deutscher, hat den Bahnhof gebaut.
Vieles erinnert mich an meine Zeit in Zittau, Bahnhöfe in der Lausitz, Hirschfelde, Reichenberg hatten ähnliche Überdachungen. Auch der Wasserturm erinnert mich an meine Zeit in Jekaterinburg, Russland, als ich am Wochenende nach Nishnatura oder anderswohin in den Ural gefahren bin. Alles ähnliche Architektur und ein bisschen gekupfert von den Deutschen.
Jetzt ein bisschen übers Museum. Man kommt ins Stationswärterbüro. Vitrinen mit Dienstabzeichen der gerade herrschenden Eisenbahnernationen ob Esten, Russen, Deutsche oder Sowjetische. Auch die Deutsche Reichsbahn ist verewigt.
Typenschilder von Lokomotiven. CKD Praha, Ganz Budapest, Sowjetische Fabriken, aber eines beeindruckt mich ganz besonders: TAMPSALA, Mashstroizavod Finlandia von 1947… war mal kurz Sowjetisch. Geschichte auch bei der Eisenbahn!
Wir sehen ausgeschweißte Schienenstücke mit deutschen aufgeschweißtem Datum März 1879 auf Deutsch, alte estnische Eisenbahnkarten, In der Haupthalle über alten Wartebänken Abfahrpläne zum Stecken…. Jetzt steht nur noch die Busabfahrt dran.
Außen dann Diesellokomotiven und Dampflokomotiven, einige Wagons und ein Schienenverlegekran.
An einer Dampflokomotive von 1943, Baunummer 16494, produziert in der Krauss-Maffei- Fabrik in München. Vorgesehen für den Einsatz im Österreichischen Bruck/Muhr Depot, später verleast an die Ungarische Staatsbahn (MAV) und dann registriert als Kriegsbeute der Roten Armee, umgebaut in Rumänien bei (CFR) auf den Sowjetisch/ Russischen Schienenabstand, gestrandet in Estland auf einem Bahnhof der heute keinen Anschluss mehr an das Schienennetz hat.
Die Eisenbahnverbindung nach Hapsala ist eingestellt worden unter dem Protest der Einheimischen. Heute spricht man über Ökologie und weg von den Autos, aber die Eisenbahn hat man für immer totgemacht, nach Hapsala. Einzig, die 50 km Bahndamm bis zur nächsten Station sind zum Fahrradweg umgebaut. Kurzsichtige politische Entscheidungen wie man sie auch in Deutschland findet.
Am Ende, eine Geschichte beeindrukt mich besonders, der alkoholisierte Eisenbahner. Da fahren die beim Rangieren glatt über den Prellbock in den angrenzenden See. Das war am 29. Juli 1926. Der Unfalakt sagt aus dass Lokomotivführer und sein heizer nach Vodka rochen. Sie wurden aus dem Dienst entlassen.
Hallo Steffen,
danke für deinen ausführlichen Beitrag. Hört sich interessant an. Wir, Katrin + Ich, waren 2007 im Eisenbahnmuseum Riga. das scheint deutlich kleiner zu sein, aber auch sehr interessant. Die baltischen Republiken haben eisenbahntechnisch die Sonderstellung, Schnittstelle zwischen europäischer Spur (1435mm) und russischer Breitspur (1524 mm) zu sein. Also ein interessantes Thema.
Weiter so + viel Spaß !!
Wolle
Wolle, danke für Deinen Kommentar. Das Musseum ist in der Tat klein, was Exponate betrifft. Das größte ist der Bahnsteig.
Was ich nicht verstehe, die Lokomotive produziert in München wurde vor Einsatz im Baltikum umgebaut…. dann eben wieder Rückbau auf unsere Spur, ist die Lokomotve auch in Odessa eingesetzt worden.
So, jetzt befasse ich mich schon mit Lokomotiven… auch nicht schlecht.
Trotzdem der Ort Hapsal ist einen Besuch wert.
Steffen